Arkadenkino

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Frontansicht der Arkaden-Lichtspiele (1940)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1911
Datum bis 1970
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 57912
GND
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Bildname Arkadenkino 1.jpg
Bildunterschrift Frontansicht der Arkaden-Lichtspiele (1940)
  • 8., Alser Straße 23
  • Arkaden Lichtspiele / Arkaden Kino (1911, bis: 1970)

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48° 12' 53.41" N, 16° 21' 2.13" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Frontansicht des Arkaden-Kinos (Ausschnitt, 1957)
Plan des Arkaden-Kinos (1928)
Seitenansicht des Arkaden-Kinos (Ausschnitt, 1957)
Plan des Arkaden-Kinos (1957)
Ansuchen um Spielverlängerung aufgrund eines Vortrags von Friedrich Porges (1928)
Aktenvermerk des kommissarischen Leiters der Wiener Kinos Dr. Peter Zimmer betreffend die durchgeführte Arisierung des Kinos (1939)
Plan des Arkaden-Kinos (1957)

Standort und Gründung

An der Adresse (8., Alser Straße 23), an der sich später das Kino befand, war ab 1663 ein Haus "für die Findel- und unerzogene Hausarmenkinderwaisen" gestanden, das während der Türkenbelagerung 1683 zerstört wurde. 1788 wurde an dieser Adresse das wesentlich größere "Findelhaus" durch Kaiser Joseph II. eröffnet, der auch die Patenschaft für das erste uneheliche Kind, das hier zur Welt kam, übernahm. Mit den Jahren wuchs der Bedarf derart, dass 1910 das neue "Niederösterreichisches Landeszentral-Kinderheim" in einem neuen Gebäude in 18., Bastiengasse 36−38 eröffnet wurde.

Das alte Haus in der Alser Straße wurde veräußert, der Grund parzelliert; auf dem Areal des alten Findelhauses stehen heute die Häuser Alser Sraße Nr. 21 und Nr. 23 sowie Lange Gasse Nr. 61−68.

Das Arkaden Kino, später auch: Arkaden Lichtspiele, wurde hier 1911 von Marie Heimrath gegründet. 1914 bis 1920 lag die Lizenz beim Wiener Cafetier August Reichert.

Das Kino, das sich in einem schmalen Saal befand, hatte vorerst Platz für 320 Personen. Reichert ließ 1918 Logen einbauen, um die Attraktivität seines Betriebes zu erhöhen, sodass sich die Kapazität auf circa 300 Plätze reduzierte. 1920 übernahm der Privatier Otto Sattel das Kino, das er bis zu seinem Tod 1923 führte. Danach übernahm seine Witwe, Olga Sattel (geb. Pick) die Lizenz. Olga Sattel hatte zuvor von 1916 bis 1920 das "Maxim Bio" im 2. Bezirk geführt. Die Kinopionierin wurde am 7. Dezember 1878 in Wien als Tochter von Ignaz Pick und dessen Frau Emilie (geb. Spitzer) geboren und war dort auch in das Geburtsbuch der Israelitischen Kultusgemeinde eingetragen. 1911 heiratete sie "laut Eintragung im Trauungsbuch des israelitischen Kultusgemeinde Wien" Otto Sattel.

Ab 1930 wurden auch in diesem Kino Tonfilme gespielt.

1934 fasste der Zuschauerraum 304 Personen.

"Arisierung" und Ermordung der Kinobetreiberin

Das Arkaden Kino befand sich bis zum "Anschluss" im März 1938 im Besitz von Olga Sattel. Noch 1938 wurde es von Franz Pfister (geb. 1895), "arisiert". So findet sich ein Schreiben der Vermögensverkehrsstelle von 14. Dezember 1938 an Pfister mit dem Betreff "Entjudung der Filmtheater und Ihre Bewerbung", in dem diesem in Erledigung seines Ansuchens das Kino „zum Ankauf zugewiesen“ wurde. Pfister ließ die Firma laut Handelsregisterauszug im Jahre 1941 protokollieren und war bis Kriegsende Besitzer und Betreiber des nunmehr "ostmärkischen Kinos".

