Haydnkino

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Frontansicht des Haydnkinos
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1917
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 57840
GND
WikidataID
Objektbezug Robert Kotas, Kiba
Quelle
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Haydnkino.jpg
Bildunterschrift Frontansicht des Haydnkinos
  • 6., Mariahilfer Straße 57-59

Frühere Adressierung

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48° 11' 56.59" N, 16° 21' 8.75" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Haydn Kino (Herwig Jobst, 1980)
Haydnkino auf der Wiener Mariahilfer Straße. Filmplakat "Die Glocken von St. Marien" (1948)
Österreichpremiere des Films "Onkel Toms Hütte", 12. Oktober 1928
Logo des Haydnkinos (ab 1916)

Das Haydnkino (6., Mariahilfer Straße 57-59) wurde 1917 im Souterrain und Erdgeschoß eines Kaffeehauses, das eine Konzession des Gast- und Schankgewerbes hatte und 1914 zusätzlich Volkssängerführerlizenz erhielt, errichtet. Bis 1938 befand sich das Kino im Besitz des jüdischen Geschäftsmannes Bela Honig, der auch Pächter des Zirkus Busch Kinos war. 1938 wurde das Haydn von den beiden Nationalsozialisten Stephan Musil (*1898) und Fritz Menschik (*1888) zu je 50 Prozent arisiert und 1950 an den Sohn von Bela Honig, Otto Honig, der den Holocaust in der Schweiz überlebt hatte, rückgestellt.

Die Anfangsjahre: 1916-1938

Bereits am 16. Juni 1916 suchte Marie von Ujj beim Magistratischen Bezirksamt für den 6. Bezirk um "Genehmigung des Kinobetriebes im Hause VI., Mariahilferstrasse 57/59 den Herren Bela Honig und Bernhard Weiss gehörig" an und legte mehrere von ihr, Bela Honig und Bernhard Weiss unterzeichnete Pläne bei.

Die Räumlichkeiten

Laut dem "Plan zur Genehmigung des Kinobetriebes im Hause Mariahilferstrasse 57-59" vom 24. Juni 1916 waren 584 Sitzplätze vorgesehen, nämlich 463 im Mittelraum, 24 in den vier Logen und 97 auf der Galerie. Bei der Überarbeitung des Planes, datiert mit 28. Juli 1916, waren es zusammen 596 Sitzplätze (498 im Mittelraum, 24 Logenplätze und 74 auf der Galerie). Der Eingang mit dem Kassenbereich befand sich auf der Seite der Barnabitengasse, daran anschließend folgten Warteraum und Büffet. Zwischen den Sitzreihen im Mittelraum und der "Projektionsfläche" war das Orchester untergebracht. Ob man aus dem Vorhandensein einer verhältnismäßig kleinen Damentoilette im Souterrain mit nur drei Toiletten und einer mindestens dreimal so großen Herrentoilette mit vier versperrbaren Toiletten, Pissoir und eigenem Waschraum schließen kann, dass mit sehr viel mehr Besuchern als Besucherinnen gerechnet wurde, kann nur vermutet werden. Auch in der Galerie findet sich eine ähnliche Verteilung.

Nach Lokalaugenschein durch die zuständige Magistratsabteilung 52 und verschiedenen umgesetzten Änderungen konnte das Kino 1917 eröffnen. Auch in den Folgejahren führte die Magistratsabteilung 52 regelmäßig Begehungen der Betriebsstätte durch. 1918 fasste das Kino 615 Sitzplätze, auch deshalb weil 21 Notsitze (Klappstühle) für das Personal und weitere sechs Logenplätze hinzugerechnet wurden. 1921 und 1922 wies es sogar 620 Plätze auf.

Am 12. November 1920 kam es zu einem Unfall, bei dem ein Kinobesucher "in einen metertiefen überdeckten Schacht, der sich zwischen Orchester und erste Sitzreihe befindet und dessen Verschluss offenbar mangelhaft war", fiel. Nach Begehung durch die Magistratsabteilung 52 am 19. Februar 1921 wurde den Kinobetreibern aufgetragen, "entweder den Schacht zu beseitigen oder durch Abschrankung der Saalecke das Betreten des Deckels zu verhindern."

