Alexander Josef Kolowrat-Krakowsky

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Alexander Josef Kolowrat-Krakowsky
Daten zur Person
Personenname Kolowrat-Krakowsky, Alexander Josef
Abweichende Namensform Kolowrat-Krakowsky, Sascha
Titel Graf
Geschlecht männlich
PageID 13773
GND 119159295
Wikidata Q78909
Geburtsdatum 29. Jänner 1886
Geburtsort Glendale, New York (USA)
Sterbedatum 4. Dezember 1927
Sterbeort Wien
Beruf Filmpionier
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 18.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Alexanderjosefkolowratkrakowsky.jpg
Bildunterschrift Alexander Josef Kolowrat-Krakowsky
  • 9., Mariannengasse 20 (Sterbeadresse)
  • 19., Sieveringer Straße 135 (Wirkungsadresse)
  • 4., Rainergasse 22 (Letzte Wohnadresse)
  • 4., Wohllebengasse 7 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Kolowrat-Krakowsky Alexander (Sascha) Josef Graf, * 29. Jänner 1886 Glendale, New York (USA), † 4. Dezember 1927 Wien 9., Mariannengasse 20 (Sanatorium Loew), Filmpionier. Eltern Graf Leopold Philipp (Filip) von Kolowrat-Krakowsky (1852-1910) und Nadine geborene Freiin von Huppmann-Valbella ( 1858-1942), Tochter eines Zigarettenfabrikanten aus Sankt Petersburg. Sascha Kolowrat hatte drei Geschwister: Bertha (Gräfin) Colloredo Mansfeld (1890-1982), Friedrich und Heinrich (1897-1996). Gattin (Heirat 1923 Wien) Sophie (Sonja) (*4. Februar 1900 Rom – 25. April 1938 Prag), Tochter des russischen Generals Nikolaj Andrejewitsch Fürst Trubetzkoy und der Isolina Moreno;[1] kinderlos.

Sascha Kolowrat-Krakowky

Biografie

Alexander (Sascha) Kolowrat-Krakowsky wurde als Sohn von Leopold Graf Kolowrat-Krakowsky und seiner Frau Nadine in New York geboren, wohin dieser aufgrund eines Duell ins Exil gehen musste.[2] Nachdem die Familie wieder nach Europa und schließlich Wien zurückgekehrt war, besuchte Sascha Kolowrat nach Gymnasien in Mies und Kalksburg das Theresianum in Wien und studierte an der Katholischen Universität Löwen (Belgien). Dort wurde er Mitglied der katholischen Studentenverbindung K.A.V. Lovania Leuven. Kolowrat diente beim Militär und sprach mehrere europäische Sprachen.

Von 1910 bis 11. Dezember 1922 war er (mit Unterbrechungen, die er vor allem in seinem Stadtpalais in Prag, Obstmarkt 4, aber auch in Paris und Italien verbrachte) gemeldet in 4., Wohllebengasse 7/Parterre/6, von 1923 bis zu seinem Tod im Palais Thurn-Valsassina (4., Rainergasse 22). Am 30. April 1923 heiratete er die Prinzessin Sophie (Sonja) Troubetzkoi im Stephansdom.[3] Aus Anlass ihrer Verehelichung wurde auf dem Gelände der Sascha-Film eine Linde gepflanzt (Sascha-Kolowrat-Linde).[4]

Sascha-Kolowrat-Linde auf dem Gelände des Sieveringer Filmateliers, heute Wohnhausanlage (19., Sieveringer Straße 135)

Kolowrat starb im Sanatorium Loew in der Mariannengasse 20 an Krebs.[5]

Kolowrat als Filmpionier

Bestimmend wurde 1909 eine Begegnung mit dem französischen Filmindustriellen Charles Pathe in Paris; seither war Kolowrat-Krakowsky ein enthusiastischer Anhänger der "lebenden Photographie". Als 1910 sein Vater starb, gründete er mit dem ererbten Vermögen die Sascha-Filmfabrik in Pfraumberg (Böhmen). 1912 wurde das Unternehmen nach Wien verlegt und nach der Fusion mit dem Filmverleiher Philipp & Pressburger am 10. September 1918 zur Sascha-Filmindustrie AG umgewandelt.

