Joseph von Sonnenfels

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Joseph von Sonnenfels um 1800 auf einem Bild von Hieronymus Löschenkohl
Daten zur Person
Personenname Sonnenfels, Joseph von
Abweichende Namensform
Titel Freiherr, Reichsfreiherr, Prof., Hofrat
Geschlecht männlich
PageID 3999
GND 118615610
Wikidata Q215122
Geburtsdatum 1733
Geburtsort Nikolsburg, Mähren
Sterbedatum 25. April 1817
Sterbeort Wien
Beruf Jurist, Schriftsteller, Staatsmann
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Illuminaten, Freimaurer
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 21.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
Begräbnisdatum
Friedhof Friedhof Nikolsburg
Grabstelle
Bildname HMW 062139.jpg
Bildunterschrift Joseph von Sonnenfels um 1800 auf einem Bild von Hieronymus Löschenkohl
  • 1., Wollzeile 21 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Präsident der Akademie der bildenden Künste (1810 bis 1811)
  • Rektor der Universität Wien (1794 bis 1796)

  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 11. November 1806)
  • Ritter des ungarischen Stephans-Ordens (Verleihung: 1804)

Titelblatt von "Der Mann ohne Vorurtheil" (1765)

Joseph von Sonnenfels (1746 Freiherr, 1792 Reichsfreiherr), * 1733 Nikolsburg, Mähren (Mikulov, Tschechische Republik), † 25. April 1817 Wien, Jurist, Schriftsteller, Staatsmann.

Biografie

Sonnenfels war jüdischer Abstammung; sein Großvater, Rabbi Michael "der Fromme", war 1715 bis 1725 Stadtrabbiner von Berlin; sein Vater nannte sich zunächst Perlin Lipmann, verließ Preußen und kam über Eisenstadt nach Nikolsburg, wo er mit seinen Söhnen zum katholischen Glauben übertrat und den Namen Alois Wiener annahm. Er ließ sich als Orientalist in Wien nieder und wurde 1746 mit dem Prädikat "von Sonnenfels" in den Adelsstand erhoben.

Joseph von Sonnenfels schlug zunächst die Militärlaufbahn ein und diente als Soldat der Deutschmeister in Garnisonen fast aller österreichischen Kronländer; in dieser Zeit erwarb er seine Sprachkenntnisse. Nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst studierte er Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Sein großes literarisches Interesse trieb ihn dazu, selbst Schriftsteller zu werden, der deutschen Hochsprache Geltung zu verschaffen und das Theater (im Sinn von Christoph Friedrich Nicolai und Gotthold Ephraim Lessing) zu reformieren. Obwohl er dem erbitterten Kampf gegen den "Hanswurst" (damals verkörpert durch Kurz-Bernardon) und seine Stegreifbühne scheinbar unterlag, verdankte ihm doch das Burgtheater Grundlage und Aufstieg. Seine persönliche Laufbahn begann mit der Ernennung zum Professor für politische Wissenschaften an der Universität Wien (1763). Über die Kameralistik, die Staatslehre des deutschen Absolutismus, hinausgehend, verbreitete er die Ideen der Aufklärung in Österreich, diente vier Regenten, übte jedoch vor allem auf Maria Theresia und Joseph II. Einfluss aus. So setzte er 1776 die Abschaffung der Folter durch und wirkte an der Justizreform Joseph II. mit.

Als Lehrer bildete er durch ein Vierteljahrhundert die bedeutendsten Männer der Epoche des Josephinismus aus und spezialisierte die Staatswissenschaft durch Abspaltung von Nationalökonomie und Finanzwissenschaft. Als Regierungsrat und ab 1779 als Hofrat war der Jurist Mitglied der wichtigsten beratenden Kommissionen des Hofs. In den Jahren 1794 bis 1796 wirkte er als Rektor der Universität Wien. Er wirkte 1810 als Theaterzensor und beschloss 1811 seine Karriere als Präsident der Akademie der bildenden Künste.

Auch als Autor von staats- und finanzwissenschaftlichen Werken ("[Grund]sätze der Polizey, Handlung und Finanz", EA 1765) sowie als Journalist (etwa für die "Wiener Realzeitung") und als Verfasser Moralischer Wochenschriften machte er sich einen Namen: Mit dem Titel "Der Vertraute" (1764-1765) etwa beabsichtigte Sonnenfels, eine "Geschichte des Tages" ("Histoire du Jour") der Wiener Gesellschaft zu liefern, bereits das sechste Stück erregte allerdings Skandal und wurde konfisziert, die Zeitschrift trotz der Fürsprache des Leiters der Zensur-Hofkommission Gerard van Swietens auf Entscheidung Maria Theresias hin eingestellt. Nachdem Joseph II. 1765 die Mitregentschaft angetreten hatte, erschien "Der Mann ohne Vorurteil" (1765-1767), der ein "bewegliches Bild der Stadt" darstellen sollte. Im Gegensatz zu den barocken, teils antisemitischen Moralsatiren eines Abraham a Sancta Clara oder Johann Valentin Neiner waren diese Wochenschriften aufklärerisch geprägt und behandelten auch Gegenstände der Ökonomie und Bürokratie; nicht nur Adel und Gelehrte, sondern auch die Lebensumstände der Handwerker und Bauern wurden darin thematisiert, des Weiteren wurde heftige Kritik an der Wiener Volkskomödie ("Hanswurst-Streit") geübt.

