Besucher Wiens

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 31.08.2017 durch WIEN1.lanm08mic

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


1) Im Mittelalter machten vor allem Pilger und Kreuzfahrer in Wien Station; neben dem Pilgrimhaus und Klöstern standen ihnen Im Elend vom Schottenstift eingerichtete Unterkünfte zur Verfügung. Ein prominenter Gast war Friedrich I. Barbarossa, der die Reise mit seinem Gefolge in Wien unterbrach. Ab dem 15. Jahrhundert besitzen wir von Besuchern Wiens Berichte über Wien (Aussehen der Stadt, Bewohner, Umgebung, Wirtschaft, Vergnügungsleben, Ereignisse und so weiter), die bereits mehrmals in verschiedener Auswahl und Ausführlichkeit veröffentlicht wurden (siehe Lobsprüche (auf Wien), Reiseberichte). Im Mittelalter war Wien Anziehungspunkt für Minnesänger, aber auch Durchgangsstation für Kreuzfahrer und Pilger. Der Humanismus wirkte sich auf die Zahl der Besucher positiv aus, doch die Ereignisse der Zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts (Pest 1521, Stadtbrand 1525, Türkenbelagerung 1529) brachten einen nachhaltig wirkenden Rückschlag; in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts (Verlegung der Hofhaltung nach Prag, Dreißigjähriger Krieg) begann der Besucherstrom völlig zu versiegen. Erst nach Kriegsende (1648) begann wieder eine rege Reisetätigkeit; die Rückkehr des Hofs machte Wien für Besucher wieder attraktiv, Reiseberichte und Reisetagebücher fanden große Verbreitung. Unter Leopold I. kam es infolge verstärkter außenpolitischen Kontakte in Form von Gesandtschaften (deren prunkvolle Einzüge in Wien auch bildlich Niederschlag gefunden haben) auch zu Begegnungen mit der Hohen Pforte (Bericht des Evliya Çelebi). Die Türkenbelagerung 1683 brachte nur einen kurzzeitigen Rückschlag, weil die Bedeutung Wiens und das Interesse an der Stadt inzwischen stark gewachsen waren. 1687 schildert der Mediziner und Historiker Jakob Toll, 1690 der Staatsrechtler Johann Christoph Wagenseil seinen Aufenthalt in Wien. Ab 1696 bestand für Fremde Meldepflicht. Der Aufschwung nach der endgültigen Bannung der türkischen Gefahr wirkte sich auf die bauliche Entwicklung (siehe Barock) und die kulturelle Bedeutung Wiens gleichermaßen positiv aus, die Zahl der Besucher nahm enorm zu. 1712 besuchte der Schriftsteller Aubry de la Mottraye Wien, 1712-1714 weilte Leibniz in Wien, 1714-1717 (als Gast des Prinzen Eugen) Rousseau. Die Beschreibungen der Stadt werden persönlicher und lebendiger (1730 erscheint beispielsweise jene des Johann Basilius Küchelbecker).

Prominente Besucher des 18. und 19. Jahrhunderts waren unter anderem Willibald Alexis (1856), Hans Christian Andersen, Ernst Moritz Arndt (1798/1799; siehe Arndtstraße), Honoré de Balzac (1835; siehe Zur goldenen Birne), Otto Fürst Bismarck (1864, 1892), Bettina Brentano, Charles Burney, Frédéric Chopin, Joseph Freiherr von Eichendorff, Friedrich von Gentz (1802 ff.), Nicolai Gogol, Johann Christoph Gottsched (1749), Karl Ferdinand Gutzkow (1845), Georg Friedrich Wilhelm Hegel (1824), August Wilhelm Iffland, Gottfried Keller (1874), Gottfried Wilhelm Leibniz (1712-1714), Albert Lortzing, Adolf Menzel (1831), Helmuth von Moltke (1835), Lady Mary Wortley Montagu (die erstmals den Gedanken äußert, die Befestigungen abzureißen und das Glacis zu verbauen), Friedrich Nicolai (1781), Leopold von Ranke (1827), Johann Friedrich Reichardt (1809/1810), Johann Kaspar Riesbeck (1783), Charles Sealsfield (1823), Dorothea von Schlegel (1808), Stendhal (1809), Adalbert Stifter, Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, Mark Twain (1897), Richard Wagner, Johann Christoph Weckherlin (1767-1777), Carl Julius (1828), Carl Maria von Weber und Zacharias Werner (1807); viele Kulturschaffende (insbesondere Dichter und Komponisten) ließen sich für längere Zeit oder dauernd in Wien nieder, wie etwa Beethoven, Brahms, Bruckner, Haydn, Hebbel und Mozart, manche besuchten Wien allerdings niemals (beispielsweise Goethe). Der Wiener Kongress (1814/1815) brachte für einige Monate Staatsmänner und ihr Gefolge aus ganz Europa nach Wien. Die Errichtung von Eisenbahnen führte zu einer Erhöhung der Besucherzahl und zum Bau zahlreicher Hotels, deren klangvolle Namen Komfort signalisierten. Offizielle Besucher sind 1863-1922 im Wiener Kommunalkalender vermerkt; seit 1953 tragen sie sich (sofern sie im Rathaus empfangen werden) in das Goldene Buch der Stadt Wien ein.