Filmatelier der Wien-Film GmbH, ehemals Sascha-Filmindustrie AG (19., Sieveringer Straße 135)

1916 gründete Kolowrat mit dem deutschen Filmpionier Meßter die Sascha-Meßter-Filmfabrik. Als Präsident der Sascha-Filmindustrie AG verhalf er vielen jungen Künstlerinnen und Künstlern zum Erfolg, so entdeckte er zahlreiche Schauspieler für den Film, unter anderem Willi Forst und Marlene Dietrich. Zahllose Dokumentar-, Kultur-, Werbe- und Spielfilme wurden unter seiner Produktionsleitung gedreht, von denen unter anderem "Sodom und Gomorrha" (1922, Regie: Michael Kertesz, der als Hollywoodregisseur Michael Curtiz weltbekannt wurde), "Der junge Medardus" (1923) und "Cafe Electric" (1927) in die Filmgeschichte eingingen. Dafür ließ er auf dem Wiener Laaer Berg im 10. Bezirk aufwendige Kulissen aufbauen (Filmteichstraße). Auch im Prater ließ er im Jahr 1920 westlich der Rotunde zum Zwecke von Filmaufnahmen "Alt-London" errichten, ähnlich der Kulissenstadt Venedig in Wien, jedoch kleiner.

1916 ließ Kolowrat in Wien-Sievering, 19., Sieveringer Straße 135 das erste Großatelier Österreichs erbauen. 1933 wurde es von der Tobis-Sascha-Filmindustrie AG und ab 1938 von deren Nachfolgefirma Wien-Film übernommen. 1948 wurde im Garten ein Denkmal für Kolowrat enthüllt, das 2021 entfernt wurde.

Der Sascha-Filmindustrie AG gehörten auch einige Kinos wie das Eos-Kino. Kolowrat besuchte gern Münstedts Kinopalast, das Burg- und das Opernkino.

Kolowrat und der Motorsport

Zudem erbte Kolowrat als Fideikommissinhaber eine Beteiligung an der ersten böhmischen Automobil-Fabrik Laurin & Klement in Jungbunzlau, die ihre Automobile besonders nach Osteuropa und Rußland expordierte und so gut florierte, dass Kolowrat als Aufsichtsratsmitglied 1913 die "Reichenberger Automobilfabrik GmbH" eingliedern konnte. Unter seiner Mitwirkung erfolgte 1925 der Verkauf von Laurin & Klement an die Skoda-Werke.

Sascha Kolowrat-Krakowky im Automobil

Kolowrat war aber auch selbst ein begeisterter Automobilist und Flieger, der bereits 1910 (als 14. Österreicher) die Pilotenprüfung ablegte. Angeregt durch seinen Vater, der als Mitgründer des Österreichischen Automobil-Clubs 1898 das erste private Elektromobil Wiens fuhr, begann er sich auch im Motorsport zu betätigen und startete mit Eduard Kargl (1876–1964) in der 1. Prinz-Heinrich-Fahrt. Bereits 1905 war er zudem im Semmering-Rennen die schnellste Motorradzeit gefahren. Gemeinsam mit Constantin Economo, Meier und Adolf Warchalowsky (1886-1928) nahm er außerdem an den ersten Ballonfahrten in Österreich teil.

Bei Ausbruch des Ersten Weltkriegs rückte Kolowrat 1914 als Oberleutnant zur Autotruppe ein, stellte jedoch ab 1915 in der Filmexpositur des kaiserlich-königlichen Kriegspressequartiers Wochenschaufilme her.

Erinnern

Ein 1948 enthülltes Denkmal für Kolowrat im Garten des Filmateliers in der Sieveringer Straße 135 wurde im Jahr 2021 entfernt.

Ehemaliges Sascha-Kolowrat-Denkmal auf dem Gelände des Sieveringer Filmateliers, heute Wohnhausanlage (19., Sieveringer Straße 135) (2021 demoliert)
Ehemaliges Sascha-Kolowrat-Denkmal (Detail) auf dem Gelände des Sieveringer Filmateliers, heute Wohnhausanlage (19., Sieveringer Straße 135) (2021 demoliert)
Der ehemalige Standort des Kolowrat-Denkmals im Mai 2023

Zudem wurde am Gebäude in 20., Treustraße 76 eine Gedenktafel angebracht, in die Sascha-Filmindustrie AG ihren Firmensitz hatte.

Am 17. Februar 1975 erfolgte die Benennung der Kolowratgasse.