Auch die Kinobeleuchtung und die elektrische Anlage wurde, in diesem Fall von der zuständigen Magistratsabteilung 27, wiederholt überprüft und Änderungen beauftragt, beispielsweise, dass die Notbeleuchtungsanlage derart umzubauen war, "daß ihre Wirksamkeit auch bei zehnstündiger Belastung sichergestellt ist."

Durch einen Türsteher sollte verhindert werden, dass Publikum während des Betriebes vom Warteraum in den Kinosaal gelangen konnte. Zudem war das Rauchen "in sämtlichen Räumen verboten und ist das Rauchverbot deutlich sichtbar anzuschlagen und strenge zu handhaben." Im Dezember 1926 wurde angesucht, einen "Raum als Rauchraum für die Musiker im Haydn-Kino bewilligen zu wollen" und eine Skizze beigefügt. Dem Antrag wurde stattgegeben.

Im Februar 1923 wurde um die Errichtung eines transportablen Podiums vor der Bildfläche sowie um theatermäßige Dekorationen, Requisiten etc. angesucht. Letztere wurden jedoch als unzulässig abgelehnt, während gegen das Podium keine Einwände erhoben wurden.

Inhaberin der Kinokonzession und Eigentümer

Inhaberin der Kinokonzession war Maria Ujj (Wohnung 13., Preindlgasse 13). Sie hatte bereits die Kinokonzession des Zentralkinos in 2., Taborstraße 8 inne und ersuchte 1916 um Transferierung auf das neu zu errichtende Haydnkino. Sie erhielt die Kinokonzession bis Ende 1918 und erneuerte diese - wie gesetzlich vorgeschrieben - regelmäßig. Das erste Mal wurde diese am 23. Jänner 1919 "unter den gleichen Modalitäten und Betriebsbedingungen mit Giltigkeit bis 31. Dezember 1921 erneuert." Auch am 13. Jänner 1925 wurde ihre Konzession weiterverlängert, dieses Mal bis 31. Dezember 1926.

Eigentümer des Hauses sowie des Kinos und dessen Betriebseinrichtung waren 1916 Bela Honig († 17. Jänner 1941 Wien) und Bernhard Weiss. Am 11. April 1919 wurde zudem eine Filmverleihanstalt unter dem Namen "Kommanditgesellschaft Bela Honig" beim Handelsgericht eingetragen, in der auch seine Gattin Rosa, geborene Beck, eingetragen war. Die Firma wurde mit 18. Juli 1930 wieder gelöscht.

Aufgrund des "Wiener Gesetzes um Verleihung der Konzession zur Vorführung von Laufbildern (Filmen) und Steh- (Glas-) Bildern", das 1926 erlassen worden war, suchten die Brüder Otto Honig (* 9. Jänner 1899, Eltern: Otto und Rosa Honig, Wohnung 6., Theobaldgasse 8) und Erwin (* 24. August 1903 Mödling, † 15. Juli 1937, Wohnung 6., Theobaldgasse 8) im September 1926 um diese an, und erklärten gemeinsam mit ihrer Mutter Rosa Honig Eigentümer des Kinos, das heißt des Lokals, der Betriebseinrichtung und der Betriebsmittel zu sein und im Falle der Konzessionserteilung auch bereit zu sein, Marie Ujj "die ihr laut unserem gegenseitigen Vertrage zustehende Gewinnbeteiligung, ungeschmälert aufrechtzuerhalten." Dem Ansuchen wurde jedoch von der Magistratsabteilung 52 "keine Folge gegeben". Dies war sicher dem Umstand geschuldet, dass auch Marie Ujj im September 1926 "um die Wiederverleihung der Konzession für das im Jahre 1916 ämtlich bewilligte und bisher zur vollständigen Zufriedenheit der ihr überstellten Behörden, von ihr geführte Haydn-Kino" ansuchte. Sie begründete dies auch damit, dass sie die Lizenz "ihres völlig erblindeten Mannes wegen" erhielt. Ihr Gatte war der blinde Komponist Béla von Ujj (* 2. Juli 1873 Wien als Adalbert Franz Maria Béla von Ujj, † 1. Februar 1942 Wien, Grabstätte Baden in Niederösterreich). Da "ihre Zeit vom Haydn-Kino gänzlich in Anspruch genommen war", hatte sie "keinerlei Möglichkeit zu einer anderen Betätigung" gehabt. "Nun sind ihre stillen Gesellschafter, die Familie Honig, bestrebt für eines ihrer Mitglieder die Konzession zu erlangen, wodurch die Existenz der Gefertigten und ihres Mannes vernichtet wäre." Bela Honig, so argumentierte Maria Ujj sei "auch Besitzer des Busch Kino und finanziell sehr gut fundiert." Zudem ersuchte sie in diesem Schreiben, "den bisher von der Pol. Dion. genehmigten Stellvertreter Carl Walzer Wien VI Brauergasse 5 zu genehmigen." Ihrem Antrag wurde stattgegeben.

