Hetzendorf (Vorort)

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Daten zum Objekt
Art des Objekts Vorort
Datum von
Datum bis 1890
Name seit 1140
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Bezirk 12
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 13053
GND 4095100-5
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 5.01.2024 durch WIEN1.lanm08uns

Hetzendorf (12.), ehemalige Vorortgemeinde, seit 1890/1892 Teil des 12. Bezirks Meidling (eigene Katastralgemeinde).

Fälschlicherweise wird in der älteren Literatur ein Hervicus von Hetzendorf erwähnt, der 1190 das damals schon bestehende Gut als landesfürstliches Lehen erhalten haben soll; tatsächlich bezieht sich diese Nennung jedoch auf Hetzendorf bei Judenburg (Steiermark). Die älteste nachweisbare Nennung Hetzendorfs ist eine Urkunde um 1140 ("Hercindorf"); die Schreibweise war im Verlauf des Mittelalters unterschiedlich (Hercendorf, Hirzindorf, Hezindorf unter anderem), die Ableitung erfolgte möglicherweise vom Personennamen Hertzo. Die erste nachweisbare Dorfherrschaft übte das Augustiner-Chorherrenstift Klosterneuburg aus; es konnte bisher nicht eruiert werden, wann und wie das Dorf in dessen Besitz gekommen ist. Der Altortsbereich erstreckte sich entlang der Hauptstraße von der Boër- bis zur Jägerhausgasse.

1456 kam Hetzendorf an den Deutschen Ritterorden, in dessen Besitz es bis 1744 blieb; aus dieser Zeit stammt das Hetzendorfer Siegel (das schwarze Balkenkreuz auf silbernem Feld entspricht in stilisierter Form dem Ordenswappen). 1694 ließ sich Sigismund Graf Thun ein Jagdschlösschen, den Thunhof, erbauen (Hetzendorfer Schloss [ Modeschule der Stadt Wien ]). 1744-1780 befand sich Hetzendorf im Besitz Maria Theresias (es wurde die Schönbrunner Allee angelegt), am 20. Juni 1780 kam es an Christian August Graf von Seilern (Graf-Seilern-Gasse), der den Besitz am 15. April 1782 erweiterte (Kauf der Klosterneuburger Besitzungen in Hetzendorf) und 1783 die erste Schule stiftete. Der Ort, der gegen Ende des 18. Jahrhunderts den Charakter einer Villensiedlung annahm und sich steigender Beliebtheit erfreute, hat sich nur langsam entwickelt. 1783 wird im Zusammenhang mit einem Grundkauf des Anton Diebler erstmals die Fasangartenmauer erwähnt, 1799 gab es einen Brand. 1802 kam Hetzendorf an Christians Sohn Josef Graf von Seilern, der das Gut jedoch bereits 1803 an den Wiener Bürger Jacob Bernklau verkaufte. 1805 und 1809 waren französische Truppen in Hetzendorf einquartiert. Zu den späteren Besitzern gehörte Johann Müller (1819) und Carl Ritter von Heintl (1836), 1885 erfolgte die grundbücherliche Löschung Hetzendorfs als Herrschaft.

Sigismund Freiherr von Pronay, der 1817 um 35.000 Gulden Wiener Währung von Franz I. ein Landhaus (Hetzendorf 32; 12, Hetzendorfer Straße 75a) erwarb und seinen bekannt gewordenen Garten anlegen ließ, war niemals Besitzer der Herrschaft; 1839 verkaufte er den Besitz an Dominicus Graf Bethlen. 1848 lagerten kroatische Truppen in Hetzendorf, die jedoch (als Alfred Fürst Windisch-Graetz im Schloss sein Hauptquartier eingerichtet hatte) nach Altmannsdorf abzogen. Durch einen eingewanderten Bäckermeister aus Flandern wurde gemeinsam mit dem Zimmermeister Belghofer erstmals in Österreich ein artesischer Brunnen gegraben. Am 17. März 1849 erhielt Hetzendorf ein provisorisches, 1850 ein definitives Gemeindegesetz, womit es selbständig wurde. Es kam zu größeren Parzellierungen; 1856 wurde auch die Gemeindeweide parzelliert und 1869 mit deren Verbauung begonnen. 1871 folgte das Areal zwischen Schloss und Südbahn, 1876 jenes zwischen Fasangarten und Allee; 1872 gibt es bereits eine Rosenhügelstraße, 1876 die Verbindung Hetzendorfer Straße-Schlöglgasse. Das wellige Gelände erforderte kostspielige Nivellierungen der Straßen (1871 Abtragung der Bodenwelle zwischen Hervicus- und Boërgasse, 1874 Auffüllung der Bodensenke der Hetzendorfer Straße zwischen Jägerhausgasse und Allee, 1892 Nivellierung der Jägerhausgasse und Schlöglgasse, 1911 Planierung des Hofs beim Schloss). 1851 erhielt Hetzendorf auf Ansuchen der Gemeinde eine Garnison, 1854 wurde die öffentliche Beleuchtung ausgestaltet, 1857, 1878 und 1888 der Friedhof erweitert, 1876 die Schule errichtet und 1883-1886 die Gasrohrleitung von Obermeidling nach Hetzendorf verlegt.

Die Bauperioden sind teilweise scharf umrissen und noch heute erkennbar:

Erste Periode: Um 1870 wurde das Gebiet zwischen Boërgasse und Kernstraße in noch ländlicher Bauweise verbaut (ehemalige Gemeindeweide).

