Christine Lavant

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Daten zur Person
Personenname Lavant, Christine
Abweichende Namensform Thonhauser, Christine; Habernig, Christine
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 361063
GND 118570285
Wikidata Q87975
Geburtsdatum 4. Juli 1915
Geburtsort Groß-Edling bei St. Stefan im Lavanttal
Sterbedatum 7. Juni 1973
Sterbeort Wolfsberg
Beruf Schriftstellerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Kärntner Literaturarchiv, Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck
Objektbezug
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz (1967 bis 1973)

  • Georg-Trakl-Preis für Lyrik (Verleihung: 1954)
  • Staatlicher Förderungspreis für Lyrik (Verleihung: 1956)
  • Lyrikpreis der Neuen Deutschen Hefte (Verleihung: 1956)
  • Staatlicher Förderungspreis für Lyrik (Verleihung: 1961)
  • Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Verleihung: 1963)
  • Anton-Wildgans-Preis der Österreichischen Industrie für Literatur (Verleihung: 1964)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1970)

Christine Lavant, * 4. Juli 1915 Groß-Edling bei St. Stefan im Lavanttal, † 7. Juni 1973 Wolfsberg, Schriftstellerin.

Biografie

Christine Lavant wurde als Christine Thonhauser im Kärntner Lavanttal geboren, nach dem sie sich später als Künstlerin nannte. Ihre Mutter Anna, geb. Hans, war Flickschneiderin, ihr Vater Georg Thonhauser war Bergarbeiter, Christine deren neuntes und letztes Kind. Von frühster Kindheit an litt Lavant an verschiedenen ernsten Krankheiten, aufgrund derer sie die Schule immer wieder unterbrechen musste. Hauptschule und eine Haushaltungsschule im Kloster Hochstraß musste sie nach kurzer Zeit abbrechen. Im Alter von zwölf Jahren wurde Lavant einer riskanten Behandlung mit Röntgenstrahlen unterzogen, die zwar erfolgreich gegen die lebensbedrohliche Tuberkulose war, aber chronische Nebenwirkungen verursachte. Zu Lebzeiten wurden ein halbes Dutzend Gedichtbände und vier Bücher mit Erzählungen veröffentlicht, außerdem erschien in der Reihe "Das österreichische Wort" eine Auswahl aus ihrem Werk. Christine Lavant erhielt für ihr Schaffen bedeutende Preise, darunter der Große Österreichische Staatspreis für Literatur (1970); seit 2016 vergibt die Internationale Christine Lavant-Gesellschaft einen nach der Autorin benannten Literaturpreis für deutschsprachige Lyrik und Prosa.

Die Ursprünge ihres Schreibens machte Lavant selbst in einem Ostsee-Aufenthalt im Rahmen einer Kindererholungsaktion im Jahr 1927 fest, der von starkem Heimweh geprägt war. Es entstanden autobiografische Romane, die Lavant allerdings vernichtete. Im November 1933 konnte sie ihre erste Publikation verzeichnen, nämlich die Gedichte "Verstehen" und "Herbst" in einer Ausgabe der "Unterkärntner Nachrichten". Nach einem Suizidversuch im Jahr 1935 und dem folgenden freiwilligen Klinikaufenthalt in der "Landes-Irrenanstalt" in Klagenfurt stellte die zeitlebens unter Depressionen leidende Lavant das Schreiben vorerst ein. Sie verdiente sich mit Strickarbeiten ihren bescheidenen Unterhalt. Nach dem Tod ihrer Eltern, mit denen sie zusammengelebt hatte, und gegen den Widerstand der älteren Schwestern heiratete sie 1939 den Porträt- und Landschaftsmaler Josef Benedikt Habernig (1879–1964).

