Bürgerspital (Grundherrschaft)

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Grenzstein des Bürgerspitals mit dem Wappen des Bürgerspitals, das den Reichsapfel zeigt (Bürgerspitalswald Weidlingau, 1566)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Grundherrschaft
Datum von 1257 JL
Datum bis 1848
Benannt nach Bürgerspital
Prominente Personen
PageID 13258
GND
WikidataID
Objektbezug Grundherrschaft, Grundherrschaft (Wien), Herrschaft, Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 10.10.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Grenzstein_Bsp_1566.jpg
Bildunterschrift Grenzstein des Bürgerspitals mit dem Wappen des Bürgerspitals, das den Reichsapfel zeigt (Bürgerspitalswald Weidlingau, 1566)

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Das 1305 angelegte Grundbuch des Bürgerspitals ist das älteste Grundbuch für den Wiener Raum.

Entstehung

Das um die Mitte des 13. Jahrhunderts gegründete Wiener Bürgerspital erhielt durch Schenkungen und letztwillige Widmungen, aber auch durch gezielte Käufe beträchtlichen Haus- und Grundbesitz. Ein Teil davon stand unter seiner Grundherrschaft. Dies zeigt bereits das erste 1305 angelegte Grundbuch des Bürgerspitals, bei dem es sich um das älteste im Wiener Stadt- und Landesarchiv verwahrte Grundbuch überhaupt handelt. Die Mehrzahl der Besitzungen war über den gesamten städtischen Burgfrieden und auch das nähere und weitere Umland der Stadt verstreut, vereinzelt gab es aber auch schon im Mittelalter grundherrschaftliche Komplexe, wie etwa im Bereich Annagasse.

Die Dokumentation der Grundstücksgrenzen war sehr wichtig für die Durchsetzung der eigenen Besitzansprüche. Grenzsteine wurden nicht nur vor Ort aufgestellt, sondern häufig auch in Plänen vermerkt. Hier ein Grenzstein zwischen Gründen des Bürgerspitals und des Wiener Dominikanerklosters (Kürzel C.V.O.P. = Conventus Viennensis Ordinis Praedicatorum) in Nußdorf (1738).

Verwaltung

Die grundherrschaftliche Verwaltung des Bürgerspital hatte ihren Sitz zuerst im Bürgerspital vor dem Kärntnertor, nach 1529 im neuen Bürgerspital in der Stadt. Unter Leitung des Bürgerspitalmeisters verwaltete die Grundstube, der der Grundschreiber (ab den 1770er Jahren Grundbuchhandler) vorstand, den Besitz. Grundstückstransaktionen hatte der Spitalmeister gemeinsam mit den Superintendenten des Bürgerspitals abzuwickeln. Grundherrschaftliche Angelegenheiten, vor allem die Ausübung der Jurisdiktion über die Spitaluntertaninnen und -untertanen, wurden in regelmäßigen gemeinsamen Sitzungen der Superintendenten, des Spitalmeisters und des Spitalanwalts abgehandelt, die ab 1606 nachweisbar sind.

Superintendenten, Spitalmeister und andere Fuktionsträger trafen sich in regelmäßigen Sitzungen, um Angelegenheiten der Grundherrschaft und des Bürgerspitals zu besprechen (Protokoll vom 9. Mai 1776).

Besitzungen

Das Bürgerspital verfügte über zahlreiche grundherrschaftliche Besitzungen in der Stadt sowie den Vorstädten und Vororten und war damit einer der größten Grundherren in Wien und dem Umland. Von 1542 bis 1747 und neuerlich von 1784 bis 1806 besaß das Bürgerspital die Grundherrschaft über den Vorort Penzing. 1569 erwarb das Bürgerspital das Amt Nußdorf, das bis 1794 in seinem Besitz war. Von 1588 bis 1688 war das Bürgerspital Grundherr im Unteren und Oberen Werd, wodurch ihm auch von der seit 1625 dort ansässigen jüdischen Gemeinde Abgaben zuflossen. Von 1693 bis 1795 hatte das Bürgerspital auch die Grundherrschaft über den Spittelberg inne, von ca. 1730 bis ebenfalls 1795 zudem über Reinprechtsdorf. In den genannten Vorstädten und -orten stellte das Bürgerspital den größten Grundherrn und hatte daher auch die Dorfobrigkeit inne. Das Spital besaß zudem weitere grundherrschaftliche Besitzungen in anderen Vorstädten und -orten sowie in weiter entfernt gelegenen Gebieten des Landes unter der Enns. Die grundherrschaftliche Verwaltung vor Ort übte jeweils ein eigener Grund- oder Dorfrichter aus.

