Ferdinandskino - Schwedenkino

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Plan des Ferdinandskinos
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1919
Datum bis 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 57690
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Bildname Ferdinandskino - Schwedenkino 1.jpg
Bildunterschrift Plan des Ferdinandskinos
  • 2., Taborstraße 1-3

Frühere Adressierung
  • Ifa Palast Kino

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48° 12' 46.68" N, 16° 22' 45.08" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Schwedenkino (um 1940)
Schwedenkino (um 1940)
Plan des Ferdinandskinos

Das Ferdinandskino (2., Taborstraße 1-3) wurde 1919 eröffnet und hatte 1922 einen Fassungsraum für 702 Personen. 1934 hatte es einen Fassungsraum für 654 Personen. 1945 zerstört, wurde es nicht wieder aufgebaut.

Vom Theater zum Kino

Die Gründungsphase des „Ferdinands Kinos“, später auch „Ifa Palastkino“, „Schweden Kino“ und „Schweden Lichtspiele“, zog sich über insgesamt fünf Jahre. Bereits im September 1913 fand eine erste bausicherheits- und feuerpolizeiliche Kommission statt, die überprüfen sollte, ob sich das mit dem Neubau zugleich konzipierte Theaterlokal des Hauses zu einem Kino umfunktionieren ließe.

1914 legte der 1870 in Chorostkow, Galizien, geborene jüdische Architekt und Wiener Stadtbaumeister Emil (Mechel) Reitmann einen „Auswechslungsplan“ für das bestehende, im Souterrain gelegene Theaterensemble vor, nach welchem das Kino umgestaltet werden sollte. Laut Umbauplan sollte das Kino, das in einem großen quadratischen Raum mit Galerie untergebracht war, rund 700 Personen fassen können.

Emil Reitmann war nicht nur zuständiger Architekt des Umbaus, sondern auch Eigentümer des Hauses in der Taborstraße 1-3, das er 1913 konzipiert und erbaut hatte. Geführt wurde das Kino in den ersten Jahren von der „Wiener Kinobetriebsgesellschaft m. b. H.“, an der Reitmann mit 40 Prozent Kapitaleinlage beteiligt war. Der „Landesverband für Fremdenverkehr in Wien und Niederösterreich“, der als erster Lizenzinhaber des Kinos fungierte, das so auch den vorläufigen Namen „Fremdenverkehrskino“ erhielt, rechnete daher schon für 1914 mit seiner Eröffnung, doch aufgrund des Kriegsausbruches wie auch der anfallenden umfangreichen Adaptierungsarbeiten des bestehenden Theatersaals, die durch die Kriegsereignisse immer wieder verschoben werden mussten, zog sich diese zuletzt bis 1918. In einem Schreiben vom 31. Juli 1918 wurde schließlich die Betriebsbewilligung erteilt und das Kino noch in diesem Jahr eröffnet. Gespielt werden durfte ohne Sonderbewilligung nie nach 22 Uhr abends, an Sonn- und Feiertagen durfte der Betrieb nicht vor 11 Uhr beginnen.

In den Unterlagen zur Verleihung der ersten „Kinematographischen Lizenz“ von 12. März 1919 erhielt das Kino den Namen „Ferdinands Kino“. 1920 folgten neuerliche Adaptierungen. So wurde unter anderem der Kassenraum verlegt, die Räume wurden vergrößert und bauliche Maßnahmen an der Liegenschaft selbst (die auch unter der Adresse „Schöllerhofgasse“ lief) eingereicht und bewilligt.

„Im November 1922 ist jedoch die Majorität der Anteile in die Hände des bekannten Herrn Oskar Forbat geraten, und infolge seiner schlechten Führung wurde das Unternehmen dahin gebracht, dass es im Frühjahr dieses Jahres in Konkurs geraten ist“, hielt Emil Reitmann in einem ausführlichen Bericht anlässlich seines eigenen Konzessionsgesuchs 1923 fest, dem jedoch zugunsten des Landesverbandes nicht gefolgt wurde. Im selben Jahr wurde von Reitmann ein Podium errichtet sowie ein Orchesterbereich, der in den ersten vier Reihen aufgebaut wurde. Mit 23. November des Jahres wurde das Kino in „Ifa Palastkino“ umbenannt, Sigmund Ölberg wurde zum Geschäftsführer des Kinos bestellt.

