Emma Adler

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Emma und Victor Adler (ca.1880)
Daten zur Person
Personenname Adler, Emma
Abweichende Namensform Braun, Emma
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 45118
GND 121730026
Wikidata Q1337974
Geburtsdatum 20. Mai 1858
Geburtsort Debreczin, Ungarn
Sterbedatum 23. Februar 1935
Sterbeort Zürich
Beruf Übersetzerin, Schriftstellerin, Politikerin
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung
Objektbezug Frauenbewegung
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 22.11.2023 durch DYN.gzemann
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname EmmaVictorAdler.jpg
Bildunterschrift Emma und Victor Adler (ca.1880)
  • 9., Berggasse 19 (Wohnadresse)
  • 6., Gumpendorfer Straße 54 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Emma Adler (geb. Braun), * 20. Mai 1858 Debreczin (Ungarn), † 23. Februar 1935, Zürich, Übersetzerin, Schriftstellerin (Pseudonym Marion Lorm), Politikerin (SDAP).

Biografie

Emma Adler wurde als einzige Tochter des Ehepaars Ignaz und Ida Braun in einem kleinen ungarischen Dorf geboren und wuchs neben fünf Brüdern auf (darunter Heinrich Braun, Gründer der "Neuen Zeit", und Adolf Braun, Redakteur des "Vorwärts" in Berlin und der "Arbeiterzeitung" in Wien). Ignaz Braun war als Ingenieur im Eisenbahnbau tätig; Ida Braun stammte ursprünglich aus Deutschland. Die berufliche Tätigkeit von Ignaz Braun ließ die Familie in den 1860er Jahren nach Wien übersiedeln, wo sie sich zuerst in der Leopoldstadt niederließ. Später bezog man eine Wohnung am Schwarzenbergplatz. In Wien erhielt Emma Adler Privatunterricht und eine umfassende Ausbildung in Sprachen wie Englisch, Französisch, Italienisch sowie Musik und Literatur. Über ihre Brüder, die eine Art Salon in der Wohnung erhielten, kam sie in Verbindung mit sozialistischem Gedankengut – und bezeichnete sich bald als "Gefühlssozialistin"[1].

Auf Vermittlung ihres Bruders Heinrich lernte Emma Adler im Jahr 1878 den frisch promovierten Mediziner Viktor Adler kennen, für Emma der "vornehmste Mensch, der mir im Leben begegnet ist"[2]. Nach einer kurzen Verlobungszeit heirateten die beiden noch im gleichen Jahr nach jüdischem Ritus; die ausgedehnte Hochzeitsreise führte sie nach Italien und Paris. Der Ehe entstammten drei Kinder: Friedrich Adler (1879-1960), Marie Adler (1881-1931) und Karl Adler (1885-1942). 1882 bis 1889 bewohnte die Familie eine Wohnung im 9. Wiener Gemeindebezirk (Alsergrund), und zwar in der Berggasse 19 (später auch Wohnsitz von Sigmund Freud); in der Folge ließ sich die Familie in Wien-Mariahilf (6. Wiener Gemeindebezirk) nieder. Zuletzt wohnte man in der Gumpendorfer Straße 54.

Das Schwinden des Familienvermögens vor dem Hintergrund der nur wenig einträglichen Tätigkeit Viktor Adlers als "Armenarzt" und seiner politischen Arbeit, nicht zuletzt auch der zunehmende politische Druck, der sich in Hausdurchsuchungen und der Verhaftung ihres Mannes manifestierte, waren 1890 Auslöser eines psychischen Zusammenbruchs von Emma Adler. Von diesem erholte sie sich erst langsam. Auch das Schicksal ihrer Tochter Marie, die seit ihrem 17. Lebensjahr an einer psychischen Krankheit litt, belastete sie sehr. Nach produktiven Jahren Anfang des 20. Jahrhunderts warf sie der Tod von Viktor Adler im November 1918 abermals zurück und stürzte sie in eine schwere Krise. Nach (zumindest) einem gescheiterten Selbstmordversuch und langen Klinikaufenthalten übersiedelte sie 1925 zu ihrem Sohn Friedrich in die Schweiz. Hier besserte sich ihre Verfassung und sie konnte sich wieder ihrer schriftstellerischen Tätigkeit widmen.


Bereits früh mit sozialistischen Ideen vertraut, setzte sich Emma Adler ab 1886 verstärkt für die sozialdemokratische Bewegung ein. Auch beruflich engagierte sie sich für die Arbeiterbewegung und wurde für die "Gleichheit" und später für die "Arbeiter-Zeitung" als Übersetzerin und Journalistin tätig. In den Jahren 1909 bis 1917 redigierte sie die Jugendbeilage der "Arbeiterinnen-Zeitung" und gab Lesebücher mit dem Titel "Für die Jugend" heraus, die in der sozialdemokratischen Presse sehr positiv rezipiert wurden; der besondere Wert lag etwa für die "Arbeiter-Zeitung" darin, dass "auf eine außerordentliche taktvolle Weise Phantasie und Wirklichkeit, Menschliches und Politisches" miteinander verbunden würden[3]. Neben der Bildungsarbeit für die Arbeiterjugend legte Emma Adler einen weiteren Schwerpunkt auf den Sprachunterricht. Im Arbeiterbildungsverein Gumpendorf gab sie mit großer Begeisterung Stunden in Englisch und Französisch. "Die Erinnerung an jene Zeiten rechne ich zu den schönsten meines Lebens", resümierte Emma Adler später[4]. Ein öffentliches politisches Amt strebte Emma Adler hingegen nie an, im Gegensatz etwa zu ihrer engen Vertrauten Adelheid Popp. Parteipolitisch hielt sich Emma Adler Zeit ihres Lebens im Hintergrund.

