Hans Lebert

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Daten zur Person
Personenname Lebert, Hans
Abweichende Namensform Lebert, Johann Artur
Titel Prof.
Geschlecht männlich
PageID 5013
GND 119524686
Wikidata Q1437154
Geburtsdatum 9. Jänner 1919
Geburtsort Wien
Sterbedatum 20. August 1993
Sterbeort Baden bei Wien
Beruf Opernsänger, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 17.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
Begräbnisdatum 30. August 1993
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 87 A, Reihe 63, Nummer 25
  • 13., Trauttmansdorffgasse 21 (Geburtsadresse)
  • 13., Maxingstraße 46 (Wohnadresse)
  • 14., Linzer Straße 334 (Wohnadresse)
  • 2., Ferdinandstraße 31 (Wohnadresse)
  • 5., Kliebergasse 1a (Wohnadresse)
  • 6., Wienzeile 118 (Wohnadresse)
  • 13., Hietzinger Kai 199 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Förderungspreis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 1953)
  • Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1962)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 1973)
  • Adalbert-Stifter-Medaille (Übernahme: 4. März 1968)
  • Theodor-Körner-Preis (Verleihung: 1961)
  • Franz-Grillparzer-Preis (Verleihung: 1992)
  • Kulturpreis der Stadt Baden (Verleihung: 1968)
  • Kulturpreis des Landes Niederösterreich (Verleihung: 1974)


Hans Lebert, * 9. Jänner 1919 Wien, † 20. August 1993 Baden bei Wien, Schriftsteller, Opernsänger.

Biografie

Hans Lebert entstammte einer großbürgerlichen Fabrikanten-Familie aus Hietzing, seine Eltern Anna, geborene Nahowski, und Arthur Lebert waren seit 1910 verheiratet. Die Verwandtschaft mütterlicherseits hatte prominente Mitglieder vorzuweisen: Die Großmutter war eine Geliebte Kaiser Franz Josephs I. gewesen (weshalb darüber spekuliert wurde, ob Lebert ein Enkel des Kaisers war), seine Tante war die Ehefrau des Komponisten Alban Berg. Nach dem Tod des Vaters im Jahr 1929 wurden Hans Lebert und seine Mutter von Helene und Alban Berg finanziell unterstützt.

Lebert war künstlerisch auf mehreren Gebieten tätig. Beeinflusst von Franz Werfels expressionistischer Lyrik, begann er früh, Gedichte zu schreiben; 1934/1935 besuchte er einen Malkurs bei Albert Paris Gütersloh. Nach dem Gymnasium absolvierte er eine Ausbildung zum Operntenor und spezialisierte sich auf Heldenpartien in Werken Richard Wagners. Mit diesem Repertoire konnte Lebert, vorerst als Chorsänger, bald auch als Solist, auf kleineren Bühnen in Österreich und Deutschland auftreten. Der Einberufung zur deutschen Wehrmacht, die er ignorierte, und einer drohenden Verurteilung wegen "Wehrkraftzersetzung" entging Lebert, indem er erfolgreich eine psychische Erkrankung vortäuschte.

Ab 1942 lebte Hans Lebert einige Jahre im weststeirischen Trahütten, wo er einen Teil seiner Kindheit verbracht hatte. In einem Jagdhaus, das bis etwa 1930 im Besitz der Familie gewesen war und in dem Lebert auch danach wohnen konnte, widmete er sich dem literarischen Schreiben. Seine erste Veröffentlichung war das Gedicht "Sommer", das 1946 in der Kulturzeitschrift "Plan" gedruckt wurde. Weitere Gedichte sind in der mehrbändigen Anthologie "Tür an Tür", die Leberts Förderer Rudolf Felmayer verantwortete, und in der Zeitschrift "Neue Wege" enthalten. Unterdessen beendete er seine Laufbahn als Sänger endgültig Anfang der 1950er Jahre, nicht zuletzt wegen mangelnder Auftrittsmöglichkeiten für einen Spezialisten von Wagner-Partien. 1956 zog Lebert mit seiner Frau Anette (1922−1974) nach Baden, wo er bis zu seinem Tod lebte (ab 1974 mit seiner zweiten Frau, der Autorin Edda Steinwender).