1925 folgte August Triebel als Geschäftsführer des Betriebs, der über nicht weniger als drei Projektionsapparate mit Spiegellampen für 8-9 Ampere verfügte.

Einstieg der KIBA

1926 lag der Betrieb aufgrund der kritischen Betriebssituation für mehrere Monate brach. Am 15. September 1926 ließ der damalige amtsführende Stadtrat der Verwaltungsgruppe II, Hugo Breitner, einen von ihm persönlich gezeichneten „Dienstzettel“ mit der handschriftlichen Anmerkung „Sehr dringend“ an die Magistratsabteilung 52 ergehen, in dem folgende Anweisung Breitners festgelegt wurde:

„Ich bitte zur Kenntnis zu nehmen, dass die Kinolizenz des Landesverbandes für Fremdenverkehr unter gar keiner Bedingung in ihrer Geltung zu verlängern ist. Ebenso muss jedes Verlangen nach einer Transferierung unbedingt abgelehnt werden. Aller Voraussicht nach wird gerade diese Lizenz nicht zur Erneuerung kommen. Es ist aber zu prüfen, ob nicht infolge des mehr als sechsmonatigen Betriebsstillstandes die Möglichkeit besteht, ganz unabhängig vom neuen Kinogesetz die Annullierung zu verfügen. Wenn dies der Fall ist, dann müsste es auch geschehen, ich bitte mir den Empfang dieses Dienstzettels ausdrücklich zu bestätigen. Breitner“

Die Anweisung blieb nicht ohne Folge: Weder dem Landesverband noch Reitmann wurde die Konzession übertragen. Dafür erhielt von 10. bis 23. April 1927 die „Allianz-Filmverleih und Betriebsgesellschaft m.b.H.“ (7., Neubaugasse 28), vertreten durch Philipp und Edmund Hamber, die Genehmigung, im „ehemaligen Ifapalastkino“ Filme zu zeigen.

Spätestens im Sommer 1927 ging das Kino unter dem neuen Namen „Schweden Kino“ in die Pacht der neuen Wiener Kinobetriebsgesellschaft KIBA über, wie aus einer Reihe von per 22. August 1927 genehmigten Plänen von Zivilarchitekt Hubert Gessner (18., Sternwartestraße 70) hervorgeht. Das Kino wies mit Vollendung der Umbauarbeiten 654 Plätze aus, davon 504 im Parterre und 150 in der Galerie. Die Konzession „für die Vorführung von Filmen“ erging an den „Zentralverband der Landesorganisation der Kriegsinvaliden und Kriegshinterbliebenen“. Zu diesem Zeitpunkt war der Landesverband der Kriegsinvaliden und Kriegshinterbliebenen für Wien, Niederösterreich und Burgenland Konzessionär folgender sechs Wiener Kinos: 1., Imperial Kino; 2., Schweden Kino, 5., Atlantis Kino; 11., Olympia Kino; 12., Meidlinger Parkkino; 16., Weltspiegel Kino.

Im Sommer 1927 wechselte auch die Geschäftsführung erneut, sodass sowohl ein „Ing. M. Ostersetzer“ als auch der zuvor in dieser Funktion im „Zentral Kino“ (2., Taborstraße 8) tätige Oskar Pollak (* 1884) in den Dokumenten der Zeit in dieser Funktion zu finden sind, wobei Pollak die Funktion des „Stellvertretenden Geschäftsführers“ innehatte.

Am 22. August 1929 suchte das Schweden Kino bei der Magistratsabteilung 52 um die Einrichtung einer Tonfilmanlage der Firma „Western-Electric“ an, wodurch die Vergrößerung des Bildwerferraumes notwendig wurde; im September wurde der erste Tonfilm präsentiert: Der MGM-Streifen „Weiße Schatten“, der vorerst als Stummfilm konzipiert worden war und erst nachträglich synchronisiert wurde, war nicht nur der erste Tonfilm des Studios – ein Jahr nach seiner Uraufführung in den USA wurde er auch in Wien zu einem veritablen Kassenschlager. „Weiße Schatten“ lief über mehrere Wochen bis in den November des Jahres hinein und sorgte für einen täglich überfüllten Kinosaal. Auch in den kommenden Jahren blieb das Schweden Kino in engem Kontakt mit der MGM, die hier bis 1937 ihre Wiener Uraufführungen präsentierte, so etwa „Maienzeit“ (Maytime) mit Jeanette McDonald und Nelson Eddy und „Die gute Erde“ (The Good Earth) mit Luise Rainer und Paul Muni.