Im Verlauf der Frühen Neuzeit wurden die (unter anderem grundherrschaftlichen) Besitzungen verschiedener Institutionen bzw. Organisationen dem Bürgerspital inkorporiert: (Pilgramhaus 1539, Bruderschaft „Unserer Liebe Frau“ 1541, Nikolaikloster 1624, Spital St. Marx 1706). 1779 unterstanden dem Bürgerspital 5,4 % der Hausgründe innerhalb der Linien (Spittelberg, Landstraßer und Erdberger Gebiet). 1784 waren dem Bürgerspital insgesamt 425 Häuser im Wiener Raum untertänig (Spittelberg, Reinprechtsdorf, Wieden, Erdberg, Simmering, Breitensee, Hernals, Nußdorf, Heiligenstadt, Brunn am Gebirge). Im Zug der Veränderungen unter Joseph II. in den 1780er Jahren wurden die Besitzungen dem neugeschaffenen Bürgerspitalfonds einverleibt und ein Großteil davon bereits in den 1790er Jahren verkauft.

Wälder

Das Bürgerspital verfügte über Waldungen im Wiener Umfeld:

Grenzsteine und Grenzsteintypen

Mittels Grenzsteinen markierten die Grundherrschaften ihre Territorien. Bereits in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Weistümern und Banntaidingen werden das Setzen, Versetzen und der generelle Umgang mit Grenzzeichen eingehend thematisiert und Vergehen in Bezug auf diese Materie streng bestraft.

Privilegien und Monopole

Das Bürgerspital verfügte über das handelspolitisch bedeutsame Privileg zur alleinigen Vergabe von Konzessionen (Gewähren) für Leinwandhandlungen im Wiener Stadtgebiet. Es hielt seit 1432 das Monopol für Bierbrauerei und Bierausschank in der Innenstadt und im gesamten Bereich des Burgfrieds.

Quellen

Grundbücher

Allgemein:

Bürgerspital in der Leopoldstadt:

Bürgerspital auf der Landstraße:

Bürgerspital auf der Wieden:

Bürgerspital in Margareten

Bürgerspital am Alsergrund:

Bürgerspital in Simmering:

Bürgerspital in Penzing:

Bürgerspital in Rudolfsheim-Fünfhaus:

Bürgerspital in Hernals:

Bürgerspital in Döbling:

Bürgerspital in Floridsdorf und Donaustadt:

Patrimoniale Verrwaltung


Die Grundherrschaft in Karten


Speziell zu den Wäldern:

Literatur

  • Michael Altmann: Das Wiener Bürgerspital. Zur Erinnerung an die Eröffnung des neuen Bürger-Versorgungshauses in der Alservorstadt. Wien: Selbstverlage des Bürgerspitalamtes 1860, S. 10–13, 34–42
  • Joseph Holzinger: Hausgeschichte des Bürgerspitals zu Wien. Unveröffentlichtes Manuskript 1857–1860 [WStLA, Handschriften: A 240], Teil 2/1, Bogen 49 ff., 122 ff., 162 ff.; Teil 2/2, Bogen 20 ff., 91 f.
  • Thomas Just: Das patrimoniale Gericht des Wiener Bürgerspitals in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. In: Andrea Griesebner / Martin Scheutz / Andreas Weigl [Hg.], Justiz und Gerechtigkeit. Historische Beiträge (16.–19. Jahrhundert). Innsbruck [u. a.]: Studienverlag 2002 (Wiener Schriften zur Geschichte der Neuzeit, 1), S. 269–284
  • Richard Perger: Die Grundherren im mittelalterlichen Wien. Teil 2. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 21/22 (1965/1966), S. 120–183 (zum Bürgerspital 154 ff.)
  • Sarah Pichlkastner: Insassen, Personal und Organisationsform des Wiener Bürgerspitals in der Frühen Neuzeit. Eine Projektskizze. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 123 (2015), S. 117–132 (zur Grundherrschaft 128 ff.)
  • Sarah Pichlkastner: Eine Stadt in der Stadt. InsassInnen und Personal des frühneuzeitlichen Wiener Bürgerspitals – eine Studie anhand exemplarischer Untersuchungszeiträume. Wien 2020
  • Sarah Pichlkastner / Manuel Swatek: Fürsorge und Ökonomie. Das Wiener Bürgerspital um 1775. Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, Heft 97, Wien 2017
  • Walter Sauer: Grund-Herrschaft in Wien 1700–1848. Zur Struktur und Funktion intermediärer Gewalten in der Großstadt. Wien [u. a.]: J & V 1993 (Kommentar zu den Karten 4.3.2. und 4.3.3. des Historischen Atlas von Wien), S. 74 f.
  • Christoph Sonnlechner: Bürger und Wald. Überlegungen zur Nutzung von Wiener Bürgerspitalwäldern im Mittelalter. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 66 (2010), S. 223-255