Am 5. Juni 1942 wurde Olga Sattel in das Ghetto Izbica in Polen deportiert. Sie "ist nicht mehr zurückgekommen und wurde die Todeserklärung vom Landesgericht Wien ausgesprochen", hielt ihr Sohn Harry in einem Schreiben seines Anwaltes Dr. Ludwig Margreiter kurz nach Kriegsende lapidar fest. Harry Sattel selbst befand sich 1946 „im Verbande der Streitkräfte der U.S.A. in Frankfurt“, wo die Todeserklärung seiner Mutter auf seinen Antrag hin offiziell ausgesprochen wurde.

Rückstellung

Franz Pfister war, wie aus einem Schreiben des ehemaligen Vizebürgermeisters von St. Pölten, Viktor Müllner, von 21. Mai 1945 hervorgeht, Bezirksleiter der NSDAP gewesen und hatte wesentlichen Anteil daran, dass Müllner für 4,5 Jahre in das Konzentrationslager Dachau verbracht worden war, aus dem dieser 1942 wieder entlassen wurde. Viktor Müllner beantragte im Frühjahr 1945 die Übergabe der kommissarischen Leitung an seine Person, was auch vorerst vom damaligen Kulturstadtrat Viktor Matejka und dem Referenten des Referats Film, Leobold Eichberger, im August 1945 bewilligt wurde. Doch wurde von der amerikanischen Property Control kurz darauf Maria Ullmann als neue Verwalterin eingesetzt, die diese Funktion bis 1947 innehatte und nach eigenen Ausführungen diese Funktion schon vor 1938 ausgeführt hatte.

Harry H. Sattel, Sohn und Erbe von Olga Sattel, der zu diesem Zeitpunkt bereits amerikanischer Staatsbürger war, machte seinerseits Wiedergutmachungsansprüche geltend. Im Oktober 1947 suchte er darum an, Ullmann abzuberufen und ihn selbst als alleinigen Erben seiner durch das NS-Regime ermordeten Mutter zum neuen Verwalter zu machen. Sattel blieb noch bis Ende 1947 in Wien, ging jedoch dann zurück in die USA und bestellte seinerseits Karl Riha als sein direkter Vertreter zum Geschäftsführer des Kinos. Daraufhin wurde vonseiten der Bundesverwaltung die Auszahlung von Sattels Beträgen als "Verwalter" gestoppt und empfohlen, Riha auch als neuen öffentlichen Verwalter einzusetzen, da die Rückstellung zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen war. Im Dezember 1948 wurde dem Antrag Sattels um Rückstellung des Kinos stattgegeben. Aus einem Aktenvermerk von 16. August 1951 geht hervor, dass sich Sattel zu diesem Zeitpunkt noch in den USA befand, um "dort seine privaten Angelegenheiten [zu] regeln", und danach nach Wien kommen wollte.

Pfister war nach der Befreiung im Lager Glasenbach bei Salzburg angehalten worden und wurde danach dem Landesgericht Wien überstellt, wo er 1947 noch in Haft gesessen haben muss. Seine Wohnung wurde neuen Mietern übergeben. Im Oktober 1947 wurde er aus der Haft entlassen und ging "zur Erholung" nach Oberösterreich, wie aus einem Aktenvermerk von 28. Oktober 1947 hervorgeht. Pfisters Frau Anna beantragte währenddessen die Auszahlung eines Unterhaltes für sie, ihren Mann und das gemeinsame Kind aus den Erträgen des von ihrem Mann einst "arisierten" Kinos. In einem Schreiben Harry Sattels sprach dieser davon, dass das Ansuchen angesichts der Enteignung und Ermordung seiner Mutter ihm ebenso "phantastisch" wie "unglaubwürdig" erscheine. Doch dem Einspruch des NS-Überlebenden wurde nicht stattgegeben und Sattel zu Unterhaltszahlungen an den einstigen "Ariseur" verpflichtet, woraufhin Sattel wiederum Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof einlegte und Pfister seinerseits auf Exekution der bisher "ihm zustehenden" Gelder pochte.

Die letzten Jahre

Das Arkaden Kino bestand bis in das Jahr 1970.

An der Adresse befindet sich heute eine Filiale der "Erste Bank" sowie eine "Billa"-Filiale.

Fassungsraum

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Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 231

Weblinks