Neben umfangreichen Übersetzungsarbeiten aus dem Französischen ("Germinie Lacerteux" der Brüder Concourt oder "Les Liaisons dangereuses" von Choderlos de Laclos) und dem Russischen (Turgenews "Gnadenbrot") trat Emma Adler auch als Herausgeberin und eigenständige Schriftstellerin in Erscheinung. Neben den von ihr herausgegebenen Lesebüchern beschäftigte sie sich vornehmlich mit historischen Stoffen. Ihr Hauptwerk, "Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789-1795", erschien 1906. Dieses Werk, das Frauen aller politischen Richtungen dieser Epoche in den Mittelpunkt rückte, wird von der Historikerin Edith Saurer als "einsame Pionierarbeit" der Frauengeschichtsschreibung in Wien bezeichnet[5]. Bereits 1907 legte Emma Adler die Biographie von Jane Welsh Carlyle vor, in der sie deren – unglückliche – Ehe mit dem englischen Philosophen und Historiker Thomas Carlyle thematisiert.

Nach langen Krankheitsjahren fand sie nach ihrer Übersiedlung in die Schweiz wieder die Ruhe zum Schreiben. Ab 1929 begann sie, ihre Erinnerungen festzuhalten, zunächst unter dem Titel "Selbstbiographie", den sie später in "Verfehltes Dasein" abwandelte. Zudem erarbeitete sie eine Biographie Viktor Adlers, das ursprünglich zu dessen 15. Todestag 1933 erscheinen sollte – ein Plan, der nicht verwirklicht werden konnte. Erst 1968 konnte die Biographie nach entsprechender Ajourierung durch Wanda Lanzer unter dem Titel "Victor Adler im Spiegel seiner Zeitgenossen" erscheinen.

Werke

  • Goethe und Frau von Stein. Leipzig, Wien: Toeplitz & Deuticke 1887 (Separatdruck aus der "Deutschen Wochenschrift" in Wien)
  • Die berühmten Frauen der französischen Revolution 1789 bis 1795. Mit 9 Porträts. Wien: Stern 1906
  • Jane Welsh Carlyle. Eine Biografie. Wien: Akademischer Verlag 1907
  • Erinnerungen 1887-1892-1912. In: Gedenkbuch. 20 Jahre Österreichische Arbeiterinnenbewegung. Im Auftrag des Frauenreichskomitees hg. von Adelheid Popp. Wien 1912, S. 35-41. URL: http://www.literature.at/viewer.alo?viewmode=overview&objid=1046&page= [Stand: 10.01.2016]
  • Kochschule. Wien: Wiener Volksbuchhandlung und Ignaz Brand 1915
  • Buch der Jugend. Für die Kinder des Proletariats. Berlin: Vorwärts 1895
  • Feierabend. Ein Buch für die Jugend. Wien: Ignaz Brand 1902
  • Neues Buch der Jugend. Wien: Wiener Volksbuchhandlung und Ignaz Brand 1912
  • Viktor Adler im Spiegel seiner Zeitgenossen. Wien: Verlag der Wiener Volksbuchhandlung 1968


[Als Übersetzerin]

  • Edmont und Jules de Goncourt: Germinie Latereux. Der Roman eines Dienstmädchens. Übersetzung aus dem Französischen. Wien: Ignaz Brand 1896
  • Ivan Sergejevic Turgenew: Gnadenbrot. Schauspiel in 2 Aufz. Zum ersten Male ins Deutsche übertr. von Marion Lorm. Leipzig: Schulze 1897; Wien, Leipzig: Ignaz Brand 1897
  • Choderlos de Laclos: Gefährliche Liebschaften. Wien: Ignaz Brand 1899

Literatur

  • Emma Adler. Wien: Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung 1996 (Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Dokumentation 2/1996)
  • Susanne Böck: Entfernung von der bürgerlichen Welt: Emma und Victor Adler. In: L’Homme. Zeitschrift für feministische Geschichtswissenschaft, 7. Jg., Heft 1, 1996, S. 90-96
  • Margret Friedrich / Brigitte Mazohl-Wallnig: Frauen und Geschichtswissenschaft im deutschsprachigen Raum. In: Annali dell'Istituto storico italo-germanico in Trento, 22. Jg., 1996, S. 349-383
  • Andrea M. Lauritsch: "Nichts ist schwerer, als die Frau eines berühmten Mannes zu sein." Zu Leben und Wirken von Emma Adler und Helene Bauer. In: Andrea M. Lauritsch [Hg.]: Zions Töchter. Wien: LIT-Verlag 2006, S. 355-369
  • Renate Wagner: Heimat bist Du großer Töchter. Bedeutende Frauen und ihre Geschichte. Wien [u.a.] 1996, S. 24-26
  • Michaela Maier: Emma Adler. "Nichts ist schwerer, als die Frau eines berühmten Mannes zu sein"

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zit. nach Emma Adler. Wien: Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung 1996 (Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung, Dokumentation 2/1996), S. 2
  2. Verein für Geschichte der ArbeiterInnenbewegung, Nachlass‐Sammlung, Nachlass Emma Adler: Autobiographie Heft IIII, pag. 70b
  3. Arbeiter‐Zeitung, 15.12.1911
  4. Emma Adler: Erinnerungen 1887‐1892‐1912, S. 37
  5. Edith Saurer: Frauengeschichte in Österreich. Eine fast kritische Bestandsaufnahme. In: L’Homme 2 (1993), S. 37‐63, hier S. 45 f.