Atzgersdorf (Ort)

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Atzgersdorf (1950)
Daten zum Objekt
Art des Objekts Ort
Datum von
Datum bis
Name seit 1120
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung Azichinstorf, Aziehinstorf
Benannt nach
Bezirk 23
Prominente Bewohner
Besondere Bauwerke
PageID 27837
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 9.01.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Atzgersdorf.jpg
Bildunterschrift Atzgersdorf (1950)

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48° 8' 45.46" N, 16° 17' 45.42" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Atzgersdorf (23.), ein Gassengruppendorf, das am 15. Oktober 1938 nach Wien eingemeindet wurde (Teil des 25. Bezirks Liesing, seit 1946/1954 [1. September 1954] Teil des 23. Bezirks Liesing, Katastralgemeinde).

Atzgersdorf wird 1120/1130 (nach Heide Dienst um 1120) erstmals urkundlich als Azichinstorf oder Aziehinstorf (Ableitung vom Eigennamen Atzichi in Verbindung mit -dorf) erwähnt[1]; die nächste Nennung fällt in das Jahr 1259 (Ezgenisdorf)[2]. Um 1390 wird die Herrschaft (Besitz des Hans von Liechtenstein) vom Landesfürsten konfisziert und ist seither landesfürstliches Lehen. Die Atzgersdorfer Kirche wird an der Wende des 13. zum 14. Jahrhundert gegründet. Das älteste Zentrum des Dorfs liegt um den Kirchenplatz, weist jedoch mit seiner Siedlungsform ins neunte Jahrhundert zurück. An der Breitenfurter Straße (einst Liesinger Weg genannt) lag eine verbaute angerförmige Ortserweiterung des Spätmittelalters. Die ersten sicheren Nachrichten bezeichnen Atzgersdorf als landesfürstliches Lehen, das 1411 gemeinsam mit Lainz, Speising und Liesing von Herzog Albrecht V. an die Brüder Peter und Alexius Gradner verliehen wurde und 1527 an Ladislaus von Ratmanstorf kam. 1529 wurde Atzgersdorf von den Türken verwüstet.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts breitete sich der Protestantismus aus, unter Rudolf II. setzte die Gegenreformation ein. 1622 war Atzgersdorf im Besitz von Anna Maria Gräfin Saurau (geboren Freiin von Ratmanstorf), 1637 kam es an ihren Sohn Christoph Alban Graf Saurau, doch wurden diesem seine Güter wegen verschiedener mit einer Geldstrafe gesühnter Exzesse entzogen; mit der Einziehung durch die Hofkammer (1637/1647) war auch die Gegenreformation erfolgreich abgeschlossen. Ferdinand III. verkaufte das Gut Atzgersdorf (gemeinsam mit Lainz, Speising und Unterliesing) am 12. August 1652 um 6.000 Gulden an seinen Hofkanzler Johann Mathias Prückelmayr Freiherr von Goldegg (Aufhebung der Lehenschaft), der es (im Zuge der Gegenreformation) seinerseits den Jesuiten für das Konvikt St. Barbara in Wien überließ (Stiftsbrief 24. März 1657; nach Aufhebung des Ordens 1774 Goldeggische Stiftung). 1683 neuerlich von den Türken schwer in Mitleidenschaft gezogen, kam Atzgersdorf 1775 durch Kauf an den Besitzer des benachbarten Gutes Erlaa, Georg Adam Fürst Starhemberg, womit auch der Herrschaftssitz nach Erlaa verlegt wurde.

Bemerkenswerter Besitzer in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Ludwig Fürst Starhemberg (Erbe vom Vater 1813), Ignaz Markus Leidesdorfer Edler von Neuwall (Kauf 1818) und Rudolf (1826) beziehungsweise Ludwig Graf Taaffe (1828); zur selben Zeit wurde Atzgersdorf stark industrialisiert, wobei vor allem die mittelalterlichen Mühlen in (Wasserkraft verwendende) Fabriken umgewandelt wurden; bis 1848 blieb Atzgersdorf mit Erlaa verbunden.

1831/1832 brach eine Choleraepidemie aus. Am 25. Juni 1850 wurde Atzgersdorf als freie Gemeinde konstituiert. In den 1860er Jahren nahm der Ort eine rasante Entwicklung. In den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts kam es auch zu einem Aufblühen des Vereinswesens (beispielsweise 1880 Atzgersdorfer Männergesang-Verein). 1905 wurde die Vereinigung von Atzgersdorf, Erlaa und Liesing erwogen, ebenso 1929 (beide Male erfolglos). Eine Typhusepidemie (1913) führte zum Anschluss an die Wiener Hochquellenwasserleitung (1914-1932; danach Anschluss an die Triestingtaler Wasserleitung). Am 1. Juli 1937 kam ein Teil von Atzgersdorf (neun Prozent der Gemeindefläche) zwecks Erweiterung des dortigen Südwestfriedhofs an Meidling (Stadtverfassung-Gesellschaft von 16. Dezember 1936). Seit 1988 wird ein „Atzgersdorfer Oktoberfest" veranstaltet.