Sonnenfels gehörte als Mitglied der Wiener Eliteloge "Zur Wahren Eintracht" auch zu den führenden Freimaurern und Illuminaten seiner Zeit. Aufgrund seines Aufnahmegesuchs vom 26. Juni 1782 wurde er am 6. Juli desselben Jahres in die Loge aufgenommen. Bis zur Übernahme des Amtes durch Ignaz von Born war er Präfekt der Wiener Illuminaten und Ordens-Provincial der Illuminaten für Österreich. Weiteres war er Mitglied verschiedener gelehrter Gesellschaften. Die Stadt Wien ernannte ihn 1806 in Anerkennung seiner außerordentlichen Tätigkeit auf wissenschaftlichem und humanitärem Gebiet zum Ehrenbürger. Seine Statue ist über dem Gesims des Mittelrisalits des Erzherzog-Ludwig-Viktor-Palais und am Maria-Theresien-Denkmal zu sehen. Auf dem Rathausplatz befindet sich ein Sonnenfelsdenkmal, ebenso im Arkadenhof der Universität Wien. 1862 wurde in der Inneren Stadt die Sonnenfelsgasse nach dem Reformer benannt.

Werke: Ausgaben des "Vertrauten" und des "Mann ohne Vorurtheil"

Werkausgaben und Schriften

Literatur

  • Simon Karstens: Lehrer – Schriftsteller – Staatsreformer. Die Karriere des Joseph von Sonnenfels (1733-1817). (=Veröffentlichungen der Kommission für Neuere Geschichte Österreichs; 106). Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2011, DOI: 10.7767/boehlau.9783205791362
  • Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 bis 1873. Geschichte eines literarischen Genres der Wiener Publizistik. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1994, S. 139–160.
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Die Ehrenbürger und Bürger ehrenhalber der Stadt Wien. Wien: Deuticke 1992 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 23), S. 28 ff.
  • Helmut Reinalter [Hg.]: Joseph von Sonnenfels. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1988 (Veröffentlichungen der Kommission für die Geschichte Österreichs, 13)
  • Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790 – 1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 142
  • Dolf Lindner: Der Mann ohne Vorurteil. Joseph von Sonnenfels 1733 - 1817. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1983
  • Hanns Jäger-Sunstenau: Joseph von Sonnenfels, ein Vorkämpfer der „Aufklärung". In: Österreich und seine Verwandtschaft. In: Genealogisches Jahrbuch 10 (1970), S. 5 ff. (Nachdruck: Hanns Jäger-Sunstenau, Wappen, Stammbaum und kein Ende. Ausgewählte Aufsätze aus vier Jahrzehnten. Wien [u.a.]: Böhlau 1986, S. 211 ff.)
  • Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 1: Von den Babenbergern bis zum Wiener Kongreß 1973. Wien / München: Jugend & Volk 1973-1974, S. 300 ff.
  • Richard Bamberger [Hg.]: Österreich-Lexikon in zwei Bänden. Wien: Verlags-Gemeinschaft Österreich-Lexikon
  • Günther Brosche: Joseph von Sonnenfels und das Wiener Theater. Diss. Univ. Wien. Wien 1962
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 5: Generalregister. Wien: Jugend & Volk 1962
  • Marjem Schleien: Die Moral. Wochenschriften des Freiherren Joseph von Sonnenfels. Diss. Uni. Wien. Wien 1936
  • Michael Holzmann/Max Portheim: Materialien zu einer Sonnenfels-Biographie. Brünn: Jüdischer Buch- und Kunstverlag 1931
  • Karl von Görner: Der Hans Wurst-Streit in Wien und Joseph von Sonnenfels. Wien: Konegen 1884
  • Franz Kopetzky: Joseph und Franz von Sonnenfels. Das Leben und Wirken eines edlen Brüderpaares nach den besten Quellen dargestellt. Wien: Perles 1882
  • Willibald Müller: Joseph Freiherr von Sonnenfels. Biographische Studie aus dem Zeitalter der Aufklärung in Österreich. Wien: Braumüller 1882
  • Joseph Feil: Sonnenfels und Maria Therersia. Sylvester-Spende für Freunde zum Neujahr 1859. Wien: Ueberreuter 1858
  • Allgemeine Deutsche Biographie. Hg. von der Historischen Commission bei der königlichen Akademie der Wissenschaften. Band 34: Seuckenberg - Spaignart. Leipzig: Duncker & Humblot 1892
  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891. Register 1923
  • Wienbibliothek im Rathaus/Tagblattarchiv: Sonnenfels, Joseph von [Sign.: TP-045395]

Weblinks