Fasching

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Ein Fasching-Maskenumzug im ehemaligen Daum'schen Elysium.
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 24.10.2023 durch WIEN1.lanm08uns
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Bildunterschrift Ein Fasching-Maskenumzug im ehemaligen Daum'schen Elysium.

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Schon in älteren deutschen Quellen wird der Tag vor dem Aschermittwoch als Fasching oder Fastnacht bezeichnet. Wie andere jährlich wiederkehrende Feste hat auch der Fasching seinen Ursprung in heidnischen Zeiten; die ursprüngliche Kultzeit wandelte sich allerdings zu einer Tanzzeit. Im Mittelalter wurde es Sitte, den Faschingsdienstag (also die eigentliche Fastnacht) mit Gelagen, Possen (Fastnachtsspielen), Tänzen und Maskeraden zu begehen, um sich im Voraus symbolisch für die Entbehrungen der nachfolgenden 40tägigen Fastenzeit zu entschädigen. Aus diesem Brauch entwickelte sich jener Fasching, der in Wien bis heute üblich ist (entsprechend dem "Karneval" und der "Fastnacht" in anderen Gegenden Europas).

Entwicklung seit dem Mittelalter

Pieter Bruegels "Kampf zwischen Fasching und Fasten" zeigt typische Fastnachtspiele und Faschingsumzüge des 15. u. 16. Jhs. im Herzogtum Brabant (heute Niederlande und Flandern)

Erstreckte sich der Fasching anfangs auf die Zeit nach dem Dreikönigstag (ab 7. Jänner) bis zum Aschermittwoch, so konzentrierte er sich im 15. Jahrhundert auf die letzten drei bis acht Tage vor demselben; so veranstaltete der Apotheker Vinzenz Hackenberger in den 50er Jahren in seinem Haus am Graben Tanzfeste, an denen auch der Hof teilnahm. Schon damals begegnen wir im Zusammenhang mit den Faschingsunterhaltungen verschiedenen Verboten, die sich besonders (erstmalig 1465) gegen Vermummungen richteten. Um dieselbe Zeit veranstaltete der Patrizier Niklas Teschler in seinem Wohnhaus „Bürgerbälle". Das am Faschingsdienstag von den jungen berittenen Bürgern auf der Brandstatt veranstaltete "Bürgerstechen" sowie das Fastnachtslaufen gehörten im 15. Jahrhundert zu den häufigsten Veranstaltungen. Hof und Adel vergnügten sich auf eigenen Festen (Redouten).

Verbote

Ballordnung für die Maskenbälle in den Redoutensälen im Fasching 1774 (20.12.1773)

Bis ins 17. Jahrhundert war das Maskentreiben auf den Straßen gang und gäbe. Es kam jedoch, vor allem in der frühen Neuzeit, des Öfteren zu Reglementierungen und Verboten. Aus Gründen der Sicherheit (Überfälle auf den Straßen im Schutz von Masken, Zusammenrottungen), der Gesundheit (Krankheitsübertragungen in Zeiten drohender Epidemien, insbesondere der Pest) und Religion (Reformation, Gegenreformation, Predigten gegen das Tanzen) wurde das Brauchtum behördlicherseits stark eingeschränkt; auch Hoftrauer (etwa 1662 und 1664) spielte eine Rolle. 1626 wandte sich Ferdinand II. gegen nächtliche Maskeraden auf den Straßen, 1638 wurden nächtliche Schlittenfahrten als Faschingsvergnügen untersagt, 1677 wurde aus Sicherheitsgründen ausdrücklich das Waffentragen während der Maskerade untersagt, 1679 kam es während des Faschings zu besorgniserregenden Exzessen, und 1686 wurden Maskeraden überhaupt untersagt (1689 wurde das Verbot sogar auf die Häuser ausgedehnt).