Ausgelöst durch die Lektüre von Rainer Maria Rilkes Gedichten, setzte Lavants Drang zur literarischen Produktion im Jahr 1945 wieder ein. Neben Lyrik entstanden die autobiografischen Erzählungen "Das Kind", "Das Krüglein" und die posthum veröffentlichten "Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus". Über die Vermittlung der befreundeten Familie Purtscher gelangten Lavants Arbeiten zu Paula Grogger, die diese an ihren Verleger Viktor Kubczak weiterreichte. In dessen Brentanoverlag in Stuttgart erschienen – bereits unter dem Künstlernamen Christine Lavant – "Das Kind" (1948) und "Das Krüglein" (1949) sowie der Gedichtband "Die unvollendete Liebe" (1949), der deutliche Spuren der intensiven Rilke-Lektüre aufweist.

Zu größerer Bekanntheit führte die Teilnahme an den St. Veiter Kulturtagen 1950, wo Lavants Gedichte von einer Schauspielerin vorgetragen wurden. Die Protagonisten des österreichischen Literaturbetriebs, Rudolf Felmayer, Rudolf Henz oder Hans Weigel, wurden auf Lavant aufmerksam. So sind ihre Texte in den zentralen Nachkriegsanthologien "Tür an Tür" und "Stimmen der Gegenwart" zu finden genauso wie in Zeitschriften wie "Wort und Wahrheit" oder "Wort in der Zeit", später in "Literatur und Kritik". In St. Veit lernte sie außerdem den Maler Werner Berg (1904–1981) kennen, mit dem sie in den nächsten Jahren eine enge, beider Ehen gefährdende Beziehung einging; in dieser Zeit schuf Berg seine – heute berühmte – Serie von Lavant-Porträts. Thomas Bernhard, den Lavant bei einer Autorentagung in Luxemburg begegnet war, führte sie schließlich in den Kreis avantgardistischer KünstlerInnen ein, der sich am Tonhof des Ehepaars Lampersberg in Maria Saal traf.

Nachdem ihre autobiografischen Prosabücher negative Reaktionen in ihrem persönlichen Umfeld ausgelöst hatten und die 1952 veröffentlichte Erzählung "Baruscha" (1952) von der Kritik unfreundlich aufgenommen worden war, widmete sich Lavant ausschließlich der Lyrik. Der Gedichtband „Die Bettlerschale“, 1956 bei Otto Müller erschienen, wurde ein großer Erfolg und bildet mit den Bänden "Spindel im Mond" (1959) und "Der Pfauenschrei" (1962) das dichterische Hauptwerk, mit dem Lavant eine eigenständige Art des lyrischen Sprechens in die Literatur einführte. Motiv- und Wortschatz sind reduziert und entstammen besonders dem ländlich-folkloristischen, dem religiös-biblischen sowie naturmythischen Bereich. Verblasste Metaphern werden revitalisiert, einfache Begriffe durch ungewöhnliche Kombinationen und Verschiebungen verfremdet, was bereits in den für Lavant typischen zwei- oder dreigliedrigen Komposita, wie "Schlafbaum", "Hungerstern", "Schwindsuchtkraut" oder "Wildeselwind", zum Ausdruck kommt. Den Mittelpunkt der Gedichte bildet ein vereinsamtes, trostloses Ich, das mit Gott und anderen vermeintlich heilbringenden Instanzen hadert und ihnen zürnt. Ludwig von Ficker, der Lavant in den 1950er Jahren förderte, charakterisierte diese Texte dementsprechend als "Lästergebete" (vgl. Wiesmüller, S. 3f.).

Als sich Lavants Gesundheitszustand zusehends verschlechterte, sie zudem ihren kranken Ehemann, der 1964 verstarb, pflegen musste, distanzierte sie sich immer mehr von der dichterischen Arbeit. Die letzten zu Lebzeiten publizierten Bücher verwerteten Texte, die zu einem Großteil zwischen 1945 und 1960 geschrieben wurden, so etwa der von Jeannie Ebner redigierte Band "Nell" (1969) mit vier Erzählungen. Christine Lavant starb mit 58 Jahren im Landeskrankenhaus in Wolfsberg.


