Dorotheum

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1., Dorotheergasse 17: Dorotheum, um 1940
Daten zur Organisation
Art der Organisation Institution
Datum von 1707
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen Friedrich Ritter von Hoch, Erich Kielmansegg, Robert Uhlir
PageID 8765
GND
WikidataID Q668545
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 2.07.2021 durch WIEN1.lanm08pil
Bildname Dorotheergasse17.jpg
Bildunterschrift 1., Dorotheergasse 17: Dorotheum, um 1940
  • 1., Dorotheergasse 17
  • 1., Spiegelgasse 16

Frühere Adressierung
  • Versatzamt (1707)

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48° 12' 22.15" N, 16° 22' 8.73" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Dorotheum (1, Dorotheergasse 17, Spiegelgasse 16).

Das Versatzamt (das ursprünglich mit dem Fragamt [ Arbeitsvermittlung; dort Druckfehler beim Datum des Patents] verbunden war) wurde von Joseph I. mit Patent vom 14. März 1707 gegründet und von Karl VI. am 21. April 1721 bei gleichzeitiger Abtrennung des Fragamts wesentlich erweitert; die Erträgnisse kamen dem Armenhausfonds (Großarmenhaus in der Alser Straße) zugute. Das Institut war ursprünglich im Haus des niederösterreichischen Statthalters Ferdinand Karl Graf und Herr von Welz untergebracht (ehemaliges kaiserliches Gießhaus, 1, Annagasse 20, Seilerstätte 30; später im Besitz von Erzherzog Carl; siehe Erzherzog-Carl-Palais); dem Versatz- und Fragamt wurden zunächst drei Gewölbe eingeräumt, 1708 verkaufte Welz jedoch das ganze Haus dem Versatzamt zu für ihn günstigen Bedingungen. Das Fragamt konnte sich erst entwickeln, als es 1721 vom Versatzamt getrennt und im Haus des niederösterreichischen Regimentsrats Johann von Zollern (1, Weihburggasse 14; Conskriptionsnummer 919) untergebracht wurde. Das Versatzamt blieb bis 1788 in der Annagasse. In diesem Jahr übersiedelte es im Zuge einer größeren Reform des Betriebs in das entsprechend adaptierte Gebäude des (1782 durch Joseph II. aufgehobenen und 1786 geräumten Dorotheerklosters, dessen Kirche (Dorotheerkirche) entweiht und ihrer Türme beraubt worden war.

1847/1848 wurde das Versatzamtsgebäude um ein Stockwerk erhöht. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Ruf nach einem bodenständigen Auktionshaus immer lauter, doch befand sich das Dorotheum damals in einer schwierigen finanziellen Situation, sodass von größeren Veränderungen Abstand genommen werden musste. Reformen leitete Mitte der 1860er Jahre vor allem Direktor Friedrich Ritter von Hoch in die Wege; Debatten um die Eigentumsverhältnisse und der Börsenkrach von 1873 brachten aber zunächst Rückschläge. Eine neue Ära begann, als am 2. März 1885 die erste Filiale des Dorotheums eröffnet wurde (8, Feldgasse 6-8, erbaut 1885 von Alois Schuhmacher; geschlossen und verkauft 1988).

Da das Dorotheum dennoch den Anforderungen des modernen Geschäftsverkehrs bald nicht mehr entsprach, wurde es vom niederösterreichen Statthalter Erich Graf Kielmansegg grundlegend reformiert. Das neugeschaffene "Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamt" (kurzweg "Dorotheum" genannt) erhielt 1898-1901 nach Plänen von Emil Ritter von Förster unter der Leitung von Oberbaurat Sylvester Tomba einen monumentalen Neubau (im Stil des Neobarock), der auf den beiden Mittelrisaliten in Kupfer getriebene Reichsadler trägt. Das Durchfahrtsvestibül, die prächtige Haupttreppe (die als zweiarmige Doppeltreppe gestaltet ist), der über zwei Stockwerke reichende repräsentative Franz-Joseph-Saal (mit seinen Galerien) und der ebenerdig im Zuge einer Generalsanierung des Gebäudes entstandene Uhlir-Saal (ehemaliger Glashof), benannt nach dem Präsidenten des Dorotheums (1971-1981) Robert Uhlir, sind besonders bemerkenswert. Die bei der Demolierung der Klosterkirche vorgefundenen Baureste und Grabplatten (meist aus dem 16. Jahrhundert) wurden in die das neue Gebäude vom benachbarten Klosterneuburger Hof (Nummer 15) trennende Mauer ("Kielmansegg-Mauer") versetzt (Gedenktafel).