Trotz Übersiedlung blieb Trahütten für Leberts literarisches Schaffen von großer Bedeutung. In seinem düsteren, symbolisch aufgeladenen Erzählwerk literarisierte er das Dorf, die voralpine Landschaft, das herbe, niederschlagsreiche Klima und den dort vorherrschenden wortkargen Menschenschlag. Die frühen Erzählungen, die 1952 unter dem Titel "Ausfahrt" erschienen, "Das Schiff im Gebirge" (1955), für das das Lebertʼsche Jagdhaus als Modell gedient hatte, sowie sein letzter Roman "Der Feuerkreis" (1971) wurden in der Forschung deshalb auch als "Trahüttner Erzählungen" subsumiert (vgl. Franz Zeder, S. 319).

Als Leberts Hauptwerk gilt sein erster Roman "Die Wolfshaut" (1960), den Karl-Markus Gauß anlässlich der Neuausgabe 1991 ein Meisterwerk der österreichischen Erzählkunst nannte und Elfriede Jelinek gar zu den großen Werken der Weltliteratur zählte. In dem nach musikalischen Techniken durchkomponierten Roman wird ein Dorf mit dem sprechenden Namen "Schweigen" von einem NS-Kriegsverbrechen eingeholt, das die Männer des Dorfes als Soldaten des Volkssturms begangen haben. Zwei Außenseiterfiguren gehen den Spuren des Verbrechens nach und versetzen die eingeschworene Dorfgemeinschaft in Unruhe. Das Auftauchen eines mythischen Wolfsmenschen und eine in allen Einzelheiten verwesende Natur verdeutlichen die unaufhaltsame Rückkehr der Schuld.

Lebert wurde 1961 mit dem Theodor-Körner-Preis und 1962 mit dem Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet. Nach der vielbeachteten Neuauflage der "Wolfshaut" erhielt er 1992 den Franz-Grillparzer-Preis der Hamburger Alfred Toepfer Stiftung F. V. S., bei dessen Verleihung Lebert eine konfrontative Rede verlesen ließ, in der er sich gegen die Vereinnahmung durch den bundesdeutschen Literaturbetrieb verwahrte.

Quellen

Werke

  • Hans Lebert: Sommer. In: Plan, 1. Jg. (1945/1946), H. 8, S. 648
  • Hans Lebert: Ausfahrt. Mit Zeichnungen von Hans Fronius. Graz: Leykam 1952
  • Hans Lebert: Das Schiff im Gebirge. Eine Erzählung. Wien: Bergland 1955 (Neue Dichtung aus Österreich 1)
  • Hans Lebert: Die Wolfshaut. Roman. Hamburg: Claassen 1960; Neuausgabe mit einem Nachwort von Jürgen Egyptien. Wien / Zürich: Europa-Verlag 1991 (Schwarze Bibliothek 1)
  • Hans Lebert: Der Feuerkreis. Roman. Salzburg: Residenz 1971
  • Hans Lebert: Die schmutzige Schwester. Zwei Hörspiele. Wien: Bergland 1972 (Profile und Facetten 1)
  • Hans Lebert: Das Schiff im Gebirge. Unheimliche Erzählungen. Mit einem Essay von Jürgen Egyptien. Wien / Zürich: Europa-Verlag 1993 (Schwarze Bibliothek 5)
  • Hans Lebert: Das weiße Gesicht. Erzählungen. Mit einem Essay von Jürgen Egyptien. Wien / Zürich: Europa-Verlag 1995 (Schwarze Bibliothek 6)
  • Hans Lebert: Ausgewählte Gedichte. Auswahl und Zusammenstellung: Jürgen Egyptien. 2010 (Podium Porträt 50)

Literatur

  • Florian Braitenthaller: "Küss mich, du Schwein!" Hans Leberts diskrete Beziehung zur Moderne. WUV Universitätsverlag 2003 (Dissertationen der Universität Wien 93)
  • Jürgen Egyptien: Der "Anschluß" als Sündenfall. Hans Leberts literarisches Werk und intellektuelle Gestalt. Mit einem Vorwort von Elfriede Jelinek. Wien: Sonderzahl 1998
  • Gerhard Fuchs / Günther A. Höfler [Hg.]: Hans Lebert. Graz / Wien: Literaturverlag Droschl 1997 (Dossier 12)
  • Franz Zeder: Hans Lebert. Eine biographische Skizze. In: Gerhard Fuchs / Günther A. Höfler [Hg.]: Hans Lebert. Graz / Wien: Literaturverlag Droschl 1997 (Dossier 12), S. 301–349
  • Karl-Markus Gauß: Der Österreich-Liebhaber. Zum Tod von Hans Lebert. In: Die Zeit (Hamburg), Nr. 35 vom 27.08.1993 [Stand: 10.07.2018]

Weblinks