Doris Brehm
Doris Brehm, * 10. Mai 1908 Dresden, † 1991, Bibliothekarin, Schriftstellerin, Lektorin, Übersetzerin, Widerstandskämpferin.
Biografie
Doris Brehm war die Tochter der irischen Sprachlehrerin Nina Beryl Diez, geborene Ryder (1874–1951) und des österreichischen Kunsthistorikers Ernst Diez. Sie wurde als Doris Diez in Deutschland geboren, wo sie die ersten Lebensjahre verbrachte. Ihr Vater kehrte aus beruflichen Gründen 1911 zunächst alleine nach Wien zurück. Wann genau Beryl Diez mit ihrer Tochter nach Wien kam ist bislang nicht bekannt.
In Wien war Doris Brehm von 1923 bis 1926 Mitglied des Verbandes sozialistischer Mittelschüler (VSM), der Schülerorganisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP), und schloss ihre Schullaufbahn mit Matura ab. Danach begann sie als Schauspielerin zu arbeiten, zunächst 1928 am Deutschen Volkstheater in Wien. 1930 führten sie Engagements nach Riga: Im Sommer trat sie als erste Salondame im Deutschen Schauspielhaus auf und feierte im September großen Erfolg als Jungfrau von Orleans am dortigen Stadttheater. Später wechselte sie den Beruf und besaß ab 1937 in Wien eine Leihbücherei.
Doris Brehm war ab 1944 in kommunistischen Widerstand aktiv, zunächst gegen das austrofaschistische und später das nationalsozialistische Regime. Sie stand etwa in Kontakt mit Laurenz Genner (1894–1962), der Mitglied der Betriebszelle Wiener Lagerhäuser war. Brehm selbst engagierte sich als sogenannte U-Boot-Referentin, indem sie Unterkünfte für verfolgte Personen organisierte. Kurz nach der Befreiung berichtete sie 1945 in einem Artikel im "Neuen Österreich" über die "Wiener ‚U-Boote‘ und ihre Schicksale".
Im April 1945 wurde Doris Brehm offiziell Mitglied der Kommunistischen Partei Österreichs. Als Reaktion auf die blutig niedergeschlagenen Proteste in Ungarn trat sie aus der Partei aus. Brehm war außerdem Mitglied im Verband demokratischer Schriftsteller und Journalisten und engagierte sich auch in der Nachkriegszeit gegen (neo)faschistische und für demokratische Strukturen, besonders im Literaturbetrieb. So trat sie etwa bei einem von Belvedere Klub veranstalteten Diskussionsabend zum "Weg der österreichischen Literatur" am 1. Dezember 1949 gemeinsam mit Franz Theodor Csokor, Bruno Frei, Johann Gunert und anderen auf und kritisierte den fortbestehenden Einfluss nationalsozialistisch gesinnter Buchhändler*innen auf die erscheinende Literatur. 1950 erschien die von ihr für den Österreichischen Friedensrat herausgegebene Sammlung "Friedenslyrik".
Nachdem Brehms Leihbücherei 1945 abgebrannt war, arbeitete sie die ersten beiden Jahre der Nachkriegszeit als Sekretärin in der Redaktion der Tageszeitung "Neues Österreich", wo auch einige von ihr verfasste Artikel erschienen. Darüber hinaus schrieb sie für den "Wiener Kurier", das "Wiener Tagebuch" und den "Abend". Die nächsten zehn Jahre (1948–1958) arbeitete Brehm im KPÖ nahen Schönbrunn-Verlag als Lektorin, wo unter anderem Werke von Karl Bruckner, Rudolf Kalmar, Mira Lobe, Leo Tolstoi und Emile Zola erschienen. 1958 kehrte Brehm in den bereits zuvor ausgeübten Bibliothekarinnenberuf zurück.
Zusätzlich fertigte Brehm literarische Übersetzungen an, etwa von Emile Zolas "Germinal" (Schönbrunn-Verlag, 1949), Colettes "Sido" (Zsolnay Verlag, 1961) und Françoise Parturiers "Liebhaber für fünf Tage" (Zsolnay Verlag, 1962). 1955 erschien ihr Roman "Eine Frau zwischen gestern und morgen", der besonders in der DDR große Erfolge feierte und mehrmals aufgelegt wurde. Im gleichen Jahr gewann sie für ihre Erzählung "Das Wichtigste" über Bertha von Suttner den ersten Preis beim Wettbewerb des Charlie-Chaplin-Friedensfonds.
1991 verstarb Doris Brehm 83-jährig.
Werke (Auswahl)
- Doris Brehm [Hg.]: Friedenslyrik. Eine Auswahl aus der Friedensdichtung aller Zeiten und Völker. Wien: Europäischer Verlag 1950
- Doris Brehm: Eine Frau zwischen gestern und morgen. Wien: Globus-Verlag 1955
Quellen
- ANNO: Doris Diez … wurde an das Deutsche Volkstheater engagiert. In: Die Stunde, 20.10.1928
- ANNO: Die junge Wiener Schauspielerin Doris Diez wurde … ans deutsche Schauspielhaus nach Riga verpflichtet. In: Neues Wiener Journal, 08.06.1930
- ANNO: Die junge Wiener Schauspielerin Doris Diez hat am Stadttheater in Riga … einen großen Erfolg gehabt. In: Neue Freie Presse, 21.09.1930
- ANNO: Doris Brehm: Vor den Schergen der Gestapo untergetaucht. Wiener „U-Boote“ und ihre Schicksale. In: Neues Österreich, 05.05.1945
- ANNO: Demokratische Schriftsteller gegen den Neofaschismus. In: Österreichische Zeitung, 07.12.1949
- ANNO: Emile Zola “Germinal“. Neu übersetzt und bearbeitet von Doris Brehm. In: Oesterreichische Buchhändler-Correspondenz, 01.04.1949
- ANNO: Colette: Sido (Deutsch). (Übers. v. Doris Brehm.). In: Österreichische Bibliographie, 15.10.1961
- ANNO: Parturier, Françoise: Liebhaber für fünf Tage … (Übers. v. Doris Brehm.). In: Österreichische Bibliographie, 15.04.1962
Literatur
- Ilse Korotin / Edith Stumpf-Fischer [Hg.]: Bibliothekarinnen in und aus Österreich. Der Weg zur beruflichen Gleichstellung. Wien: Präsens Verlag 2019
- Wienbibliothek im Rathaus / Tagblattarchiv: Personenmappe Doris Brehm [TP-005550]
- biografiA: Brehm, Doris [Stand: 31.10.2024]
Doris Brehm im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.