Ernst Sonnenschein

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Zeichnung von Ernst Sonnlechner, früher Sonnenschein, bei seiner Todesmeldung in der Kronen Zeitung vom 22. März 1931
Daten zur Person
Personenname Sonnenschein, Ernst
Abweichende Namensform Sonnlechner, Ernst
Titel
Geschlecht männlich
PageID 44311
GND
Wikidata
Geburtsdatum 30. November 1877
Geburtsort Kyjov
Sterbedatum 18. März 1931
Sterbeort Wien
Beruf Leichtathlet, Fußballer, Kaufmann, Gastronom
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 27.10.2023 durch WIEN1.lanm08jan
Begräbnisdatum 21. März 1931
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 148, Reihe 9, Nummer 23
Bildname ErnstSonnlechnerKrone.jpg
Bildunterschrift Zeichnung von Ernst Sonnlechner, früher Sonnenschein, bei seiner Todesmeldung in der Kronen Zeitung vom 22. März 1931
  • 2., Komödiengasse 1 (Letzte Wohnadresse)
  • 19., Rudolfinergasse 20 (Wohnadresse)
  • 2., Zirkusgasse 27 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Ernst Sonnenschein, * 30. November 1877 Gaya/Mähren (heute Kyjov, Tschechische Republik), † 18. März 1931 Wien, Leichtathlet, Fußballer, Kaufmann, Gastronom.

Ernst Sonnlechner, früher Sonnenschein

Biographie

Ernst Sonnenschein kam am 30. November 1877 als zweites Kind von Adolf Sonnenschein und dessen Frau Johanna (geborene Schallinger aus Eibenschütz/Ivančice) in der mährischen Kleinstadt Gaya/Kyjov zur Welt. Die Familie Sonnenschein entstammte der lokalen jüdischen Gemeinde. Sie hatte in der Kleinstadt Familiantenstatus. Bereits sein Großvater Abraham gründete eine Rollgerstefabrik. Die ab 1871 mit einer Zweigniederlassung in Fünfhaus, Stadiongasse 1 (ab 1873 in der Leopoldstadt, Lilienbrunngasse 18) und einem Vertrieb bis Graz (ab 1870 dort als Firma protokolliert) und Marburg/Maribor operierende Firma bildete den Nukleus für die beruflichen Aktivitäten der Elterngeneration von Ernst Sonnenschein. Ernsts Vater Adolf, der jüngste von sieben Söhnen und weniger erfolgreiche Firmeninhaber und Gewerbetreibende, zog mit seiner Familie spätestens 1891 endgültig von Gaya nach Wien.[1]

Ausbildung und Familie

Sonnenschein wuchs in seinem mährischen Heimatort Gaya zweisprachig auf. Er beherrschte die deutsche und tschechische Sprache, besuchte nach der Volksschule vier Klassen Gymnasium und wurde zum Lithographen ausgebildet. Später absolvierte er einen zweijährigen Abendkurs der Handelsfachschule.[2] Seit über zwanzig Jahren in Wien wohnhaft, heiratete Ernst Sonnenschein 1913 Elisabeth, geborene Meißl, und trat zum katholischen Glauben über.[3] Im Jahr 1914 wurde seine Tochter Elisabeth, 1917 sein Sohn Ernst geboren. Im August 1919 suchte er beim Magistratischen Bezirksamt für den zweiten Bezirk um Namensänderung an.[4] 1920 erfolgte die Umbenennung von Sonnenschein auf Sonnlechner.[5]

Unterschrift unter dem Ansuchen um Namensänderung, 1. August 1919

Sportliche Karriere

Von der Mitte der 1890er Jahre bis in die 1910er Jahre war er ein erfolgreicher Leichtathlet, der für den deutsch-österreichischen Turnverein und später auch den WAC an diversen Wettkämpfen in Europa teilnahm. Er erzielte mehrfach die Jahresbestleistung im Stabhochsprung und hielt mit übersprungenen drei Metern in dieser Disziplin auch vom 14. August 1904 an sieben Jahre lang den Rekord[6] in der Donaumonarchie, bis diese Leistung schließlich 1911 mit einem Sprung über drei Meter und 18 Zentimeter übertroffen wurde.[7] Die Eleganz von Sonnenscheins Sprüngen beeindruckte das Publikum anlässlich des Athletik-Spotfestes, welches Ende August 1898 zu Ehren des 50-jährigen Thronjubiläums Kaiser Franz Josephs I. abgehalten wurde. Er konnte es in der Disziplin Stabhochsprung überlegen für sich entscheiden.[8]

