Ausflüge

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Ausflüge (in die Umgebung Wiens). Im Mittelalter konnten die Bewohner nur jene Gegenden aufsuchen, die sie zu Fuß erreichen konnten; außerdem war der Mangel an Freizeit (lange Arbeitszeiten an den Wochentagen und vielfach auch an Teilen des Sonntags) für die breite Masse der Bevölkerung eine wesentliche Behinderung. Ziele waren daher überwiegend die unmittelbar vor der Ringmauer gelegenen Lucken, in denen sich buschenschankähnliche Lokale etablierten; allerdings gelangte man damals bereits in unmittelbarer Nähe der Stadt in ein welliges, von kleinen Dörfern durchsetztes Hügelland. Nach dem Bau der Basteien im 16. Jahrhundert wurde allmählich das die Festung umgebende Glacis zu einem beliebten Ziel für Spaziergänge; auch die Vorstädte wurden allmählich stärker aufgesucht. Als Joseph II. 1766 den Prater und 1775 den Augarten teilweise dem Publikum öffnete, strömte die Bevölkerung auch dorthin; die Bepflanzung des Glacis mit Alleen machte dieses für Spaziergeher attraktiver. Das Aufkommen von Verkehrsmitteln (Zeiselwagen [für das einfache Volk] sowie Fiaker und Landkutschen [für gehobenere Schichten], in der Biedermeierzeit auch Gesellschaftswagen und Stellwagen), machten Ausflüge auch in die Vororte möglich. Hatten sich ursprünglich nur Adelige in ihre (nach der Zweiten Türkenbelagerung in größerem Umfang errichtet) Sommerpalais begeben, brachten nun auch wohlhabendere Bürger ihre Familie den Sommer über zur "Sommerfrische" (ein im Biedermeier aufkommender Begriff) in die Vororte. Im 18. Jahrhundert wurden besonders Hietzing, Penzing, Hernals, Dornbach, Währing und Döbling gerne aufgesucht, in der Biedermeierzeit Hietzing, Lainz, Speising, Dornbach, Neuwaldegg, Pötzleinsdorf, Gersthof, Sievering, Grinzing und Döbling (die noch am Anfang des 20. Jahrhunderts regelmäßig "Sommerparteien" aufzuweisen hatten) oder auch weiter entfernt liegende ländliche Gebiete der Wiener Umgebung. "Landpartien" wurden große Mode und lockten alle jene, die genügend Zeit und Geld aufbringen konnten, ins Freie; in den Vororten entstanden Vergnügungslokale und Kasinos, die stark frequentiert waren, aber auch Badeorte, in denen Heilkuren absolviert werden konnten (Heiligenstadt, Rodaun, Baden, Vöslau). Nach und nach wurde der Wienerwald erschlossen und verlockte die Wiener zu Ausflügen in die Umgebungen von Mauer, Kalksburg, Perchtoldsdorf, Mödling (Vorder- und Hinterbrühl) und Baden (Helenental) im Süden sowie Purkersdorf im Westen; besonders der Südwesten Wiens wurde zum bevorzugten Wander- und Ausflugsziel, weshalb hier auch zahlreiche gut frequentierte Einkehrwirtshäuser mit großen Gastgärten entstanden. Wohlhabendere Bürger begannen in den Vororten mit dem Bau von Landhäusern. Ab Anfang des 19. Jahrhunderts mehren sich die "Reiseführer" in die Umgebung Wiens (beispielsweise Anton Doll 1805, Johann Pezzl 1807, F. C. Weidmann 1823, J. G. Seidl 1826 und Adolph Schmidl 1835). 1834 verkehrten Stell- und Gesellschaftswagen regelmäßig und zu fixen Preisen von Wien zu 88 Zielorten der näheren und weiteren Umgebung, wogegen Postkutschen zu entfernteren Zielen fuhren. Kirchliche Feiertage und Familienfesttage waren im allgemeinen Anlass zu Ausflügen in die Umgebung. Der Bau der Eisenbahn, insbesondere der Südbahnstrecke (1854 wurde auch die Semmeringbahn dem Verkehr übergeben), verbilligte Ausflüge in diese Gegenden beträchtlich und ermöglichte es darüber hinaus, größere Strecken an einem Tag zu bewältigen, sodass in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auch häufiger Ziele im Rax-Schneeberg- und Semmeringgebiet aufgesucht wurden (Alpinismus [Bergsteigen]). Eine Verbesserung für den südlichen Wienerwald brachte der Bau der Dampftramway (1883 bis Perchtoldsdorf, 1887 bis Mödling) samt der elektrischen Bahn Mödling-Hinterbrühl (1883). Endgültig wurde das Tor zum Wienerwald durch die Inbetriebnahme der (dampfbetriebenen) Stadtbahn geöffnet (1898); es gab direkte Züge nach Purkersdorf, Rekawinkel, Neulengbach und St. Andrä-Wördern. In den 1920er Jahren setzte ein gewaltiger Zustrom von Menschen ein, der von den Eisenbahnen kaum bewältigt werden konnte; Ziele waren neben dem Wienerwald und dem Rax-Schneeberg-Semmering-Gebiet vor allem der Hochschwab und das Gesäuse.

Literatur

  • Erwin Benesch: Wandern und Bergsteigen (Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken 1970)
  • Felix Czeike: Kleine Geschichte der Sommerwohnungen und Landaufenthalte, in: Wiener Monatshefte 7/1965, S. 26 ff.
  • Felix Czeike: Sommerfrischen des Biedermeiers. In: Ilse Ellmerich [Hg.]: Das Buch vom Wienerwald. Wien [u.a.]: Forum-Verlag 1967, S. 195 ff.
  • Felix Czeike: Reisen und Wandern in der Biedermeierzeit. In: Lotte Frauendienst [Hg.]: Das Buch von Niederösterreich. Wien: Forum-Verlag 1970, S. 244 ff.
  • Felix Czeike: Landpartien und Sommeraufenthalte. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 43 (1988), S. 150 ff.