Donaubrücken

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Ausschnitt aus Ansicht von Wien "Vienna Austriae" von Georg Braun und Franz Hogenberg nach Jacob Hoefnagel, 1617. Zu sehen ist die Schlagbrücke von der Leopoldstadt aus in Richtung Stadt.
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildunterschrift Ausschnitt aus Ansicht von Wien "Vienna Austriae" von Georg Braun und Franz Hogenberg nach Jacob Hoefnagel, 1617. Zu sehen ist die Schlagbrücke von der Leopoldstadt aus in Richtung Stadt.

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Erste Brücken

Bis 1439 waren im Bereich von Wien nur schmälere Arme der Donau von Brücken überspannt, so beispielsweise der stadtnächste Arm (Donaukanal) von der „pruck zunächst der stat in den Werd" (nachmals Schlachtbrücke oder Schlagbrücke, heute Schwedenbrücke), die 1439 als bereits bestehend erwähnt wird. Die breiteren Arme sowie der Hauptstrom konnten nur mittels Urfahren, also Überfuhren, beispielsweise bei Nußdorf und bei Stadlau überquert werden. Das war generell nicht ungefährlich und im Falle von Schlechtwetter, Hochwassern und winterlichen Bedingungen oft unmöglich, womit der Personen- und Warentransport Richtung Norden unterbrochen war.

Ausschnitt aus der Wiener Oberkammeramtsrechnung von 1440 zum Bau des ersten dauerhaften Brückenzugs über die Donau
Der Brückenzug ca. 1570. Ausschnitt aus einer Darstellung über strittige Auen. Der Weg führt von der Stadt rechts unten über die Schlagbrücke, wendet sich dann auf der Taborinsel gegen Westen, setzt über auf die Wolfsinsel und schließlich von dort nach Floridsdorf. Es sind nur die Hauptbrücken eingezeichnet.
Der Brückenzug 1632. Ausschnitt aus einer Darstellung über strittige Auen. Gut erkennbar und auch bezeichnet ist der Alte Tabor (rechts mittig durch zwei einzelnstehende Bäume markiert).
Die Wiener Hauptbrücken über die Donau mit ihren Längen 1540 bis 1665
Identifizierte Lage von Brücken und Straßenverbindungen über die Wiener Donaulandschaft 1529 bis 2010. Kartenhinterlegung mit heutigem Donauverlauf
Im Vordergrund die Reichsbrücke und in Blickrichtung Norden weitere Donaubrücken mit Inundationsgebiet am am linken Donauufer. Schrägluftaufnahme vom September 1957

Ein beständiger Brückenzug über die gesamte Donau

Am 4. Juli 1439 ermächtigte Herzog Albrecht V. die Stadt zur Errichtung von Brücken über alle Donauarme. Die Errichtungs- und Instandhaltungskosten sollten zwischen Stadt Wien und Landesfürst geteilt und in erster Linie aus den zu teilenden Mautgebühren bestritten werden.[1] Der Bau der Brücke sollte insbesondere den Warenverkehr der prosperierenden Stadt befördern. Enorme Bau- und Erhaltungskosten hatten potenzielle Betreiber aber bis dahin von dem Schritt abgehalten. Nach der Grundsatzeinigung bezüglich Bau- und Erhaltung mussten die Brückenführung geplant, das Baumaterial herbeigeschafft und die Handwerker beauftragt werden. Da die Donau ein sehr rasch fließendes, alpines Gewässer ist, das vielarmig und sich permanent wandelnd den Wiener Raum durchquerte, sah man sich vor großen planerischen und technischen Herausforderungen. Nach der Anlage der Brückenköpfe wurde vielleicht schon 1439 mit dem Bau begonnen, sicher jedenfalls 1440. Spätestens 1441 waren die zwölf Brücken, die man zur Überquerung der Donau benötigte, errichtet.[2] Gleichzeitig erfolgte die Etablierung eines Brückamts, das für die Instandhaltung der Brücke sorgen sollte.[3]

Verlegung des Brückenzugs in Folge von Veränderungen der Gewässertopografie

Die morphologische Dynamik der Donau stellte die größte Bedrohung für den Brückenzug dar. Bereits 1530 und 1537 ist von massiven Brückenzerstörungen durch Hochwasser der Donau zu lesen. Zu dieser Zeit weitete die Donau auch das Profil ihres Gerinnes. Das war aber erst der Beginn eines dramatischen Prozesses dessen Höhepunkt Mitte der 1570er Jahre erreicht wurde. Wolfgang Schmeltzls beschrieb in seinem "Lobspruch" (1547, gedruckt 1548) den Brückenzug. Er gab auch die Länge der Brücken und die Zahl der sie stützenden Joche an:

  1. Schlagbrücke: 96 Schritt, fünf Joche
  2. Lange Brücke (Ansatz 20, Gaußplatz): 500 Schritt, 30 Joche (gedeckt von einem Tabor [Brückenkopf], an dem die Maut eingehoben wurde)
  3. Kleine Brücke: 160 Schritt, acht Joche
  4. Wolfsbrücke (nahe der heutigen Floridsdorfer Brücke): 260 Schritt, 13 Joche