Auch in den Folgejahren, so etwa in einem Schreiben vom 10. November 1930, führte sie regelmäßig bei ihrem Neuansuchen um die Konzession an, den Kinobetrieb seit 31. August 1917 "anstandslos" zu führen und weiters: "Die Gefertigte führte bisher den Betrieb des Haydn-Kino zur vollen Zufriedenheit ihrer vorgesetzten Behördern und hofft umsomehr auf Erfüllung ihres Ansuchen da ihr Gatte blind ist und sie deshalb aus den Eingängen ihrer Beteiligung am Reingewinn des Kino's die Existenz für ihren Mann und sich bestreiten muss." Zugleich suchte Marie Ujj in diesen Schreiben stets um Bewilligung ihres Geschäftsführer-Stellvertreters an, "und zwar den seit Jahren im Haydn-Kino als Geschäftsführer-Stellvertreter beschäftigten Carl Walzer, Wien VI, Brauergasse Nr. 5". Karl Walzer (* 27. Oktober 1893 Czernowitz) erhielt für diese Tätigkeit ein Gehalt von 1000 Schilling und dem Antrag wurde am 26. November 1930 stattgegeben, da Walzer, der seit 1924 im Haydn-Kino als Geschäftsführer tätig war, "in den hiesigen Evidenzbehelfen als bestraft nicht vorgemerkt" war und zudem "einen guten Leumund" genoss und "als vertrauenswürdig und verlässlich" galt. Marie Ujj erhielt die Kinokonzession auch in den Folgejahren, ebenso blieb Karl Walzer als Geschäftsführer tätig.

Das Personal

Neben den Filmvorführern (Operateuren), die von Maria Ujj jeweils der Behörde gemeldet wurden, waren unter anderem Türsteher, Kassiere und Billeteure angestellt. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde von der Magistratsabteilung 52 eigens gefordert: "Im Kinobetriebe sind zu allen hiefür in Betracht kommenden Verwendungen (als Kassiere, Billeteure etz.), wenn irgend möglich, Kriegsbeschädigte herauszuziehen." Wiederholt wurde diese Forderung auch in der Erneuerung der "Kinematografenlizenz der Frau Marie Ujj" am 13. Jänner 1925.

Bis zur Einführung des Tonfilms waren Musiker im Haydnkino beschäftigt, die die Filme musikalisch begleiteten. Teilweise wirkten zusätzlich Musiker für Sondervorstellungen mit, wie der Violinist Othmar Bubak (1902-1976), der 1928 gegen das Rauchverbot im Haydnkino verstieß und verwarnt wurde.

Technische Ausstattung

Die Musiker spielten bis zur Einführung des Tonfilms in Orchesterbereich live. 1929 wurde der Tonfilm eingeführt. 1936 wurde das Haydnkino renoviert und mit einer neuen "Europa" Super Klangfilm Anlage ausgestattet.

Filme

Zu den Tätigkeiten von Maria Ujj gehörte auch die Anmeldung der Filme, die im Haydnkino gespielt wurden, vor allem, wenn es wegen einer Überlänge notwendig war, eine Spielverlängerung von der Magistratsabteilung 52 zu erlangen. Angegeben wurde jeweils die Länge der Filmrollen. Gespielt wurden Stummfilme wie "Liebesgeschichten der Leopoldine Habsburger", "Der Schachspieler" (Frankreich 1927), "Die weiße Sklavin" (Deutschland 1927), "Die Frau ohne Namen" (zweiteiliger Sensations- und Abenteuerstummfilm, Deutschland 1927), "Das Frauenhaus von Rio" (Deutschland 1927, 2600 Meter), "Lieb' mich und die Welt ist mein" (Österreich 1923 mit Willi Forst, Regie: H. K. Breslauer, 2500 Meter), "Der Orlow" (Liebeskomödie, Österreich 1927, Regie: Jakob Fleck und Luise Fleck, 2800 Meter) etc.