Quellen

Literatur

  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
  • Amtsblatt der Stadt Wien. Wien: Stadt Wien - Presse- und Informationsdienst, 04. 02. 1961*Felix Czeike: XX. Brigittenau. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Wiener Bezirkskulturführer, 20), S. 44 (Sascha AG)
  • Walter Fritz: Kino in Österreich 1896-1930. Der Stummfilm. Wien: Bundesverlag 1981, S. 30 ff. und Register
  • Walter Fritz: Im Kino erlebe ich die Welt. 100 Jahre Kino und Film in Österreich. Wien / München: Brandstätter 1997
  • Walter Fritz / Margit Zahradnik [Hg.]: Erinnerungen an Graf Sascha Kolowrat. Wien: Verlag des Österreichischen Filmarchivs 1992 (Schriftenreihe des Österreichischen Filmarchivs, 31)
  • Gregor Gatscher-Riedl: Hollywood an der Donau. Zum 120. Geburtstag des böhmisch-österreichischen Filmpioniers und Bonvivants Alexander Kolowrat-Krakowský (1886–1927). In: Wiener Geschichtsblätter 61/2 (2006), S. 46–60
  • Gregor Gatscher-Riedl: "Graf Kilowatt". Ein Lebensbild des böhmisch-österreichischen Filmpioniers und Bonvivants Alexander Graf Kolowrat-Krakowský (1886–1927). In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 23/8 (2006), S. 280–295
  • Ingrid Maria Hübl: Sascha Kolowrat-Krakowsky. Ein Beitrag zur Geschichte der Österreichischen Kinematographie. Diss. Univ. Wien, Wien 1950
  • Gerhardt Kapner: Freiplastik in Wien. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1970, S. 365
  • Walter Kleindel: Das große Buch der Österreicher. 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild, Namen, Daten, Fakten. Unter Mitarbeit von Hans Veigl. Wien: Kremayr & Scheriau 1987
  • Günter Krenn: Der bewegte Mensch – Sascha Kolowrat. In: Elektrische Schatten. Beiträge zur österreichischen Stummfilmgeschichte. Wien: Filmarchiv Austria 1999, S. 37-46
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften beziehungsweise Wien / Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Peter Payer: Vergessene Traumfabriken. In: derstandard.at, 02.04.2016 [Stand: 03.04.2020]
  • Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 1: Von den Babenbergern bis zum Wiener Kongreß 1973. Wien / München: Jugend & Volk 1974
  • Hans Christoph Graf von Seherr-Thoß: Kolowrat, Alexander Graf von Kolowrat-Krakowský. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 12, Duncker & Humblot, Berlin 1980, S. 474
  • Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien. Band 13, 1958, S. 21 f.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ANNO: Vermählung des Grafen Alexander Kolowrat, Chefs des gräflichen Hauses Kolowrat-Krakowsky-Novohradcky, mit Prinzessin Sonja Troubetzkoi, Tochter weiland des Fürsten Nikolaus Troubetzkoi, Generals der kais. russischen Garde, und der Fürstin Isolina Troubetzkoi geb. Moreno. In: Wiener Salonblatt, 12. Mai 1923, S. 9. Das anschließende Déjeuner für 118 Gäste fand im Hotel Bristol statt.
  2. Weshalb Kolowrat-Krakowsky in den USA zur Welt kam, erklärt ein Brief des Grafen Colloredo-Mannsfeld vom 30. März 1984 an den österreichischen Filmwissenschaftler Walter Fritz: "Wegen einer vermeintlichen oder tatsächlichen 'Beleidigung' seiner Braut erschoß mein Großvater [Leopold] im Duell seinen Widersacher; einen Prinzen Auersperg, was nach damaligen Gepflogenheiten durch ein mehrjähriges Exil gebüßt werden mußte. Dieses altösterreichische, sehr schnitzlersche Drama hätte dem Sohn [Sascha] ein schönes Filmsujet liefern können!" Zitiert nach Walter Fritz: Im Kino erlebe ich die Welt. 100 Jahre Kino und Film in Österreich. Wien / München: Brandstätter 1997, S. 38.
  3. Matricula-online: Pfarre St. Stephan, Trauungsbuch, 30. April 1923. Sie heiratete zwei Jahre nach dem Tod von Sascha Kolowrat dessen Bruder Heinrich Kolowrat-Krakowsky, siehe Stammbaum der Familie Troubetzkoi.
  4. ANNO: Der Wiener Film. Zentralorgan der österreichischen Filmproduktion, 28.07.1936, S. 1.
  5. Todesanzeige für Alexander Graf Kolowrat-Krakowsky. In: Wiener Salonblatt, 11. Dezember 1927, S. 10.