Häuser

  • 1590: 91
  • 1612: 88
  • 1679: 80
  • 1683: 60
  • 1713: 66
  • 1751: 90
  • 1772: 95
  • 1784: 100
  • 1787: 101
  • 1790: 104
  • 1794: 108
  • 1795: 106
  • 1800: 110
  • 1810: 118
  • 1823: 117
  • 1827: 123
  • 1830: 118
  • 1840: 132
  • 1850: 143
  • 1857: 146
  • 1869: 242
  • 1880: 298
  • 1890: 320
  • 1900: 387
  • 1910: 440
  • 1923: 464
  • 1934: 781
  • 1951: 801
  • 1971: 1.041
  • 1981: 1.719
  • 1991: 2.023
  • 2001: 2.188

Einwohner

  • 1612: 164 (Kommunikanten)
  • 1653: 341 (Kommunikanten)
  • 1772: 760
  • 1783: 715
  • 1786: 695
  • 1790: 900
  • 1800: 1.000
  • 1810: 1.428
  • 1827: 1.722
  • 1830: 1.899
  • 1840: 1.900
  • 1846: 1.650?
  • 1850: 2.145
  • 1857: 2.125
  • 1869: 3.628
  • 1880: 4.687
  • 1890: 5.813
  • 1900: 8.008
  • 1910: 10.398
  • 1920: 9.421
  • 1923: 8.765
  • 1934: 8.725
  • 1939: 8.531
  • 1951: 7.738 +
  • 1961: 7.740
  • 1971: 13.024
  • 1981: 14.899
  • 1991: 15.393
  • 2001: 15.625

+ Ab 1951 Summe der Zählbezirke Atzgersdorf, Industriegebiet Breitenfurter Straße, Atzgersdorf-West.

Ortsrichter

  • Joseph Carlberger (1831-1850).

Bürgermeister

  • Joseph Carlberger, Kaufmann (1850-1864; Carlbergergasse)
  • Anton Bayer (1864-1867)
  • Johann Fichtner, Fabrikant (1867-1868)
  • Ferdinand Bausback (1868-1873)
  • Anton Heger (1873-1875)
  • Carl Meisgeyer (1875-1894; Meisgeyergasse)
  • Josef Watzger, Kaufmann (ab 1894)

Quellen

Literatur

  • Ferdinand Opll: Liesing. Geschichte des 23. Wiener Gemeindebezirkes und seiner alten Orte. Wien: Jugend & Volk 1982 (Wiener Heimatkunde, 23), S. 15 ff. (Herrschaftsinhaber: S. 15 f.), S. 83 ff
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2), S. 28
  • Ferdinand Opll: XXIII. Liesing. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 23), S. 54
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971, S. 126
  • Gebiets- und Namensänderungen der Stadtgemeinden Österreichs seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Hg. von Wilhelm Rausch. Bearb. durch Hermann Rafetseder. Linz: Landesverlag 1989 (Forschungen zur Geschichte der Städte und Märkte Österreichs, 2), S. 313 f.
  • Topographie von Niederösterreich. Band 2. Wien: Verlag des Vereines für Landeskunde von Niederösterreich 1877-1929, S. 98 f.
  • Heinrich Weigl: Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich. Band 1. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien 1964, S. 82
  • Band 1 (Naturverhältnisse, Gebiet, Bevölkerung, Gesundheits- und Wohlfahrtswesen) 1956 (Statistische Mitteilungen der Stadt Wien, Jg. 1956, Sonderh. 1), S. 61
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, Register
  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Band 1: Einleitung, Abkürzungsverzeichnisse, Ortsnamen A bis E. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1989 (Historisches Ortsnamenbuch von Niederösterreich, Reihe B), S. 200 f.
  • Mayer von Rosenau: Geschichte Atzgersdorfs (1898; Ortsrichter und Bürgermeister [1545-1898], Pfarrer [1345-1898]: S. 21 ff.)
  • Primo Calvi: Darstellung des politischen Bezirkes Hietzing Umgebung. Durch umfassende Beschreibung aller Dörfer, Ortschaften, Kirchen, Schulen, Schlösser, Anstalten und bemerkenswerten Objecte. Wien: Selbstverlag 1901, S. 83 ff.

Bevölkerungsgeschichte

Referenzen

  1. FRA (Fontes rerum Austriacarum) II/4, Nummer 251
  2. FRA (Fontes rerum Austriacarum) II/11, Seite 145