Nach dem Sieg über die Türken (Zweite Türkenbelagerung (1683)) kam es zu einem Ausufern der Faschingsveranstaltungen, weshalb von der Behörde Gegenmaßnahmen ergriffen wurden; insbesondere ein neuer Tanz, der Langaus, wurde 1700 wegen seiner "Freizügigkeit" verboten. Ab 1708 wurden öffentliche Faschingsunterhaltungen besteuert, ab 1727 waren sie beim Sicherheitspräsidium anzumelden, 1746 erließ Maria Theresia eine "Fasching- oder Ballordnung". Im 18. Jahrhundert traten neben Hoffesten ("Redouten" in der Hofburg [die auch vom Adel veranstaltet werden konnten], aber auch Schlittenfahrten) luxuriöse Veranstaltungen des Adels stärker in Erscheinung (für die die zahlreichen neu erbauten Palais den repräsentativen Rahmen abgaben); berühmt waren die Ahnenbälle in der Mehlgrube am Neuen Markt.

Von der Straße in den Ballsaal

Unter Kaiser Karl VI. verliert sich die Spur von Straßenveranstaltungen (Adam-und-Eva-Spiel), und das Faschingstreiben beschränkte sich seither auf Veranstaltungen in Ballsälen, Palais, Bürgerhäusern und Wirtshäusern (die einzige Ausnahme bildete das Jahr 1789 [Siegesfeier nach der Eroberung Belgrads durch Gideon Ernst von Loudon ]). Hohe Eintrittspreise in den wenigen städtischen Ballsälen sicherten den Veranstaltungen Exklusivität; das "gemischte Publikum" zog sich in die Vorstädte zurück. Die vornehmste Veranstaltung war die Redoute in der Hofburg (die einzige Veranstaltung, auf der man im 18. Jahrhundert maskiert erscheinen durfte, allerdings nur in "ehrbaren" Verkleidungen), aber auch die Bälle in der Mehlgrube waren für ein gehobenes Publikum bestimmt. Maria Theresia wandte sich des öfteren und scharf gegen die Tanzwut der Bevölkerung, die besonders in den Vorstädten um sich griff. Für den Fasching 1773 veröffentlichte das Wiener Diarium eine Ballordnung.

Unter Joseph II. kam es zu einer Lockerung der Verbote und damit zu einer Popularisierung (allerdings auch Zersplitterung) der Veranstaltungen; 1786 wurde die Gründung von Tanzschulen gestattet, der Ländler (aus dem sich der Walzer entwickelte) verdrängte das strengere Menuett. Im Tanzsaal des Traiteurs Jahn in der Himmelpfortgasse wurden berühmte Ballfeste abgehalten. Großen Anklang fand die "Böhmische Redoute" an der Taborlinie (Fünfkreuzertanz).

Fasching im frühen 19. Jahrhundert

Maskenball im Redoutensaal der Hofburg

Anfang des 19. Jahrhunderts und im Vormärz erlebten die Ballsäle eine besondere Blüte. Der Aufschwung der Wiener Tanzmusik unter Josef Lanner und Johann Strauss (Vater) (und nachfolgend seinen Söhnen) gab Wien für ein Jahrhundert den Charakter einer Tanzstadt; der Polsterltanz blieb in Wien bis in die letzten Jahrzehnte Gesellschaftstanz. Verschiedene Einkehrwirtshäuser der Vorstädte, die im Vormärz nicht mehr gewinnbringend geführt werden konnten, wandelten sich teilweise zu gut frequentierten Vergnügungslokalen, andere Etablissements wurden neu errichtet. Besonders bekannt waren in der Stadt das Elysium (später Neues Elysium), in der Leopoldstadt beziehungsweise Jägerzeile 1807 die Sperlsäle („Zum Sperl"), 1842 der Dianasaal (Altes Dianabad) sowie 1845 der Kettenbrückensaal und das Odeon, in der Brigittenau 1834 das Kolosseum (zu dem eine eigene Pferdebahn gebaut wurde), auf der Landstraße 1833 die „Goldene Birne", in der Weißgerbervorstadt 1848 der Sophien(bad)saal (Sophienbad), auf der Wieden die Etablissements „Zum Mondschein" (4., Technikerstraße 1; 1819-1826), „Zum schwarzen Bock" und „Zum König von Ungarn" und auf dem Schottenfeld 1808 der Apollosaal; der Betrieb beschränkte sich jedoch keineswegs allein auf die Zeit des Faschings. 1841 fand beim „Grünen Tor" in der Josefstadt der erste "Theaterball" (für das Personal des Theaters in der Josefstadt) statt. Einen Höhepunkt bildete die Faschingssaison des Jahres 1815 (während des Wiener Kongresses 1814/1815); während eines großen Fests brannte in der Silvesternacht das Rasumofskypalais ab.