2) Über die Zahl der Besucher Wiens besitzen wir im 20. Jahrhundert statistische Unterlagen (siehe Fremdenverkehr).

Literatur

  • Paul W. Stix / Erik G. Wickenburg [Hg.]: Trau, schau, Wien. Ein vergnüglicher Sittenspiegel. Wien [u.a.]: Zsolnay 1973
  • Jost Perfahl [Hg.]: Wien-Chronik. Salzburg [u.a.]: Verlag "Das Bergland Buch" ³1969 (Literatur)
  • Alphons Lhotsky: Mittelalterliche Lobsprüche auf Wien. In: Alphons Lhotsky: Aufsätze und Vorträge. Ausgewählt und hg. von Hans Wagner und Heinrich Koller. Band 4: Die Haupt- und Residenzstadt Wien. Sammelwesen und Ikonographie. Der österreichische Mensch. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1974, S. 11 ff.
  • Klaralinda Ma / Brigitta Psarakis: "... ein ungeheurer herrlicher Garten ..." Wien aus der Sicht ausländischer Besucher vom 15. bis zum 19. Jahrhundert. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1988 (Wiener Geschichtsblätter. Beiheft, 3/1988)
  • Klaus Günzel: Wiener Begegnungen. Deutsche Dichter in Österreichs Kaiserstadt 1750 - 1850. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1990
  • Walter Koch: Ausländische Besucher in Wien. Ein Beitrag zur internationalen Stellung der Stadt im Mittelalter. Diss. Univ. Wien. Wien 1967
  • Wolfgang Schmeltzl: Ein Lobspruch der hochlöblichen und weitberühmbten küniglichen Stat Wienn in Österreich welche wider den Tyrannen und Erbfeind Christi nit die wenigist, sonnder die höchst Hauptbefestigung der Christenhait ist. Wienn: Syngriener 1547
  • Hans Tietze: Ein Besuch in Wien beim Regierungsantritt Kaisers Leopolds I. Nach einem Reisediarium 1660. In: Berichte und Mitteilungen des Altertums-Vereines zu Wien 50 (1918), S. 23 ff.
  • Friedrich Nicolai: Beschreibung einer Reise durch Deutschland und die Schweiz, im Jahre 1781. Nebst Bemerkungen über Gelehrsamkeit, Industrie, Religion und Sitten. 12 Bände. Berlin [u.a.]: Nicolai 1783-1796
  • Herbert Paulhart / Georg Wacha: Ein Aufenthalt in Wien 1823. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 17/18 (1961/1962), S. 200 ff.
  • Gershom Knight: Ein englischer Reisebericht aus dem Jahre 1835. In: Wiener Geschichtsblätter 30 (1975), S. 149 f.
  • Rudolf Till: Die Basteien in zeitgenössischen Schilderungen. In: Wiener Geschichtsblätter 14 (1959), S. 49 ff.
  • Leopold Auer, Zwei französische Wienbesucher des 19. Jahrhunderts: Henri Beyle und Honoré de Balzac. In: Wiener Geschichtsblätter 72 (2017), S. 109-123