Ernst Sonnenschein mit Frau Elisabeth und Sohn Ernst, 1917/18

Von Beginn an war Sonnenschein auch in der Fußballriege des Turnvereins aktiv. Im Mai 1896 ist er erstmals als "Forward" (Stürmer) in der Mannschaftsaufstellung bei einer Partie gegen die Vienna auf der Hohen Warte fassbar, die auf der legendären Kuglerwiese ausgetragen wurde.[9] Auch bei einem für den 19. September 1897 auf der Hohen Warte angekündigten internationalen Turnier stand er in der Aufstellung.[10] Er stand mit den "Turnern" auch im ersten Finale des Challenge Cups, welcher 1897 zum ersten Mal und zwar gegen die Cricketer ausgespielt wurde.[11] Die nicht-satzungskonforme Entgegennahme einer Ehrung als Stabhochspringer im Jahre 1898 lieferte dem Vereinsvorstand den Vorwand zur Auflösung der Fußballriege des Turnvereins.[12] Als Folge wurde die "Spielvereinigung" (auch "Wiener Fußballclub 1898") gegründet, in der er aktiv war. Sonnenschein zählte zu den namhaftesten Fußballern des Vereins.[13]

Heimatschein von Ernst Sonnlechner, vormals Sonnenschein, aus 1922

Militärdienst

Sonnenschein leistete nach erfolgter Assentierung drei Jahre Militärdienst, wurde danach sieben Jahre in die Reserve versetzt und schließlich zwei Jahre zur Landwehr verpflichtet. Am 1. Oktober 1898 trat er seinen Dienst beim Festungsartillerieregiment Nr. 1 in der 11. Feldkompagnie an. Er rückte in Wien ein. Es folgte die Ausbildung zum Kanonier, am 21. September 1899 die Beförderung zum Oberkanonier. Nach abgeleistetem Dienst wurde er am 16. September 1901 beurlaubt, am 31. Dezember in die Reserve versetzt und mit 31. Dezember 1908 der Landwehr zugeteilt. Mit Ausbruch de Ersten Weltkriegs erfolgte sofort mit 28. Juli 1914 die erneute Einberufung, diesmal zum 1. Landsturmaufgebot in die 3. Marschkompagnie. Ein Jahr später, im August 1915, kalssifizierte man Sonnenschein allerdings nur mehr als zum Landsturmdienst ohne Waffe geeignet. Grund dafür war ein Gebrechen, das er sich im aktiven Militärdienst zugezogen hatte. Mit November 1915 wurde er in den Pensionsstand des Militärinvalidenhauses versetzt. Das Militärkommando Wien gestand ihm eine Invalidenpension zu.[14]

Meldezettel von Ernst Sonnenschein aus dem Jahre 1907, auf dem er sich als "Reisender" der Firma "Josef Reithoffer's Söhne" bezeichnet.
Meldezettel von Ernst Sonnenschein und Familie aus 1914 mit Nachträgen bis 1920.

Berufsleben

Während seiner noch im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts andauernden sportlichen Tätigkeit arbeitete er unter anderem als Kaufmann bei der Gummiwaren- und Kabelfabrik Josef Reithoffer's Söhne, welche ihren Hauptsitz im 6. Bezirk in der Rahlgasse 1 hatte. Nach dem Krieg arbeitete er als vom Staatsamt für Handel und Gewerbe, Industrie und Bauten in Eid genommenes Kontrollorgan der Deutschösterreichischen Lederstelle Gesellschaft m.b.H. Danach stieg er in das Gastronomiegewerbe ein. Seine Schwiegerfamilie war seit Generationen als Branntweiner und Gastronomen in der Leopoldstadt tätig. Sonnenschein führte − bereits mit neuem Namen Sonnlechner − die Gastwirtschaft im Hotel Nordbahn in der Praterstraße 72[15] sowie das Künstlerlokal Tigerhöhle in der Weintraubengasse 1, das sein Schwiegervater Anton Meißl gepachtet hatte und welches neben dem Carltheater lag.[16]

Er starb am 18. März 1931 mit 53 Jahren an Tuberkulose in Wien.[17]

Quellen

Literatur

  • Christoph Sonnlechner: „Besonders Sonnenschein als Stürmer war auf dem Posten.“ Ernst Sonnenschein und die Fußballriege des Deutsch-österreichischen Turnvereins. In: WGBll. 77 3/2022, S. 161-190
  • Leo Schidrowitz: Geschichte des Fußballsportes in Österreich. Wien / Wels / Frankfurt a. M.: Traunau 1951