Als am 12. Oktober 1928 die Österreichpremiere des US-amerikanischen Films "Onkel Tom’s Hütte" (Uraufführung 4. November 1927 in New York City, Premier in Deutschland im Februar 1928) stattfand, gehörte das Haydnkino zu den zwölf Kinos, die den Film zeigten. Sowohl die Neue Freie Presse als auch die Arbeiter-Zeitung kündigten die "Sensationspremiere" an.[1] Da der Film mit 3200 Metern eine Spiellänge von circa zwei Stunden und zehn Minuten hatte, suchte Maria Ujj bei der Magistratsabteilung 52 um "Bewilligung einer Spielverlängerung bis 11 Uhr" an. Bereits am Sonntag, dem 7. Oktober 1928, fand um 11 Uhr Vormittag im Haydnkino eine Seperatvorführung des Films zugunsten der Wohlfahrtsanstalten der "Concordia" statt wie der Geschäftsführer-Stellvertreter Walzer der Magistratsabteilung 52 am 5. Oktober 1928 mitgeteilt hatte.

Das Haydnkino in der NS-Zeit und den Nachkriegsjahren

Die Arisierung des Haydnkinos

Inhaber des Haydnkinos waren bis 1938 der jüdische Geschäftsmann Béla Honig und seine Frau Rosa Honig, die auch das Zirkus Busch Kino gepachtet hatten. Nach dem "Anschluss" wurde "das gesamte Vermögen der Eheleute Honig seitens der Gestapo beschlagnahmt und an sich gezogen", schilderte der Rechtsanwalt Dr. Adolf Leischner, der nach dem Tod der Eheleute 1941 sein Honorar in der Höhe von RM 10.000,-- aus der Verlassenschaftsabhandlung einklagte. Er berichtete zudem, dass er im Juni 1939 die Vertretung des Ehepaares übernommen hatte, da diese auswandern wollten. Bela Honig starb am 17. Jänner 1941 in einer Sammelwohnung in Wien 1, Judenplatz 5, seine Frau Rosa am 26. April 1941 in einer Sammelwohnung in Wien 9, Hörlgasse 4.

Marie Ujj, die Inhaberin der Kinokonzession, erhielt diese 1939 nicht mehr. Sie starb 1946 in Wien. Karl Walzer emigrierte nach Südamerika.

Das Haydnkino wurde am 27. April 1939 mit Genehmigung der NS-Vermögensstelle von den - bereits illegal tätigen - Nationalsozialisten Stephan Musil (* 1898) und Fritz Menschik (* 1888 als Friedrich Georg Mencjk, bereits 1935 in der Einbürgerungsurkunde verwendet, offizielle Namensänderung 1954) zu je 50 Prozent arisiert. SA-Sturmführer Musil, der bereits unter Horst Wessel „während seiner Wiener Zeit“ gekämpft hatte, war Träger des goldenen Ehrenzeichens der NSDAP, der Dienstauszeichnungen in Bronze, Silber und Gold, des Ehrenzeichens des Reichstags Nürnberg 1929 und als „Alter Kämpfer“ von der NSDAP anerkannt. Der SS-Untersturmführer Menschik war ebenfalls Ehrenzeichenträger und Altgardist sowie Gründer des NS-Fliegerringes Wien. Der Betrieb wurde auf RM 22.000,-- geschätzt und mit Marie Ujj war eine Leibrente vereinbart worden. "Bezahlt" worden war jedoch nichts, da das Kino als "überschuldet" eingestuft worden war. Am 19. August 1939 richteten Fritz Menschik und Stephan Musil ein Schreiben an das Finanzamt, die Werte von Bela Honig freizugeben, um das Kino „wegen jahrelanger Vernachlässigung durch den früheren Besitzer“ wiederherzurichten. Das Kino war, wie aus einem anderen Schreiben aus 1938/1939 hervorgeht „in tadellosem Zustande“, da es erst 1936 renoviert und bei dieser Gelegenheit mit einer neuen „Europa“ Super Klangfilm Anlage ausgestattet worden war.[2]