Werke (Auswahl)

  • Christine Lavant: Das Kind. Erzählung. Stuttgart: Brentano 1948
  • Christine Lavant: Das Krüglein. Erzählung. Stuttgart: Brentano 1949
  • Christine Lavant: Die unvollendete Liebe. Stuttgart: Brentano 1949
  • Christine Lavant: Baruscha. Graz: Leykam 1952
  • Christine Lavant: Die Bettlerschale. Gedichte. Salzburg: Otto Müller 1956
  • Christine Lavant: Die Rosenkugel. Mit Zeichnungen von Ernst von Dombrowski. Stuttgart: Brentano 1956
  • Christine Lavant: Spindel im Mond. Gedichte. Salzburg: Otto Müller 1959
  • Christine Lavant: Sonnenvogel. Gedichte. Heiderhoff, Wülfrath 1960.
  • Christine Lavant: Wirf ab den Lehm. Eingeleitet und ausgewählt von Wieland Schmied. Graz: Stiasny 1961 (= Stiasny-Bücherei, 91)
  • Christine Lavant: Der Pfauenschrei. Gedichte. Salzburg: Otto Müller 1962
  • Christine Lavant: Hälfte des Herzens. Darmstadt: Bläschke 1967 (= Das neueste Gedicht, 27)
  • Christine Lavant: Leisegang. Bläschke, Darmstadt 1967.
  • Christine Lavant: Nell. Vier Geschichten. Salzburg: Otto Müller 1969
  • Christine Lavant: Werke in vier Bänden. Göttingen: Wallstein 2014–2018

Doris Moser, Fabjan Hafner [Hg.]: Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte. Bd. 1. 2014; Klaus Amann, Brigitte Strasser [Hg.]: Zu Lebzeiten veröffentlichte Erzählungen. Bd 2. 2015; Doris Moser, Fabjan Hafner, Brigitte Strasser [Hg.]: Gedichte aus dem Nachlass. Bd 3. 2017; Klaus Amann, Brigitte Strasser [Hg.]: Erzählungen aus dem Nachlass. Mit ausgewählten autobiografischen Dokumenten. Bd 4. 2018

Literatur

  • Carola Leitner: Das verstummelte Leben, orf.at, 04.07.2015 [Biographischer Essay über Christine Lavant]
  • Klaus Amann: Nachwort. In: Christine Lavant: Aufzeichnungen aus dem Irrenhaus. Neu hg. und mit einem Nachwort versehen von Klaus Amann. Göttingen: Wallstein 2016, S. 97–136
  • Klaus Amann: Nachwort. In: Zu Lebzeiten veröffentlichte Erzählungen (= Christine Lavant: Werke in vier Bänden, Bd. 2), 2015, S. 788–797
  • Klaus Amann, Fabjan Hafner, Doris Moser [Hg.]: Drehe die Herzspindel weiter für mich. Christine Lavant zum 100.Göttingen: Wallstein 2015
  • Doris Moser: „Wenn nicht Himmel dann ordentlich Hölle“. Christine Lavants Leben als Dichterin. In: Zu Lebzeiten veröffentlichte Gedichte (= Christine Lavant: Werke in vier Bänden, Bd. 1), 2014, S. 649–677
  • Inge Glaser: Christine Lavant. Eine Spurensuche. Wien: Verlag Edition Praesens 2005
  • Wolfgang Wiesmüller: Christine Lavant. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur [Stand: 01.01.2001]
  • Wieland Schmied: Einleitung. Die Welt der Christine Lavant. In: Christine Lavant: Wirf ab den Lehm. Eingeleitet und ausgewählt von Wieland Schmied. Graz: Stiasny 1961 (= Stiasny-Bücherei, 91), S. 5–19


Christine Lavant im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.


Weblinks