Bei Veranstaltungen auf der Straße (etwa Hofschlittenfahrten am Neuen Markt) wurde das Volk in die Zuschauerrolle gedrängt. Das Bürgertum veranstaltete im Biedermeier in steigendem Maße Hausbälle, jene, denen keine größere Wohnung zur Verfügung stand, mieteten sich Räumlichkeiten in Vorstadtlokalen. Der Aschermittwoch beendete die Lustbarkeiten (ausgenommen die "Schwarze Redoute" an diesem Tag). Mit dem Aufkommen von (einfachen) Verkehrsmitteln, die die Stadt mit den Vororten verbanden (anfangs Zeiselwagen, später Gesellschaftswagen und Stellwagen), entstanden in diesen weitere Unternehmen, wie 1833 der Dommayer in Hietzing oder 1835 der Schwender in Fünfhaus sowie zahlreiche Casinos (beispielsweise Elterlein, Zögernitz). Verschiedene Berufsgruppen hatten eigene Veranstaltungen (Fiakerbälle, Wäschermädelbälle und so weiter, aber auch die berüchtigten "Bälle der gebrochenen Melonen" [Veranstaltungen der Gassenmädchen]).

Fasching nach 1848

Die Niederschlagung der Oktoberrevolution 1848 bildet auch eine Zäsur im Vergnügungsleben, doch entstanden bald wieder neue Anziehungspunkte für das Publikum (die „Neue Welt" verdrängte den Dommayer, das Volk vergnügte sich bei den Maskenfesten beim "Stalehner" in Hernals, beim Dreher auf der Landstraße fanden "Bürgerbälle" statt). Waren es im Vormärz die Kapellen von Josef Lanner und Johann Strauss (Vater) gewesen, so dominierten nun Johann Strauss (Sohn), Eduard Strauss und Josef Strauss, Carl Joseph Millöcker und andere mit ihren Kapellen. 1862 wurden die Redouten auch für das Bürgertum zugänglich. Veranstaltungen des Männergesang-Vereins und des Künstlerhauses („Künstlerfeste" und „Gschnasfeste", anfangs von Hans Makart arrangiert) wurden berühmt; das Bildungsbürgertum veranstaltete seine eigenen Feste. Als man Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte, das seinerzeit unterdrückte Brauchtum neu zu beleben, blieb der Erfolg aus (1875 letzter Faschingsmaskenzug in Ottakring).

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und im 20. Jahrhundert verlegte sich das Schwergewicht stärker auf Repräsentations- und Eliteveranstaltungen (Ball der Stadt Wien, Concordiaball, Opernball, Philharmonikerball und andere), aber auch zahlreiche Veranstaltungen von Berufsvereinigungen (wie Ärzte, Juristen, Pharmazeuten, Techniker, Polizei und so weiter) und Verbindungen (Rudolfina-Redoute), Institutionen und Firmen bei gleichzeitiger Aufsplitterung in kleine und kleinste lokale Veranstaltungen (Vereine, Kleinorganisationen und so weiter); immer stärker wurden Räumlichkeiten in der Ringstraßenzone für die Veranstaltungen herangezogen (Künstlerhaus, Musikverein, Staatsoper, Rathaus, Hofburg).

Faschingsumzüge

Faschingsumzüge lassen sich seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert nachweisen. Der älteste Umzug war der Hernalser Eselritt (1785); im 19. Jahrhundert wurden neben anderen die Faschingszüge in Gersthof (1897-1914, 1936-1937, 1981-laufend [1991 wegen des Golfkriegs ausgefallen]), Ober-St-Veit (1893, aber auch noch in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts), Grinzing, Dornbach, Ottakring (1835) und Lainz bekannt; nach der Besetzung Wiens 1938 versuchten die Nationalsozialisten ohne besonderen Erfolg, das deutsche Karnevalstreiben nach Wien zu übertragen.