Am 18. Oktober 1943 suchte Adda Menschik nochmals darum an, ihren Mann vom SS-Dienst in Berlin freizustellen und nach Wien zu versetzen, da sie sich sonst gezwungen sehen würde, den Betrieb zu schließen, der von vielen Wehrmachtsangehörigen besucht wurde und „ein wichtiges propagandistisches Instrument ist.“[3]

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs floh Friedrich Menschik mit seiner Familie von Wien nach München. 1945 durchgeführte Untersuchungen und ein 1948 von der Staatsanwaltschaft Wien angestrengter Prozess wegen Verdachts der Verbrechen nach §6 Kriegsverbrechergesetz und §§10,11 Verbotsgesetz waren 1955 noch anhängig, als die Stadt München im Zusammenhang mit der Namensänderung von Mencjk zu Menschik um Mitteilung wegen etwaiger Vorstrafen Menschiks ersuchte. Es wurde von der Polizeidirektion Wien zwar festgehalten, dass Menschik keine Wiedererstattung geleistet hatte, das Verfahren jedoch 1957 aufgrund der NS-Amnestie eingestellt.[4]

Stephan Musil dagegen wurde gefangen genommen und schuldig gesprochen, wobei im Urteil darauf hingewiesen wurde, dass „dies ein besonders krasser Fall einer Arisierung [war], die selbst in der ns. Zeit in der Filmbranche Befremden erregte.“ Musil wurde 1947 "zehn Jahren schweren und verschärften Kerker“ verurteilt und 1950 amnestiert.[5]

Das Kino selbst wurde gegen Ende des Zweiten Weltkriegs als Luftschutzraum genutzt. Da das Haus nicht von Bomben getroffen wurde, konnte 1945 der Filmbetrieb rasch wieder aufgenommen werden.

Öffentliche Verwaltung und Rückstellung

Das Kino wurde am 15. Jänner 1946 unter die öffentliche Verwaltung von Dr. Alfred Migsch gestellt. Er stellte fest, dass "[e]rbberechtigte Rechtsnachfolger [...] weder nach Bela Honig noch nach Frau Marie v. Ijj vorhanden" waren. Noch im selben Jahr legte der von Migsch beauftragte provisorische Leiter des Haydnkinos, Ing. Hans Nord, seine Tätigkeit zurück und Viktoria Stanzl (* 1907) wurde als interimistische Geschäftsführerin bestellt. 1948 wurde Stanzl von Migsch gekündigt. Am 6. Mai 1949 erfolgte die Enthebung von Migsch und der ehemalige Geschäftsführer-Stellvertreter Karl Walzer übernahm dessen Aufgaben. Gleichzeitig wurde Max Weiss von der Kiba von Walzer zum Geschäftsführer ernannt. Die Rückstellung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erledigt.

Im Juli 1948 stellte der Anwalt von Otto Honig, Dr. Josef Tafler, den Antrag auf Rückführung des entzogenen Eigentums. Otto Honig, Sohn von Bela und Rosa Honig, lebte zu diesem Zeitpunkt in der Münsingen in der Schweiz und war entmündigt. Seine Vormundschaft hatte Ernst Marti übernommen, Gemeindepräsident in Münsingen. Marti ließ, über Vermittlung von Tafler, den bis 1938 in Wien tätigen Kinofachmann Karl Walzer als neuen öffentlichen Verwalter des Kinos ernennen. Walzer war bis 1938 mit der Programmierung von Filmen für die Kinos Busch, Gartenbau, Colosseum, Kärntner und (von 1920 bis 1938) Haydn betraut gewesen, musste jedoch 1938 fliehen und kehrte 1947 aus Südamerika nach Wien zurück.