Aus dieser Beschreibung wissen wir, dass die Taborbrücke die längste war, die Wolfsbrücke mit der halben Länge der Taborbrücke die zweitlängste. Schmeltzl weiß auch über die zerstörerische Karft des Wassers und Eises Bescheid, welche die Brücken regelmäßig zerstörte. Zwischen 1548 und 1565 fanden aufgrund von Klimaverschlechterung und vermehrter Niederschlagstätigkeit besonders gewaltige Überschwemmungen statt. Die Donau tendierte dazu, neue Arme gegen Norden auszubilden, insbesondere durch die Wolfsau. Der Wolfsarm begann zum Hauptarm anzuwachsen. Damit musste das gesamte Brückensystem neu gestaltet werden (s. dazu die Abbildung zur Verlegung des Brückenzugs). Im Oktober 1565 stand fest, dass der erste Tabor (Tabor I) durch die morphologischen Änderungen und die Zerstörung der Brücken aufgrund eines Eisstaus im vergangenen Winter nicht mehr benutzbar war. Ein neuer Ort war zu suchen. Eine kaiserliche Kommission bestehend aus Angehörigen der Niederösterreichischen Regierung, des Militärs, der Hofkammer, Vertretern der Kaufleute, des Brückamts, kaiserliche Festungsbauer, Wasserbauingenieure sowie Stadtanwalt, Bürgermeister und Ratsangehörigen der Stadt Wien sollte einen neuen Brückenzug festlegen und eine möglichst kostengünstige Lösung zu seiner Wiedererbauung unterbreiten. Aufgrund der schweren Hochwasser des Jahres 1566 und der Folgejahre gestaltete sich die Arbeit für die Kommission überaus herausfordernd. Schließlich wurde ein neuer Tabor (Tabor II) gefunden. Allerdings schwemmte ein Hochwasser die bereits zum Teil bereits neu errichteten Holzbrücken wieder weg, worauf 1569 neue Bautypen für Brücken erörtert wurden. Sie sollte teilweise gemauert werden. Die Lobby der Holzbauer und Zimmerleute konnte sich allerdings durchsetzen. Die Donaubrücken wurden bis ins 19. Jahrhundert aus Holz gebaut.[4]

Der Hauptverkehrsweg verlief seit ca. 1567 nach heutigen topografischen Begriffen durch den unteren Teil der Taborstraße, die Obere Augartenstraße sowie die Dammstraße bis zur Wolfsbrücke (wie dies noch auf einem Plan von 1663 ersichtlich ist). Nach der Zweiten Türkenbelagerung (1683), bei der ein Teil der Brücken zerstört wurde, errichtete man 1698 die neuen Brücken weiter stromabwärts. Der Hauptverkehrsweg verlief nun durch die gesamte heutige Taborstraße bis zum Neuen Tabor (2, Am Tabor; Tabormaut) und setzte sich über drei neue Brücken fort (wie man bereits aus dem Anguissola-Marinoni-Plan [1706] ersehen kann). Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts kam es zu keiner weiteren Verbesserung der Verkehrsverbindung mehr.

Die Folgen der Donauregulierung

Im Zuge der Donauregulierung (1870-1875) entstanden zwei Straßenbrücken - nämlich die Franz-Josephs-Brücke, heute Floridsdorfer Brücke, und die Kronprinz-Rudolf-Brücke, heute Reichsbrücke, und drei Eisenbahnbrücken, nämlich die Nordbahnbrücke, Nordwestbahnbrücke und die Stadlauer Ostbahnbrücke). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde anstelle der für die Österreichischen Bundesbahnen entbehrlich gewordenen Nordwestbahnbrücke als dritte Straßenbrücke die Nordbrücke errichtet, die einen Teil der großräumig geplanten Wiener Nordeinfahrt bildet. Als vierte Straßenbrücke entstand im Zuge des Baus der Südosttangente (A 23) die Praterbrücke, als fünfte Straßenbrücke die Brigittenauer Brücke.

Video

Querung der Wiener Donau im Jahre 1570 (YouTube)

Quellen

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv-Urkunden, Nr. 2705 (= Privileg Nr. 32)
  2. Siehe dazu Wiener Stadt- und Landesarchiv, Oberkammeramt, B1/1. Reihe - Oberkammeramtsrechnung, Nr. 6 (1440) fol. 37r,v und Nr. 7 (1441) fol. 45r.
  3. Christoph Sonnlechner, Das Rathaus als umweltgeschichtlicher Erinnerungsort. In: Susanne Pils/Martin Scheutz/Christoph Sonnlechner/Stefan Spevak (Hrsg.), Rathäuser als Multifunktionale Räume der Repräsentation, der Parteiungen und des Geheimnisses (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte Bd. 55, Innsbruck/Wien/Bozen 2012) S. 255-268, hier S. 264.
  4. Christoph Sonnlechner, Severin Hohensinner and Gertrud Haidvogl: Floods, fights and a fluid river: The Viennese Danube in the sixteenth century. In: Water History 5 (2013, 2), pp. 173-194, hier 181.