Am 27. September 1929 folgte ein neuerliche Wechsel der Geschäftsführung: Da Pollak seiner Funktion „enthoben“ wurde, folgte ihm Gustav Siege, ehe Pollak bald darauf erneut in den Betrieb eintrat, um 1931 wieder, dieses Mal durch Hans Anton (*1896 Wien), abgelöst zu werden, dem 1932 erneut Siege folgte und nach diesem Carl Luschar sowie zuletzt Hans Radl. Ebenso häufige Wechsel sind in der Zeit der KIBA-Führung des Betriebs bei den Operateuren und „Bildwurfmeistern“ zu verzeichnen, zu denen damals Karl Ettmayer, Josef Pichler, Franz Dientl, Ferdinand Maier und Karl Stolz zählten.

1928 pachtete die Paramount für einige Zeit das Kino, das zu diesem Zeitpunkt über 642 Sitzplätze verfügte (Parterre: 464 und 28 Logensitze; Balkon: 78 und 72 Logensitze). 1931 wurde das Kino von Max Reiczes gepachtet.

Wie aus einer Reihe von Briefen aus dem Jahr 1933 hervorgeht, wurde das Kino zwischen 1930 und 1934 auch als „Erstes Wiener Tonfilm-Theater“ und „Schweden-Kino. Tonfilm und Kleinkunst“ bezeichnet. Zu den besonderen Attraktionen des Kinos zählten die hier gezeigten „Bühnen-Einlagen“, die von Gesangsauftritten mit Klavierbegleitung bis hin zu Zauberkunst-Shows reichten. 1928 freute sich der damalige Geschäftsführer in einem Schreiben an den Wiener Magistrat, einen weiteren Höhepunkt im Programm des Kinos anzukündigen: „Wir erlauben uns hiermit, die höfliche Mitteilung zu machen, dass ab Dienstag, den 6 März, in unserem Kino in Erst- und Alleinaufführung für Österreich der erste amerikanische Film mit Emil Jannings, ‚Der Weg Allen Fleisches‛, en suite zur Aufführung gelangt.“ Ebenso wichtig waren spätestens ab der Übernahme durch die KIBA die Aufführungen von Werbefilmen, wobei sowohl eigens von der KIBA produzierte Filme wie auch „Reklamefilme“ von Unternehmen, die sich für einen oder mehrere Tage im Schwedenkino einmieten konnten, vorgeführt wurden. Ein weiteres Angebot des Kinos waren Publikumsgespräche, so wurde etwa am 23. Juni 1928 nach dem Film „Nacktkultur und Arbeiterschaft“ mit dem Autor des Buches „Körperbildung Nacktkultur“ Adolf Koch eine Diskussion über Klischees „rund ums Nacktbaden“ geführt, ein anderes Gespräch folgte auf den Film „Lehrer Genosse“.

1931 fand im Oktober ein „Führersonntag“ der Roten Falken statt. Das Programm beinhaltete die Vorführung der Filme „Der Abtransport der Schwalben mit dem Luftschiff“, „Die Ankunft und Abfahrt des französ. Ministers Hr. Laval in Berlin“ und „Die drei roten Teufel“, begleitet von einer Ansprache des Obmannes Philipp Frankowski über die Bedeutung der Roten Falken und dem abschließenden gemeinsamen Singen der „Internationalen“.

Am 2. August 1932 wurde in einem Bescheid der Magistratsabteilung 52 ein neuerlicher Ausbau des Schweden Kinos genehmigt. Der Fassungsraum erhöhte sich damit auf 502 Sitzplätze im Parterre, sodass sich die Gesamtsitzplatzzahl auf 652 erhöhte.

Situation des Kinos im austrofaschistischen Ständestaat und während der NS-Zeit

1933 verpachtete die KIBA das Kino an die 1878 in Baden bei Wien geborene Ella Barth (19., Brechergasse 7) und bemühte sich auch nach 1934 um deren Verlängerung als Pächterin wie auch Geschäftsführerin des Kinos.