Im Dezember 1948 wurde Musil laut Urteil des Volksgerichts zu Vermögensverfall verurteilt. Sein mit Menschik geführter Betrieb, das Haydnkino, wurde nach dem Urteil von der öffentlichen Verwaltung enthoben, und Walzer übernahm von nun an den 50-prozentigen Gesellschaftsanteil, der Musil entzogen worden war.

Musil, der zu diesem Zeitpunkt in der Strafanstalt Stein saß, legte dagegen Berufung ein und begründete diese damit, dass er seinen Anteil von Ujj erworben hatte, der er zu Lebzeiten – Ujj war 1946 gestorben – dafür eine Leibrente auszuzahlen hatte. Musil betonte in seiner Berufung zudem, dass er – so das Gutachten Rosenfelds des vorgelegten Antrags – "nach den Bestimmungen des NS-Gesetzes" die Konzession "nach dem Jahr 1950 wieder ausüben" könnte. Rosenfeld empfahl, "die Berufung mangels Legitimation zu ihrer Einbringung zurückzuweisen". Auch der "Rückstellungsgegner" Menschik wurde schuldig erkannt, sodass Honig schließlich 1950 das Kino zur Gänze rückgestellt wurde.[6]

Am 4. Mai 1950 wurde Karl Walzer der öffentlichen Verwaltung enthoben und am 2. September 1950 wurde das Unternehmen eine OHG, mit den Gesellschaftern Republik Österreich und Otto Honig, damals in Zürich wohnhaft. Am 8. Juni 1951 schied die Republik Österreich als Gesellschafterin aus und Otto Honig verblieb Alleininhaber des Kinos, das am 12. Juni 1953 an die Schweizer Krankenschwester Ida Strähl-Huber, Private aus Münsingen in der Schweiz, überging, die auch noch 1955 die Alleininhaberin des Kinos war. Von ihr ging es an die heutigen Besitzer.

Umbau in der Nachkriegszeit

Im August 1948 wurde Ludmilla Prah zur neuen Pächtern des Kinobüffets.

1949 begann der Wiener Architekt Robert Kotas mit Adaptierungsarbeiten im Haydnkino, so wurden zuerst unter anderem neue Neonleuchtschilder gestaltet und angebracht, neue Kinoklappstühle des Modells „Apollo“ – "mit gepolstertem Sitz in Eppeda und Afrikaauflage" – der Salzburger Firma Brandstetter & Ostertag montiert und Pfeiler ausgewechselt. 1950 wurde schließlich das Portal des Kinos neu gestaltet, der dafür auch eine Frontansicht des Kinos anfertigte, sowie Reparaturarbeiten im Warte- und Kinosaal unter dessen Anleitung durchgeführt. Dipl. Arch. Robert Kotas, der Erbauer des Gartenbaukinos, kann als DER österreichische Kinoarchitekt der Nachkriegszeit bezeichnet werden. Zwischen 1950 und 1972 zeichnete er für den Bau beziehungsweise Umbau von über 40 Kinos in Wien, Salzburg und Graz verantwortlich.

Das Haydnkino seit den 1980er Jahren

1980 wurde zusätzlich ein zweiter, 1984 ein dritter Saal eingebaut. Im Jahr 1995 wurde - in Anbetracht der steigenden Internationalisierung Wiens - das Angebot auf englischsprachige Filme ohne Untertitel umgestellt. Im Jahr 2012 wurde das Kino wurde in Bezug auf Technik und Design vollständig erneuert und ein vierter Saal eingebaut.

Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien; Turia & Kant 1992, S. 223

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Arbeiter-Zeitung, 12.10.1928 und Neue Freie Presse, 12.10.1928.
  2. WStLA, Gauakten, A1: 24.213 (Menschik und Musil).
  3. Wiener Stadt- und Landeresarchiv, Reichsfilmkammer, Außenstelle Wien, A1: 41 Haydnkino.
  4. Wiener Stadt- und Landeresarchiv, Landesgericht für Strafsachen, A11: 2616/1957.
  5. Wiener Stadt- und Landeresarchiv, Volksgericht, A1: 6275/1946.
  6. "Enderkenntnis" vom 19. Jänner 1950, 50 RK 750/1948 in Wiener Stadt- und Landeresarchiv, M.Abt. 119, A27/3: K35 Haydn-Lichtspiele.