Café Museum

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Kaffeehaus
Datum von
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 14912
GND
WikidataID
Objektbezug Adolf Loos (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname HMW 166538.jpg
Bildunterschrift Café Museum von Wilhelm Gause (1899)
  • 1., Operngasse 7
  • 1., Friedrichstraße 6

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48° 12' 5.09" N, 16° 22' 3.55" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Fassade des Café Museum, um 1910
Gastraum im Café Museum, um 1910
Sitzkoje gegen die Operngasse, 1931
Zustand von 1931
Sitzkoje und Schanigarten gegen die Friedrichstraße, 1931

Café Museum (1., Operngasse 7, Friedrichstraße 6; Kaffeehaus), von Adolf Loos ein Jahr nach der Fertigstellung der Secession entworfen (1899) und von Ludwig Hevesi als "Café Nihilismus" bezeichnet.

Das Bestandsgebäude, ein 1860 von Carl Roesner erbautes Haus, ist eines der ältesten der Ringstraßenzone überhaupt. In diesem Gebäude war kurz nach seiner Fertigstellung bereits 1863 von Franz Michael Stokh das "Café Stockh" eröffnet worden. Nach dem finanziellen Ruin Stockhs zog das "Café Spirek" ein, welches 1881 von der "Wiener Privat-Telephongesellschaft" beerbt wurde, die hier die erste Fernsprechvermittlungsstelle Wiens einrichtete. Unweit der Friedrichstraße, in der Babenbergerstraße 5 betrieb Ludwig Frisch ein Café, welches den Beinamen "Zum Museum" trug, da es sich gegenüber des in Bau befindlichen Kunsthistorischen Museums befand. 1898 begann sich Frisch nach einem neuen Standort für sein Lokal umzusehen. Der von Frisch gewünschte Architekt Max Fabiani lehnte den Auftrag, ein neues Lokal einzurichten jedoch ab und vermittelte diesen an Adolf Loos. Nach der Verstaatlichung aller privaten Telefongesellschaften wurden die Räume in der Friedrichstraße im Februar 1899 frei, welche als geeigneter Standort für das neue Café Museum in Betracht gezogen wurden. Nach nur acht Wochen waren die Adaptierungsarbeiten abgeschlossen und das Lokal konnte am 19. April 1899 seinen Betrieb aufnehmen.

Das Eckcafé besaß ein Spielzimmer, ein Extrazimmer und das sogenannte Gibsonzimmer ("Gibson-room", benannt nach den dort ausgestellten Zeichnungen des amerikanischen Karikaturisten Charles Dana Gibson, 1867−1944) und war als Damenzimmer des Cafés geplant.

Dem an der Ecke situierten Eingang lag die Sitzkassa gegenüber. Die ursprüngliche Inneneinrichtung unterschied sich sowohl von der gängigen Plüschatmosphäre vieler Wiener Lokale sowie von den Jugendstilcafés. Der hell und kühl wirkende Innenraum war in seiner räumlichen Disposition leicht überschaubar. Dies kam dem Charakter des Cafés als Treffpunkt von Künstlern und Intellektuellen entgegen.

Adolf Loos lehnte seine Konzeption an die Kaffeehäuser des biedermeierlichen Wien an, deren Nüchternheit und klare Atmosphäre Loos schätzte und deren Verlust er vor allem im Rahmen seiner Vorträge an der Bauschule beklagte. Der Kurs "Café, Restaurant und Hotel", den er an seiner Bauschule abhielt, beinhaltete eine ausführliche Schilderung des Wiener Kaffeehaustypus aus der Zeit des Biedermeier.

Die am konkreten Objekt bestehende architektonische Herausforderung unterschiedlich langer Raumachsen entlang der Operngasse und der Friedrichstraße bewältigte Loos durch den bei ihm häufigen Einsatz von verspiegelten Wänden. Für sein Interieur bestellte Loos rot gebeizte Bugholzmöbel der Firma Jacob & Josef Kohn, die Wände säumten Mahagonilambris. Furore machte das innovative Beleuchtungskonzept des Raumes: Die elektrischen Lampen waren nicht wie sonst üblich hinter Schirmen oder in Lustern verborgen, sondern hingen direkt an den elektrischen Leitungen von den Gewölben herab. Auch die Leitungen für die Gasversorgung waren gut sichtbar über Putz verlegt worden.

Zu den Stammbesuchern des Cafés gehörten Otto Wagner, Adolf Loos, die Begründer der Wiener Werkstätte, Gustav Klimt, Josef Maria Olbrich und Egon Schiele; Roda Roda, Georg Trakl, Joseph Roth, Hermann Broch und Robert Musil kamen ebenfalls hierher. Auch Peter Altenberg verlegte seinen "Wohnsitz" vom Central in das Kaffeehaus.

