Asozialenkommission

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Daten zur Organisation
Art der Organisation NS-Institution
Datum von Jänner 1970
Datum bis 1945
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 63567
GND
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Die sogenannte "Asozialenkommision" in Wien war die erste ihrer Art und stellt neben den ihr unter anderem im Gau "Niederdonau" folgenden eine österreichische Besonderheit in der staatlichen Verfolgung von "Asozialen" im Nationalsozialismus dar. Gebildet wurde diese Kommission vom Gesundheitsamt, dem Wohlfahrtsamt, dem Arbeitsamt, der Gestapo und der Kriminalpolizei. Ihre Einrichtung ging wesentlich auf das Engagement des Rassenpolitischen Amtes der NSDAP zurück. Die hauptsächliche Aufgabe der Kommission bestand in der Verständigung der einzelnen Stellen über die Einweisung von als "asozial" klassifizierten Menschen in geschlossene Lager.

Einrichtung und Ziele der Kommission

Die "Asozialenkommision" etablierte sich in Wien nach Vorarbeiten im Dezember 1940 im Jahre 1941. In ihrer Arbeit wurde die von der NS-Führung vielbeschworene Einheit von Partei und Staat in hohem Maße verwirklicht. Sie nahm mit einer ersten Sitzung am 27. Jänner 1941 offiziell ihre Arbeit auf und richtete sich in der Bewertung, wann Personen als "asozial" ("gemeinschaftsfremd") zu bezeichnen und aus der "Volksgemeinschaft" "auszuscheiden" seien, im Wesentlichen nach den Bestimmungen des "Richtlinien für die Beurteilung der Erbgesundheit" von 1940. Ziel war die Bündelung von Verfolgungsmaßnahmen. Treibende Kraft für das Zustandekommen der Kommission war der seit dem 7. August 1940 amtierende Gauleiter von Wien Baldur von Schirach. Den Aktionen sollte durch die Berufung auf Gesetze und Verordnungen der Schein der Legalität verliehen werden. "Asozialität" wurde dabei nicht als Phänomen von Individuen, sondern als solches ganzer Familien beschrieben.

Entwicklung der Kommissionstätigkeit

Anfangs entschied die Kommission ausschließlich über Männer. Von Anfang an war neben der administrativen Erfassung der "Asozialen" auch deren Zwangsarbeit in geschlossenen Lagern vorgesehen. Der Erfassung folgte die politische und persönliche Begutachtung der Betroffenen durch den Leiter der Ortsgruppe. Durch diesen erfolgte ein Antrag über den zuständigen Kreisleiter beim Gaugeschäftsführer, in welchem die Internierung in einem Arbeitslager empfohlen wurde. Letzterer holte bei der Kriminalpolizei, beim Hauptgesundheits- und Sozialamt des Reichsgaues Wien und beim Arbeitsamt Vormerkungen zur jeweiligen Person ein. Diesem folgte die Empfehlung der Einweisung der Personen in ein Arbeitslager durch einen Ausschuss, dem unter anderem der Gaugeschäftsführer angehörte, der Einweisungsantrag, Aushändigung des Bescheids auf Einweisung an den/die Asoziale/n. Schließlich überstellte man diese mit Hilfe der Polizei in die entsprechenden Arbeitslager.

Von Beginn an stellte sich das Problem fehlender Unterbringungsmöglichkeiten. Anfangs wurden die Personen mehrheitlich in das "Arbeitserziehungslager" Oberlanzendorf eingewiesen. Wie die Beschlüsse genau zustande kamen, ist nicht rekonstruierbar. Man orientierte sich dabei ausschließlich an schriftlichen Vorgaben. Im Jahr 1941 kam es bereits zu 779 Anträgen auf Einweisung, die meisten kamen von den Kreisleitungen der Partei. Der Schwerpunkt lag zunächst noch bei der Verfolgung von Männern. Davon wurden lediglich 46% mit einer Einweisung beschieden. Daher forderte Heinrich Laube eine raschere und effizientere Umsetzung der Vorgaben. Anfangs hatte die Sollzahl für die "Festsetzung" von "Asozialen" bei 500 Personen für Ende 1940 gelegen.

Veränderte Schwerpunktsetzung

Seit Mitte Oktober 1941 beschäftigte sich das Rassenpolitisches Amt der NSDAP speziell mit als "asozial" eingestuften Frauen. Für diese waren insbesondere die Arbeitsanstalt Klosterneuburg und die Arbeitsanstalt am Steinhof vorgesehen. Die entsprechende "Regelung des Einweisungsvorganges in die Arbeitsanstalten Klosterneuburg und "Am Steinhof" befasste sich auch mit der Folgeeinweisung junger Frauen in Konzentrationslager.

Im Herbst 1942 wechselten die Agenden der "Asozialen-Frage" vom Gaugeschäftsführer Laube ins Rassenpolitische Amt unter Hermann Vellguth, der sich bemühte, die Verfahren zu beschleunigen. Der Fokus der Kommissionsarbeit verschob sich gänzlich auf Frauen. Wien wurde zum Vorbild in der "Asozialen"-Verfolgung. Unter dem neuen Leiter der Kommission Ernst Illing wurden ab Frühjahr 1943 insbesondere die Maßnahmen gegen Jugendliche verschärft und beschleunigt. Das Problem des Platzmangels blieb weiterhin virulent. Neben den "Arbeitsanstalten" in Klosterneuburg und Am Steinhof und dem Standort Oberlanzendorf wurde 1944 noch über eine weitere "Arbeitsanstalt" für "asoziale" Frauen in Klausen-Leopoldsdorf beraten, deren Zustandekommen allerdings ungewiss bleibt.

Literatur

  • Helga Amesberger/Brigitte Halbmayr/Elke Rajal: "Arbeitsscheu und moralisch verkommen". Verfolgung von Frauen als "Asoziale" im Nationalsozialismus. Wien/Berlin: mandelbaum 2019.