1983 kam es zur Einführung eines Faschingsumzugs der Wiener Wirtschaft auf der Ringstraße (Faschingssamstag; vom Schwarzenbergplatz zum Rathaus). Bis in die Gegenwart haben sich unter anderem der Faschingszug in Gersthof (wiedereingeführt 1981) und der Faschingsumzug zum Kalvarienberg erhalten. 1964 wurden 328 Veranstaltungen größeren Umfangs (in 29 Lokalitäten) abgehalten, 1966 129 Groß-, 114 Mittel- und 725 Kleinveranstaltungen.

Theaterstücke

  • Der Fasching in Wien, Singspiel von Volkert (Text von Gleich; Erstaufführung 26. Jänner 1820 im Theater in der Leopoldstadt);
  • Faschingshochzeit, Operette von Johann Strauß (Text von Friedmann und Luntzer, Erstaufführung 25. Mai 1821 im Carltheater);
  • Faschingsleiden, Singspiel von Wenzel Müller (Text von Gleich; Erstaufführung 14. März 1829 im Theater in der Leopoldstadt);
  • Faschingswehen, musikalisches Zauberlustspiel von Kauer (Text von Kringsteiner, Erstaufführung 4. März 1805 im Theater in der Leopoldstadt);
  • Der Faschingsdienstag (Die Ballnacht), Singspiel von Adolf Müller (Text von Waldon, Gesangstext von Nestroy, Erstaufführung 3. März 1840 im Theater in der Leopoldstadt);
  • Die Faschingsfee, Operette von Kaiman (Text von Willner und Oesterreicher, Erstaufführung 21. September 1917 im Johann-Strauß-Theater).

Literatur

  • Fasching in Wien. Der Wiener Walzer 1750-1850. 58. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Karlsplatz 14. Dezember 1978 - 25. Februar 1979. Wien: Historisches Museum der Stadt Wien 1979 (Historisches Museums Wien: Sonderausstellung, 58)
  • Felix Czeike: Fasching im alten Wien. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1946 - lfd. Band 46,1991, S. 35 ff.
  • Gustav Gugitz: Das Jahr und seine Feste im Volksbrauch Österreichs. Wien: Hollinek 1949 (Österreichische Heimat, 14/15), S. 15 ff. (Bräuche)
  • Leopold Schmidt: Wiener Volkskunde. Ein Aufriß. Hg. vom Verein für Volkskunde in Wien. Wien [u.a.]: Gerlach & Wiedling 1940, S. 41 ff.
  • Johann Evangelist: Wiener Skizzen aus dem Mittelalter. Band 4. Wien: Gerold 1842, S. 246 f.
  • Johann Pezzl: Skizze von Wien. Band 1. Wien [u.a.]: Krauss 1786, S. 449 ff.
  • Clemens Wenzel Lothar Fürst Metternich: Denkwürdigkeiten. Band 2. München: Georg Müller 1921, S. 181
  • Ruth Mateus: Fasching in Wien. 1938-1945, Diplomarbeit. Hochschule für angewandte Kunst 1991
  • Dietz-Rüdiger Moser: Fastnacht, Fasching, Karneval. Das Fest der "verkehrten Welt". Graz [u.a.]: Styria 1986
  • Ottakring. Ein Heimatbuch des 16. Wiener Gemeindebezirkes. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde in Ottakring. Wien: Schulbücherverlag 1924, S. 151 ff. (Faschingszug)
  • Max Lintner: Der Gersthofer Faschingszug - einst u. heute. In: Unser Währing. Vierteljahresschrift des Museumsvereins Währing. Wien: Museumsverein 1965/66 - lfd. Band 1,1991, S. 5 f.
  • Christine Klusacek / Kurt Stimmer: Währing. Vom Ganserlberg zum Schafberg. Wien: Mohl 1989, S. 78 f.
  • Franz Polly: Allerlei vom Fasching in Stammersdorf. In: Franz Polly: Stammersdorf. 1968-1978. Wien: Selbstverl. 1979, S. 163 ff.
  • Fasching 1913. In: Reichspost, 31.01.1913, S. 11
  • Faschingskehraus. In: Reichspost, 05.02.1913, S. 1-2

Weblinks