Seinen Stammtisch im Café Museum hatte auch Wilhelm Karczag (ab 1901 Direktor des Theaters an der Wien). An diesem fanden sich Komponisten, Librettisten, Bühnenbildner und Darsteller der Silbernen Operettenära ein (beispielsweise war Franz Lehár ständiger Gast). Einen anderen Tisch belegten die in Wien lebenden tschechischen Zeichner, Architekten und Lyriker. Albert Paris Gütersloh besuchte das Café Museum bis zu seinem Tod (1973).

Im Laufe seines Bestehens wurde das Kaffeehaus mehrfach umgestaltet. Den größten Eingriff seit der Errichtung erfuhr das Lokal durch den Hoffmann-Schüler Josef Zotti zwischen 1930 und 1931. Der auch als Chefdesigner der "Prag Rudniker Korbwarenfabrikation" tätige Zotti löste den strengen und nüchternen Raum durch den Einbau von roten Kunstlederbänken auf und verlieh ihm Wohnzimmercharakter. Die Eigentümer (die Brüder Alexander und Ottokar Rokitansky, beide Chirurgen, und die Familie Pretscher), die den Ruf dieses Kaffeehauses als Ausgangspunkt für moderne Inneneinrichtung in Erinnerung behalten wollten, waren trotz vieler Veränderungen und letztlich auch Plünderungen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, bestrebt, das Café behutsam zu restaurieren. So verblieb das Lokal bis zur Jahrtausendwende im Erscheinungsbild der 1950er Jahre erhalten. 2003 kam es im Zuge einer Generalsanierung des Cafés zu einer Rekonstruktion der Raumgestaltung von Adolf Loos, die jedoch auf wenig Gegenliebe stieß. Nach einer Neuübernahme des Lokals und einer erneuten Sanierung präsentiert sich das Lokal seit 2010 wieder in einer an Josef Zotti orientierten Raumgestaltung.

Unter Einbeziehung aller Gründe des Häuserblocks Friedrichstraße-Operngasse-Elisabethstraße-Kärntner-Straße, in welchem auch das Café Museum liegt, hatte Adolf Loos um 1906 für englische Investoren ein Wettbewerbsprojekt entwickelt: Er plante einen gigantischen Hotelkomplex mit fast 500 Zimmern, Wintergarten, Tiefgarage für Automobile, mehreren Restaurants und Bars. Sein Café aus dem Jahr 1899 hätte an derselben Stelle, an welcher es sich befand, neu errichtet werden sollen. Loos reizte der Bauplatz aufgrund des städtebaulichen Potenzials des Karlsplatzes, das dieser nach der Absiedlung des Naschmarktes vor der von ihm sehr geschätzten Karlskirche bot.

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Literatur

  • Markus Kristan: Zwei Kaffeehäuser und eine Bar- Die Gastlokale von Adolf Loos. Manuskript, S. 1-6
  • Karl Gedlicka: "Gemütliche" Rückkehr des Café Museum. In: derStandard.at, 07.07.2010 [Stand: 30.04.2019]
  • Georg Markus: Was wird aus dem Café Museum? In: Neue Kronen-Zeitung, 25.05.2003, S. 27
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1987, S. 446 ff.
  • Thomas Martinek: Kaffeehäuser in Wien. Wien: Falter Verlag 1990, S. 78 f.
  • Bartel F. Sinhuber: Zu Gast im alten Wien. München: Heinrich Hugendubel 1989, S. 106 f.
  • Hans Veigl: Wiener Kaffeehausführer. Kremayr & Scheriau 1989, S. 71 ff.
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u. a.]: Wien Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 52
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz 1982, S. 418 ff.
  • Burkhardt Rukschcio, Adolf Loos, Café Museum, 1899. In: Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien Nr. 93, Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1985, S. 438 f.
  • Hans Weigel / Christian Brandstätter / Werner Schweiger: Das Wiener Kaffeehaus. Wien: Molden 1978, S. 86 ff.
  • Ottokar Uhl: Moderne Architektur in Wien von Otto Wagner bis heute. Wien [u.a.]: Schroll 1966, S. 69
  • Ludwig Münz / Gustav Künstler: Der Architekt Adolf Loos. Wien: Schroll 1964, S. 35 ff.
  • Moderne Kaffeehäuser. In: Kunst und Kunsthandwerk 2 (1899), S. 196 ff.

Weblinks