Einzelnachweise

  1. WStLA, Historisches Meldearchiv, Meldezettel Adolf Sonnenschein 1891. Als Wohnort wird Wien 2, Zirkusgasse 27 ausgewiesen. Die frühere Wohnadresse war Gaya, Hauptplatz 28. Gemeldet sind nur die Eltern Adolf und Johanna Sonnenschein sowie deren jüngerer Sohn Georg. Ernst ist allerdings bereits 1897 in Wien nachweisbar, wenngleich nicht in den Meldeunterlagen. Siehe dazu unter "Sportliche Karriere".
  2. Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Personalunterlagen, Grundbuchsblatt Ernst Sonnenschein. Wo und wann der Schulbesuch erfolgte, lässt sich nicht eruieren.
  3. Pfarre St. Johann v. Nepomuk, Trauungsbuch Tom. XXI, fol.56 (4. Februar 1913)
  4. Wiener Stadt- und Landesarchiv, MBA 2, A9 - K - Kirchensachen und Matrikenwesen | 1892-1921, 877/1919. Als Begründung für die Namensänderung brachte er geschäftliche Nachteile des Namens sowie befürchteten Spott für seine Kinder in der Schule vor.
  5. Niederösterreichische Landesregierung, Zl. IIIb − 235/5 (Namensänderung, 24. Juli 1920); auch WStLA, NSDAP Wien, Gauamt für Sippenforschung, A 6 − Abstammungserhebungen: Ernst Sonnlechner (geb. 4.8.1917)
  6. ANNO: Allgemeine Sport-Zeitung, 5. Februar 1911, S. 141
  7. ANNO: Neue Freie Presse, 28. Juli 1897, S. 6; ANNO: Grazer Tagblatt, 30. September 1898, S. 4; Beim internationalen athletischen Meeting, das der WAC veranstaltete, scheiterte er am "veralteten System seines Stabes": ANNO: Neues Wiener Journal, 27. Mai 1900, S. 18; ANNO: Mährisches Tagblatt, 22. Juli 1902, S. 2; ANNO: Sport und Salon, 8. Juli 1905, S. 11; ANNO: Prager Tagblatt, 21. Juni 1906, S. 9; ANNO: Prager Tagblatt, 22. Juli 1907, S. 2; ANNO: Teplitz-Schönauer Anzeiger, 21. Juni 1909, S. 1; ANNO: Illustriertes (Österreichisches) Sportblatt, 8. April 1911, S. 11; ANNO: Neues Wiener Tagblatt, 22. Mai 1911, S. 18
  8. ANNO: Wiener Montags-Journal, 29. August 1898, S. 5; ANNO: Allgemeine Sport-Zeitung, 4. September 1898, S. 1059
  9. ANNO: Neues Wiener Journal, 3. Mai 1896, S. 14
  10. ANNO: Neues Wiener Tagblatt, 18. September 1897, S. 30
  11. Es endete 7:0 für die überlegenen "Engländer": ANNO: Wiener Sonn- und Montagszeitung, 22. November 1897, S. 6. Der Challenge Cup war das erste pan-europäische Fußballturnier und gilt mit dem Mitropacup als eine Wurzel der heutigen UEFA Champions League: Wikipedia: UEFA-Champions League
  12. ANNO: Allgemeine Sport-Zeitung, 24. September 1898, S. 1157
  13. Leo Schidrowitz: Geschichte des Fußballsportes in Österreich. Wien: ÖFB 1951, S. 27-28; ANNO: Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe), 14. Dezember 1938, S. 7
  14. Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Personalunterlagen, Grundbuchsblatt Ernst Sonnenschein.
  15. Dem Sport scheint er auch in den Folgejahrzehnten verbunden geblieben zu sein. Jedenfalls wählte ein Athletikclub die Gaststätte als Vereinslokal: ANNO: (Wiener) Sporttagblatt, 4. Dezember 1929, S. 6; Die Todesmeldung des Restaurateurs des Hotels Nordbahn: ANNO: Illustrierte Kronen Zeitung, 22. März 1931, S. 7; ANNO: Salzburger Chronik, 23. März 1931, S. 5; Er gehörte auch zu den frühen Automobilbesitzern der Stadt: ANNO: Allgemeine Sport-Zeitung, 15. November 1924, S. 506
  16. WStLA, Steuerkataster, K2/1 − Zentralgewerberegister. Zur "Tigerhöhle" siehe Hans Pemmer, Alt-Wiener Gaststätten und Vergnügungsstätten. Maschinschriftliches Exemplar im Wiener Stadt- und Landesarchiv 1969, Bd. 2, S. 308.
  17. WStLA, Totenbeschreibamt, A1 − Totenbeschaubefunde, J.A. 7797/1931; WStLA, Bezirksgericht Leopoldstadt, A 4, 3A 257/31 > 3P 140/31