1934 legte der nunmehrige „Österreichische Kriegsopferverband“ (als Nachfolgeorganisation des ehem. Zentralverbandes) seine Konzession zugunsten der KIBA zurück, Barth blieb Pächterin und Geschäftsführerin und damit für die Programmierung verantwortliche Kinobetreiberin, wie in einem Schreiben der KIBA vom 22. Oktober 1936 deutlich wird. Doch trotz Berufung von beiden Seiten wurde Barth zuletzt eine Verlängerung ihrer Pacht über den 30. April 1937 nicht mehr genehmigt.

Hans Radl blieb Geschäftsführer des Kinos und wurde in dieser Funktion auch nach dem „Anschluss“ bestätigt. In seinem „Unbedenklichkeitszeugnis“ stellte ihm die NSDAP, der Radl zu diesem Zeitpunkt nicht angehörte, im Oktober 1938 ein „einwandfreies“ Zeugnis aus, ja, es wurde sogar sein „guter Ruf und Charakter“ lobend hervorgehoben.

Interessant sind zwei Filmvorführungen im April 1934, für die die Geschäftsführung des Kinos beim Magistrat um Kenntnisnahme ansuchte: Zum einen war dies am 15. April 1934 der Tonfilm „Lasset die Juden nach Palästina“, zum anderen die vom Wiener Buchhändler Richard Lanyi organisierte Tonfilmvorführung „Karl Kraus eigene Schriften“ aus Anlass einer „60. Geburtstagsfeier des Schriftstellers Karl Kraus“. Am 29. April 1937 fand hier eine postume Geburtstagsfeier zu Ehren von Karl Kraus statt.

Die KIBA blieb bis 13. März 1938 Besitzer und Konzessionär des Kinos. „Die Vermögenswerte der KIBA, darunter auch dieser Kinobetrieb [Schweden Kino], mussten über Auftrag der Berliner Machthaber mit Abtretungsvertrag vom 4.8.38 an die Ostmärkische Filmtheater Betriebsges.mbH (O.F.B.) übergeben werden“, fasst Dr. Alfred Migsch die Situation des Jahres 1938 in seinen Nachkriegsaufzeichnungen zusammen. Eigentümer sowie „Inhaber der Spielbewilligung der Reichsfilmkammer“ war von da an die O.F.B.

Das Schweden Kino, das zwischen 1938 und 1945 den Namen „Schweden Lichtspiele“ trug, war in der Zeit des Nationalsozialismus ein sogenanntes „Erstaufführungskino“. In den ersten Monaten pachtete die Metro-Goldwyn-Mayer-Film GmbH die Konzession, legte diese jedoch mit einem Schreiben an die Reichsfilmkammer vom 10. August 1938 wieder zurück. Angehörige der deutschen Wehrmacht bekamen in den folgenden Monaten einen Einheitspreis für sämtliche Sitzkategorien des zu den wichtigsten Wiener „NS-Kinos“ zählenden Betriebs, in dem neben Ufa-Filmschlagern unter anderem auch Werbefilme des Reichsarbeitsministeriums gezeigt wurden, darunter am 22. März 1942 der Lehrfilm „Werde Meister im Handwerk“.

Am 23. Juli 1940 wurden die „Schweden Lichtspiele“ in die Fachgruppe Filmtheater der Reichsfilmkammer eingegliedert, im selben Jahr wurde das Kino von einem Gutachter der OFB geprüft. Die Außenfassade wurde dabei als „mangelhaft“ bezeichnet, der Zuschauerraum sei „im romantischen Stil ausgebaut und sehr veraltet“. Neben der Renovierung des gesamten Hauses wurde daher ein umfangreicher Bühnenumbau empfohlen.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Kino bei einem Bombenangriff der Alliierten vollkommen zerstört. „An eine Wiederaufnahme des Spielbetriebes ist in absehbarer Zeit nicht zu denken“, wurde im Zuge der Bestandsaufnahme 1945 festgehalten. Im Herbst 1945 wurde auch für dieses Kino Dr. Alfred Migsch als öffentlicher Verwalter bestellt, der zudem die „Vermögenswerte der O.F.B. […] mit Dekret der Mag.Abt. VII/9 vom 20.11.45“ in dessen öffentliche Verwaltung übernahm.

Das Kino wurde nicht mehr aufgebaut.

Fassungsraum

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Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 193