Zweite Periode: Um 1873 wurde der links der Südbahn liegende Ortsteil verbaut ("Neu-Hetzendorf"; eine nach Atzgersdorf geplante Straße kam nicht zustande); 1885 begann die Bautätigkeit in der heutigen Kaulbachstraße (Parzellierung eines Parks durch die vom damaligen Besitzer des Landhauses der Gräfin Zichy, Dominik Sochor [der in Hetzendorf 32, heute 12, Hetzendorfer Straße 75a, die Hotel-Pension "Schweizer Hof" betrieb], gegründete Gesellschaft für das geplante "Valerie-Cottage", bestehend aus maximal einstöckigen Familienhäusern und Villen [erster Spatenstich 28. April 1885]).

Dritte Periode: 1900-1914 entstanden die Miethäuser im Gebiet der unteren Schlöglgasse, der Strohberggasse und der Altmannsdorfer Straße (überwiegend von Baumeister Gustav Endl errichtet).

Vierte Periode: In der Zwischenkriegszeit erfasste die Bautätigkeit den Hetzendorfer Teil des Rosenhügels (ursprünglich teils öd, teils Ackerland, durchsetzt von Sandgruben, die noch 1850 vorhanden waren): Bau einer Genossenschaftssiedlung (1921-1926; Genossenschaftshaus mit Veranstaltungssaal, nach dem Zweiten Weltkrieg Kino, 1969 abgebrannt). Außerdem wurde das zwischen Verbindungsbahn und Fasangarten liegende Areal, beginnend an der Elisabethallee, verbaut (Planung Franz Kaym und Alfons Hetmanek, 1921-1923).

Fünfte Periode: alle jüngeren, nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Wohnbauten (überwiegend städtische und genossenschaftliche Wohnhausbauten), darunter Häuser der Genossenschaft "Neue Heimat" (1959/1960) und "Sozialbau" (1957-1963). 1959/1960 wurde die Südbahnbrücke über die Hetzendorfer Straße neu errichtet, 1964 die Unterführung der Breitenfurter Straße (an der Grenze von Hetzendorf und Meidling) hergestellt.

Hetzendorfer Friedhof (Südwestfriedhof), Hetzendorfer Kirche, Hetzendorfer Schloss, Hetzendorfer Schlosskapelle, Hetzendorfer Straße und andere nachfolgende Stichwörter sowie Modeschule der Stadt Wien

Siegel

Der Vorort Hetzendorf führte ein Siegel, das einen halbrunden, mit Ornamenten verzierten, senkrecht schraffierten Schild, in dem Schild das Deutsch-Ordens-Kreuz. Rechts vom Schild im Siegelgrund der Buchstabe T, links O. Umschrift: * GEMEINDE-VORSTEHUNG * HETZENDORF BEI WIEN.

Das Siegel war 1904 eine Grundlage für die Gestaltung des Bezirkswappens Meidling.

Häuser

  • 1525: 31
  • 1744: 22
  • 1751: 28
  • 1771: 33
  • 1783: 45
  • 1787: 42
  • 1795: 44
  • 1800: 43
  • 1807: 45
  • 1814: 53
  • 1823: 55
  • 1830: 53
  • 1851: 62
  • 1869: 167
  • 1880: 206
  • 1885: 265
  • 1890: 271
  • 1971: 1.097
  • 1981: 1.315
  • 1991: 1.460
  • 2001: 1.488

Einwohner

  • 1653: 106 (Kommunikanten)
  • 1783: 317
  • 1800: 314
  • 1807: 317
  • 1814: 363
  • 1823: 400
  • 1830: 435
  • 1837: 453
  • 1846: 500
  • 1851: 515
  • 1857: 623
  • 1866: 733
  • 1869: 1.068
  • 1880: 2.294
  • 1890: 3.587
  • 1961: 8.335
  • 1971: 8.190
  • 1981: 7.767
  • 1991: 8.704
  • 2001: 8.961

Häuserschematismen

Ortsrichter

  • Liste bei Julius Brunner: Hetzendorf und sein Schloß (1972), S. 65

Bürgermeister

  • Franz Endlweber (1861)
  • Josef Janisch (1876)
  • Franz Gregory (1878)
  • Anton Kern (1882-1891; Kernstraße).

Pfarrer

  • Liste bei Walter Löhnen: 200 Jahre Pfarre Hetzendorf (1984), S. 171

Literatur

  • Hans W. Bousska: Hetzendorf. Zeittafel. In: Meidling. Blätter des Bezirksmuseums. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums 1948 - lfd., Band 33,1993, S. 3 ff.
  • Karl Hilscher: Meidling. Wiens 12. Gemeindebezirk. Wien: Jugend & Volk 1923, S. 38 ff., 124 ff.
  • Wolfgang Mayer: XII. Meidling. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1984 (Wiener Bezirkskulturführer, 12), S. 5
  • Trude Mair: Gasthäuser in Hetzendorf. In: Meidling. Blätter des Bezirksmuseums. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums 33/1993, S. 29 ff.
  • Johann Strizsik: Altmannsdorf und Hetzendorf. In: Meidling. Blätter des Bezirksmuseums. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums 1/1968, S. 14 ff.
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 34
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1971 (Wiener Geschichtsbücher, 8), S. 95
  • Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964-1975 3/1, S. 92
  • Karl Hilscher: Hetzendorf. Eine kurze Geschichte des ehemaligen Vorortes und jetzigen Teiles des 12. Wiener Gemeindebezirkes und seines kaiserlichen Lustschlosses. Wien: Meidlinger Bezirksbote 1918
  • Julius Brunner: Hetzendorf und sein Schloß. Wien [u.a.]: Jugend und Volk-Verlagsges. 1972
  • Jakob Dont [Hg.]: Der heraldische Schmuck der Kirche des Wiener Versorgungsheims. Mit dem Anhang: Beschreibung der Siegel der ehemaligen Wiener Vorstädte und Vorort-Gemeinden. Wien: Gerlach & Wiedling 1910, S. XIV, Taf. H

Bevölkerungsgeschichte