Hans Bertha
Hans Bertha, * 14. April 1901 Bruck an der Mur, † 3. Jänner 1964 Graz, Psychiater, Euthanasie-Täter.
Biografie
Hans Bertha war der Sohn des damaligen Primarius für Chirurgie am Landeskrankenhaus Bruck an der Mur Martin Bertha und dessen Ehefrau Clara, geborene Barbolani. Er nahm nach der Matura an der dortigen Realschule (1919) ein Studium der Medizin an der Universität Graz auf und promovierte 1926 zum Dr. med. Begleitend war er 1923/1924 als Volontär am dortigen Pathologisch-anatomischen Institut und 1925/1926 als klinischer Demonstrator an der Psychiatrisch-neurologischen Klinik tätig. Von 1926 bis 1929 wirkte er als Assistent in Tübingen und Berlin, danach an der Nervenklinik Graz. 1938 konnte sich der Arzt im Fach Psychiatrie und Neurologie habilitieren und übernahm bis 1940 die kommissarische Leitung der Klinik. In weiterer Folge hielt das Mitglied der SS und der NSDAP (Mitglied ab 1933) Lehrveranstaltungen zur "Menschlichen Erblehre als Grundlage der Rassenhygiene".
Im August 1940 avancierte Barta zum Primarius der Nervenheilanstalt Rosenhügel und übernahm das Referat "Fürsorge für Nerven-, Gemütskranke und Süchtige" im Hauptgesundheitsamt der Stadt Wien. Im Jänner 1942 folgte er Erwin Jekelius als Leiter der Heil- und Pflegeanstalt "Am Spiegelgrund" nach. Er trat als Gutachter im Rahmen der Aktion "T4", die die systematische Ermordung behinderter Menschen bedeutete, auf. Unter seiner Verantwortung stiegen die Todesfälle in Steinhof massiv an. Nach Ansicht mehrerer Autoren gilt er als einer der Hauptverantwortlichen für die Umsetzung des nationalsozialistischen Euthanasie-Programms in Wien.
1945 befand sich Hans Bartha für einige Wochen in Haft arbeitete danach in der Prosektur der Anstalt. In weiterer Folge aus dem städtischen Dienst entlassen, ließ er sich im Ennstal nieder, wurde 1946 aber neuerlich inhaftiert. Zwei gerichtliche Verfahren gegen ihn endeten 1948 aber mit Einstellung des Verfahrens bzw. Freispruch. Ab 1948 arbeitete er als Facharzt in Bruck an der Mur und fungierte ab 1951 als Sachverständiger für Psychiatrie und Neurologie am Kreisgericht Leoben. 1953 erhielt er die Lehrbefungnis für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Graz wieder, wo er 1960 zum außerordentlichen und 1962 zum ordentlichen Universitätsprofessor ernannt wurde.Von 1960 bis 1964 fungierte er als Vorstand der Grazer Nervenklinik, in den Jahren 1963/1964 als Dekan der medizinischen Fakultät.
Der Psychiater beschäftigte sich besonders mit Fragen der Hirnkreislaufforschung und Hirndurchblutungsstörungen. Er engagierte sich als Gründer der "Salzburger Arbeitsgemeinschaft für Hirndurchblutungsstörungen" sowie der "International Neuropsychiatric Pula Congresses" und trat mit wissenschaftlichen Publikationen in Erscheinung.
Literatur
- Carlos Watzka: Die "Fälle" Wolfgang Holzer und Hans Bertha sowie andere "Personalia". In: Virus. Beiträge zur Sozialgeschichte der Medizin. Band 14. Leipzig: Leipziger Universitätsverlag 2016, S. 103 ff.
- Rudolf Leo: Die NS-Vergangenheit des Personals am Pavillon 15 "Am Steinhof" und an der "Rett-Klinik“. In: Emma Mayerhofer u. a. (Hg.): Kinder und Jugendliche mit Behinderungen in der Wiener Psychiatrie von 1945 bis 1989. Stationäre Unterbringung am Steinhof und Rosenhügel. Wien: LIT 2017 (Schriften zur Rechts- und Kriminalsoziologie, 8) [Stand: 03.02.2025]
- Karin Anna Ertl: NS-Euthanasie in Wien. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2012 [Stand: 04.02.2025]