Alice Schalek

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Alice Schalek, 1934
Daten zur Person
Personenname Schalek, Alice
Abweichende Namensform Michaely, Paul
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 3383
GND 120729466
Wikidata Q2646947
Geburtsdatum 21. August 1874
Geburtsort Wien
Sterbedatum 6. November 1956
Sterbeort New York
Beruf Journalistin, Schriftstellerin, Kriegsberichterstatterin, Weltreisende, Fotografin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 29.12.2023 durch WIEN1.lanm09pra
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Alice Schalek.jpg
Bildunterschrift Alice Schalek, 1934
  • 1., Schottenring 15 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Goldenes Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille (Übernahme: 1917)
  • Bronzene Salvatormedaille der Stadt Wien


Alice Schalek mit dem Goldenen Verdienstkreuz mit Krone am Band der Tapferkeitsmedaille, 1917
Alice Schalek (1. v. l.) im Büro der Hilfsaktion "Schwarz-gelbes Kreuz", 1914

Alice Schalek, * 21. August 1874 Wien, † 6. November 1956 New York, Journalistin, Schriftstellerin, Kriegsberichterstatterin, Weltreisende, Fotografin.

Biografie

Herkunft und Werden

Alice Schalek war die Tochter von Heinrich Schalek, Kaufmann und Inhaber einer "Annoncen-Expedition", und seiner Ehefrau Clara, geborene Ettinger.

Aus einer bürgerlichen jüdischen Familie stammend, konvertierte Alice Schalek 1904 zum Protestantismus. Sie besuchte das Lyzeum des Wiener Frauenerwerbvereins, interessierte sich für Fremdsprachen und war sportlich sehr aktiv. Die spätere Kriegsreporterin war eine begeisterte Bergsteigerin und bis 1921, als sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung ausgeschlossen wurde, Mitglied der Alpenvereinssektion "Austria".

Unter dem Pseudonym "Paul Michaely" veröffentlichte sie 1902 und 1905 ihre ersten Romane. Ab 1903 bis 1935 arbeitete sie als Journalistin für die "Neue Freie Presse". Daneben schrieb sie unter anderem auch für die "Arbeiter-Zeitung", die "Münchener Neuesten Nachrichten", die "Berliner Illustrierte Zeitung" und verschiedene Journale.

Ab 1905 unternahm Alice Schalek zahlreiche ausgedehnte Reisen, die sie nach Afrika, in den Nahen Osten, Indien, Südostasien, Japan, Australien, Süd- und Nordamerika führten. Fotos und Berichte darüber veröffentlichte sie in der "Neuen Freien Presse" und in Form von Reisebeschreibungen. Zudem hielt sie zahlreiche Vorträge über ihre Reisen, beispielsweise an der Urania, wo sie die erste weibliche Vortragende war, oder im Wiener Konzerthaus.

Erster Weltkrieg

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs gründete sie mit Siegfried Löwy das "Schwarz-gelbe Kreuz", eine Wohltätigkeitsorganisation für die Finanzierung öffentlicher Ausspeisungen in Wien. Auf ihr Bestreben hin gelang es Alice Schalek, für das Kriegspressequartier (KPQ) tätig zu sein und damit in eine weitere Männerdomäne einzudringen. Neben der ungarischen Journalistin Margit Vészi war sie die zweite weibliche Kriegsberichterstatterin und ab 1915 an der Tiroler Gebirgsfront, in Serbien, im Isonzogebiet und in Galizien im Einsatz.

Ihre den Krieg romantisierende und trivialisierende Berichterstattung brachte Alice Schalek massiv Kritik von Karl Kraus ein, der sie in der "Fackel" als "eines der ärgsten Kriegsgreuel" bezeichnete und sie auch in seinem Drama "Die letzten Tage der Menschheit" als negativen Typus des sensationsgierigen Kriegsberichterstatters verewigte. Kraus reagierte wohl auch deswegen so stark auf Schalek, weil sie sein (durchaus zeittypisches) Frauenideal unterlief. Problematisch ist unter anderem, dass ihr Name bis heute vor allem mit dieser Darstellung assoziiert wird und die historische Alice Schalek in all ihren Facetten hinter der Figur in "Die letzten Tage der Menschheit" unsichtbar blieb. Ihr Bruder Norbert Schalek, ein Oberleutnant, forderte Kraus aufgrund seiner Angriffe zum Duell, das dieser jedoch mit Verweis auf seinen Rechtsanwalt ablehnte. Alice Schalek erhob in Folge – wie auch ihr Kollege Hans Müller – eine Beleidigungsklage gegen Kraus, die sie 1917 aber zurückzog. Kraus' Kritik, Proteste seitens christlich-sozialer Politiker im Reichsrat und verschiedene Medienstimmen führten dazu, dass Alice Schalek 1917 ihre Akkreditierung als Kriegsberichterstatterin verlor. Die öffentlich ausgetragenen Debatten um ihre Qualifikation und die Art ihrer Kriegsberichterstattung waren auch von antisemitischen und frauenfeindlichen Tönen geprägt.