Mit den Reformen Kielmanseggs ging auch eine neue Zweigstellenpolitik Hand in Hand (1900: Leopoldstadt, ursprünglich 2, Taborstraße 10 [Börse für landwirtschaftliche Produkte], ab 1912 2, Taborstraße 24a; Landstraße, ursprünglich 3, Sechskrügelgasse 1 [3, Landstraßer Hauptstraße 67]; Mariahilf, 6, Windmühlgasse 17; 1901: Wieden; dazu kamen kleinere Exposituren). Nach der Eingemeindung von Floridsdorf (1904) wurde das dortige Versatzamt (Donaufelder Straße) übernommen (1908); 1909 folgte als letzte Eröffnung vor dem Ersten Weltkrieg die Filiale Ottakring. Die Dezentralisierung (das Dorotheum war in zwölf Wiener Bezirken präsent) wirkte sich auf die Geschäftsentwicklung sehr günstig aus. 1923 erhielt das Dorotheum ein neues Statut, gleichzeitig erfolgte die Eintragung ins Handelsregister; an die Stelle der staatlichen Verwaltung trat nun die behördliche Aufsicht. Mit spektakulären Auktionen lenkte das Dorotheum in den 1920er und 1930er Jahren die Blicke der europäischen Kunstwelt auf sich, erfüllte aber in den Jahren der Wirtschaftskrise auch eine humanitäre Aufgabe. 1930 wurde die Hauptanstalt um ein Stockwerk erhöht. 1966 hatte das Dorotheum in Wien 17 Zweiganstalten. Die Neuorganisation durch das "Dorotheum-Gesetz" vom 1. Jänner 1979, welches die Rechtsstellung des Instituts neu regelte ("Dorotheum Auktion-, Versatz- und Bank-GmbH."), wurden die Weichen für die weitere Entwicklung gestellt. Die Änderungen im Geschäftsbetrieb betrafen vor allem die Auflassung von Zweiganstalten (1988 auch jene in der Josefstadt [8, Feldgasse 6-8]), die Verlegung der großen Kunstauktionen in das angekaufte und adaptierte Kunstpalais (Nummer 11; Eskelespalais [1993 Umwandlung in das städtische "Jüdische Museum“]) sowie die (anfangs umstrittene, sich jedoch erfolgreich entwickelnde) Einrichtung des Freiverkaufs. Die institutseigene Bank wurde 1992 veräußert.

Literatur

  • Felix Czeike: Das Dorotheum. Vom Versatz- und Fragamt zum modernen Auktionshaus. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1982
  • Felix Czeike: 275 Jahre Dorotheum. 160. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Dorotheum, 1, Dorotheergasse 17, Vestibül, März bis April 1982. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Wiener Geschichtsblätter, Beiheft 1982,2)
  • Albert Starzer [Hg.]: Das k. k. Versatzamt in Wien von 1707 bis 1900. Wien: Selbstverlag 1901
  • Emil Carl Blümml / Gustav Gugitz: Altwienerisches. Bilder und Gestalten. Band 1. Wien [u.a.]: Strache 1921, S. 20 ff. (Vom Versatzamte in Wien)
  • Gottfried Heindl: Wien. Brevier einer Stadt. Wien: Neff 1972, S. 169 f.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 36 f.
  • Hans Markl: Kennst du alle berühmten Gedenkstätten Wiens? Wien [u.a.]: Pechan 1959 (Perlenreihe, 1008), S. 24
  • Hans Markl: Die Gedenktafeln Wiens. Wien: ABZ-Verlag 1949, S. 13
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 03.03.1982
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 437 (Versatzamt)