Edith Mannlicher
Edith Mannlicher, * 22. Juni 1908 Krems an der Donau, † 4. Dezember 2008 Oberalm Salzburg, Bibliothekarin.
Biografie
Mannlicher stammte aus einer großbürgerlichen Familie, die in Böhmen bis 1525 zurückzuverfolgen ist und aus der überwiegend Beamte und Militärangehörige im Dienste der österreichischen Monarchie hervorgingen. Sie war die Tochter des bekannten Juristen und Senatspräsidenten Egbert Mannlicher und die Großenkelin des Erfinders des Mannlicher-Gewehres Ferdinand von Mannlicher. Auch ihre Mutter Hermine Mannlicher, geborene Vallner, entstammte dem großbürgerlichen Milieu.
Mannlicher besuchte zunächst die fünfklassige Volksschule, anschließend zwei Jahre die Bürgerschule in Döbling und absolvierte dann die Aufnahmeprüfung in die dritte Klasse des Wiedner-Mädchen-Reformgymnasiums des christlichen Vereins zur Förderung der Frauenbildung. 1927 legte sie dort ihre Reifeprüfung ab.
Gemeinsam mit ihrer Schwester Trude ermöglichte ihr familiärer Hintergrund eine behütete Kindheit und Jugend und erlaubte ihr, ein Germanistik-, Geschichte und Kunstgeschichte-Studium an der Universität Wien aufzunehmen. Im Mai 1933 promovierte sie mit der Doktorarbeit „Gustav Frey – Wilhelm Heinrich Riehl: Ein Vergleich“.
Am 1. Oktober 1933 trat sie in die Bibliothek des Kriegsarchives ein und begann ihre praktische Ausbildung für den wissenschaftlichen Bibliotheksdienst an der Bibliothek des Kriegsarchivs. Anschließend absolvierte sie bis 1935 den Ausbildungskurs für Anwärter des wissenschaftlichen Dienstes an der Österreichischen Nationalbibliothek und legte im Juni 1935 die Prüfung für den höheren Bibliotheksdienst ab.
Vom 1. September 1935 bis zum 31. Dezember 1936 war sie freiwillige Hilfskraft in der Porträtsammlung der Österreichische Nationalbibliothek, bis sie am 1. Jänner 1937 am Haus-, Hof-, und Staatsarchiv als Aspirantin des Verwaltungsdienstes zunächst eine Stelle des mittleren Dienstes (Maturantinnen) antrat. Am 27. September 1939 wurde sie zum Bibliotheksassessor ernannt.
Ihre Einstellung zum Nationalsozialismus kann als widersprüchlich angesehen werden. Sie war zwar religiös erzogen worden, aber nachweislich national eingestellt. In persönlicher und moralischer Hinsicht wurde ihr Verhalten nie bemängelt. Nachdem allerdings zunächst ihre Aufnahme in die NSDAP abgelehnt worden war, wurde sie mit 1. Juni 1940 in die NSDAP (Mitgliedsnummer: 7.684.118) aufgenommen.
1944 wurde sie im Luftschutz eingesetzt und am 27. Dezember 1944 zur Bibliotheksrätin ernannt. 1945, nach dem Einmarsch der russischen Armee, floh sie mit ihrem Vater nach Großgmain bei Salzburg. Von dort kehrte sie 1946 nach Wien zurück. Ihre Wohnung war in der Zwischenzeit von Bomben zerstört und geplündert worden.
Aufgrund ihrer NSDAP-Mitgliedschaft wurde sie mit 4. Juli 1947 aus dem Staatsdienst entlassen. Während ihres Verfahrens zu ihrem Gesuch um Wiedereinstellung arbeitete sie bis September 1947 als unbezahlte wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Theaterwissenschaften. Da ihrem Gesuch nicht stattgegeben wurde, fand sie eine Anstellung im Buch- und Kunstverlag Wolfrum, wo sie bald zur Sortimentsleiterin aufstieg. Dort war sie zwischen 1947 bis 1959 beschäftigt und lernte ihren Lebensgefährten Hugo kennen, der allerdings bereits in den 1960er Jahren verstarb. Sie heiratete nicht mehr und blieb kinderlos. 1959 konnte sie wieder den Bundesdienst an der Universitätsbibliothek antreten, wo sie zunächst Fachreferentin für Kunst-und Theaterwissenschaft war. Zunächst arbeitete sie als Mitarbeiterin von Professor Josef Marschall am Schlagwortkatalog mit und wurde später mit der Leitung der Abteilung Sachkatalogisierung betraut.
Ab dem 1. Jänner 1971 hatte sie den Posten der Vizedirektorin der Universitätsbibliothek inne und war damit gleichzeitig die erste Frau unter den Bediensteten der Universitätsbibliotheken und der Österreichischen Nationalbibliothek – und somit der wissenschaftlichen Bibliotheken – die diese Funktion innehatte. Genau ein Jahr später wurde sie zum wirklichen Hofrat ernannt.
Am 31. Dezember 1973 trat sie in den Ruhestand. Auf die Einladung von Univ.-Prof. Ludwig Jedlicka arbeitete sie ehrenamtlich an der Bibliothek des Instituts für Zeitgeschichte der Universität Wien.
1974 zog sie in die Seniorenresidenz Schloss Kahlsperg in Oberalm bei Hallein, wo bereits ihr Vater seinen Wohnsitz hatte. Sie verstarb 2008 im 101. Lebensjahr in Oberalm und wurde am Friedhof in Hinterbrühl bestattet.
Literatur
- Ilse Korotin/Edith Stumpf-Fischer (Hg.): Bibliothekarinnen in und aus Österreich. Präsens Verlag, 2019, S. 658ff.
- Wikipedia: Edith Mannlicher [Stand: 16.12.202]
- biografiA: Edith Mannlicherm [Stand: 16.12.2024]
- DenkMal! DenkWürdig? Edith Mannlicher [Stand: 16.12.2024]
- VÖB: Edith Mannlicher (1908–2008) [Stand: 16.12.2024]