Zwischenkriegszeit und Exil

In der Zwischenkriegszeit wandte sie sich in ihrer journalistischen Tätigkeit (wieder) verstärkt den Lebensumständen von Frauen zu, insbesondere von berufstätigen Frauen in den von ihr besuchten Ländern. Sie setzte sich für Frauenrechte ein und berichtete beispielsweise über die Frauenbewegung in Japan oder die "All India Women's Conference".

Alice Schalek war Vorstandsmitglied im österreichischen Zweig der "Internationalen Vereinigung berufstätiger Frauen" und ab 1906 Vorstandsmitglied im "Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen Wien". 1924 wurde sie als erstes weibliches Mitglied in den Presseclub "Concordia" aufgenommen.

Als Jüdin im Sinne der "Nürnberger Gesetze" war sie der Verfolgung durch die Nationalsozialisten ausgesetzt. Im März 1939 erhob man gegen sie den "Verdacht der Greuelpropaganda" gegen das Regime und Alice Schalek wurde inhaftiert. Vermutlich aufgrund guter Kontakte gelang es ihr, eine kurzzeitige Enthaftung zu erreichen, die sie im August 1939 zur Flucht nutzte. Über die Schweiz und Großbritannien emigrierte sie in die USA, wo sie bis zu ihrem Tod lebte.

Zahlreiche von Alice Schalek angefertigte Fotografien befinden sich im Bildarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek. Die Wienbibliothek im Rathaus besitzt umfassende Personenmappen zu Alice Schalek (Tagblattarchiv), Vortragsankündigungen (Plakatsammlung) sowie vereinzelte Briefe und Dokumente von bzw. über die umstrittene Journalistin, unter anderem im Teilnachlass von Karl Kraus (Handschriftensammlung).

Quelle

Werke (Auswahl)

  • Paul Michaely (Alice Schalek): Wann wird es tagen. Ein Wiener Roman. 2 Bde. Wien: C. Konegen 1902
  • Paul Michaely (Alice Schalek): Das Fräulein. Novellen. Wien: Wiener Verlag 1905
  • Alice Schalek: Japan. Das Land des Nebeneinander. Breslau: F. Hirt 1925
  • Alice Schalek: An den Höfen der Maharadschas. Zürich: Orell Füssli Verlag 1929

Literatur

  • Ralf Pasch: Die Schaleks – eine mitteleuropäische Familie. Fünf Biografien erzählen hundert Jahre Geschichte. Wanderausstellung und Kurzfilm. Wien / München / Bamberg u. a. 2018ff.
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Wien / Köln / Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 2848–2850
  • Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938). Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2015, S. 341–344
  • Roswita Reiter: "Die Schalek". Österreichs 1. Kriegsreporterin. Gedenkjahr 2014. Regau: Miramonte 2014
  • Lutz Musner: Dem Krieg eine gefällige Form geben. Alice Schalek an der Isonzofront. In: Alfred Pfoster / Andreas Weigl [Hg.]: Im Epizentrum des Zusammenbruchs. Wien im Ersten Weltkrieg. Wien: Metroverlag 2013, S. 522–531
  • Elisabeth Klaus / Ulla Wischermann: Journalistinnen. Eine Geschichte in Biographien und Texten 1848–1990. Wien: Lit-Verlag 2013, S. 171–180
  • Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 188 f.
  • Elke Krasny u. a. [Hg.]: Von Samoa zum Isonzo – Die Fotografin und Reisejournalistin Alice Schalek. Eine Ausstellung des Jüdischen Museums der Stadt Wien, 9. November 1999 bis 30. Jänner 2000. Wien: Jüdisches Museum Wien 1999
  • Friedrich Stadler [Hg.]: Vertriebene Vernunft. Emigration und Exil österreichischer Wissenschaft 1930–1940. Band 1. Wien: Jugend & Volk 1988, S. 1080
  • Harry Zohn: "...ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur...". Jüdisches Erbe in der österreichischen Literatur. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1986
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982
  • Harry Zohn: Österreichische Juden in der Literatur. Ein bio-bibliographisches Lexikon. Tel Aviv: Olamenu 1969
  • Frauen in Bewegung: 1848–1938: Alice Schalek [Stand: 03.01.2018]
  • Österreichisches Staatsarchiv: 100 Jahre erster Weltkrieg. Frau im Krieg: Alice Schalek [Stand: 03.01.2018]
  • Transdifferenz: Alice Schalek [Stand: 03.01.2018]

Weblinks