Friederike Willer
Friederike Willer, * 11. Februar 1901 Wien, † 22. Dezember 2001 Castro Valley (Kalifornien, USA), Fotografin, Unternehmerin.
Biografie
Friederike Willer, geborene Weitzmann, kam 1901 in Wien zur Welt. Sie wurde in eine jüdische Fotograf*innen-Familie geboren und hatte sieben Geschwister. Über ihre Schulbildung ist derzeit nichts bekannt. Friederike Willer arbeitete im elterlichen Fotoatelier S. Weitzmann (17., Kalvarienberggasse 37) mit und stieg 1926 mit ihrem Bruder Leo in das Unternehmen ein. Zu diesem Zeitpunkt führte ihre Mutter Anna Weitzmann das Unternehmen bereits alleine, da ihr Vater Salomon Weitzmann 1922 verstorben war. 1935 verließ Leo Weitzmann das Unternehmen, er führte – wie auch Willers anderer Bruder Alfred – ein eigenes Fotogeschäft in der 15., Mariahilfer Straße 142. Neben dem Fotoatelier – sie hielt daran 25 Prozent, ihre Mutter die anderen 75 Prozent – betrieb Friederike Willer auch eine Wirk- und Strickwarenerzeugung, die ebenfalls in der 17., Kalvarienberggasse 37 angesiedelt war.
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme Österreichs 1938 war Friederike Willer – wie auch der Rest ihrer noch lebenden Familie – als Jüdin von der antisemitischen Gesetzgebung betroffen sowie von der einsetzenden NS-Verfolgung bedroht. Ihre Wirk- und Strickwarenerzeugung schloss Willer selbst, das Fotoatelier S. Weitzmann wurde „arisiert“ und am 6. Dezember 1938 aus dem Handelsregister gelöscht. Es wurde von dem seit 1927 als Geschäftsführer im Unternehmen beschäftigten Johann Poppovic (Popović) und von dem Fotografen Gustav Nohynek übernommen und als „Photokeramische Anstalt Johann Poppovic und Gustav Nohynek“ fortgeführt. Im August 1941 verließ Poppovic – vermutlich auf Grund von Unstimmigkeiten – das Atelier und Nohynek übernahm als Alleininhaber. Während Poppovic voraussichtlich eher an Hilfe für die ehemaligen Besitzerinnen gelegen war und Willers Mutter nach der Übernahme finanziell unterstützt haben soll, war Nohynek seit 1931 illegales NSDAP-Parteimitglied gewesen und als Mitglied der „Arisierungskommission“ bei der Entrechtung und Liquidierung jüdischer Fotografie-Betriebe eng eingebunden. Aufgrund der „Arisierung“ des Fotoateliers S. Weitzmann wurde Nohynek 1946 in einem Volksgerichtsprozess angeklagt und schuldig gesprochen. Poppovic hingegen wurde freigesprochen.
Als letzte ihrer Geschwister konnte Friederike Willer vor der nationalsozialistischen Verfolgung nach Shanghai flüchten und zog später in die USA. 1948 brachte sie einen Antrag auf Rückstellung der Räumlichkeiten des Fotoateliers ein; das Mietshaus und Firmensitz in der 17., Kalvarienberggasse 37 hatte vor der Enteignung ihrer Mutter Anna Weitzmann gehört. Nach einem langjährigen Rechtsstreit endete der Prozess 1957 mit einem Vergleich. Das umfangreiche Fotoplatten-Archiv gilt bis heute als verschollen. Für die während der NS-Zeit bezahlte Judenvermögensabgabe (JUVA) erhielt Willer eine Entschädigungszahlung.
Friederike Willer heiratete 1926 in Wien den Arzt Julius Willer (1891–1962), gemeinsam hatten sie eine Tochter. In zweiter Ehe war sie mit Edgar Bing (1891–1981) verheiratet. Sie verstarb 2001 in den USA.
Quellen
Literatur
- Evelyn Adunka / Gabriele Anderl: Jüdisches Ottakring und Hernals. Wien: Mandelbaum Verlag 2020
- Lexikon der österreichischen Provenienzforschung: Fotoatelier Salomon Weitzmann [Stand: 03.01.2025]
- Geni: Friederike „Fritzi“ Willer-Bing [Stand: 03.01.2025]
- Geni: Julius Willer [Stand: 03.01.2025]
- Geni: Edgar Bing [Stand: 03.01.2025]