Peter Handke

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Daten zur Person
Personenname Handke, Peter
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 39537
GND 118545574
Wikidata Q44107
Geburtsdatum 6. Dezember 1942
Geburtsort Griffen
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Deutsches Literaturarchiv Marbach
Objektbezug
Quelle Gedenktage, Gedenktage-GW
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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Großer Kunstpreis des Landes Salzburg (Verleihung: 2012)
  • Schiller-Gedächtnispreis (Verleihung: 1995)
  • Siegfried Unseld Preis (Verleihung: 2004)
  • Berliner Heinrich-Heine-Preis (Verleihung: 2007)
  • Thomas-Mann-Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (Verleihung: 2008)
  • Njegoš-Orden erster Klasse der Republika Srpska (Verleihung: 2008)
  • Goldenes Kreuz des Fürsten Lazar (Verleihung: 2009)
  • Franz-Kafka-Literaturpreis der Stadt Prag (Verleihung: 2009)
  • Vinzenz-Rizzi-Preis (Verleihung: 2010)
  • Ehrendoktorat der Katholischen Universität Eichstätt (Verleihung: 1993)
  • Verdienstorden der Republik Serbien in Gold (Verleihung: 2013)
  • Einspieler-Preis des Rats der Kärntner Slowenen (Verleihung: 2013)
  • Internationaler Ibsen-Preis (Verleihung: 2014)
  • Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis (Verleihung: 2014)
  • Würth-Preis für Europäische Literatur (Verleihung: 2016)
  • Ehrendoktorat der Universidad de Alcalá, Spanien (Verleihung: 2017)
  • Nobelpreis für Literatur (Verleihung: 10. Oktober 2019)
  • Gerhart-Hauptmann-Preis (Verleihung: 1967)
  • Franz-Grillparzer-Preis (Verleihung: 1991)
  • Bremer Literaturpreis (Verleihung: 1988)
  • Vilenica-Preis (Verleihung: 1987)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1987)
  • Literaturpreis des Kulturfonds der Landeshauptstadt Salzburg (Verleihung: 1986)
  • Franz-Nabl-Preis (Verleihung: 1985)
  • Franz-Grillparzer-Preis (Verleihung: 1983)
  • Kulturpreis des Landes Kärnten (Verleihung: 1983)
  • Franz-Kafka-Preis der Stadt Klosterneuburg (Verleihung: 1979)
  • Preis der Gilde deutscher Filmtheater (Verleihung: 1979)
  • Prix Georges Sadoul (Verleihung: 1978)
  • Bambi (Verleihung: 1978)
  • Georg-Büchner-Preis (Verleihung: 1973)
  • Schillerpreis der Stadt Mannheim (Verleihung: 1973)
  • Literaturpreis des Landes Steiermark (Verleihung: 1972)


Peter Handke, * 6. Dezember 1942 Griffen, Schriftsteller, Übersetzer.

Biografie

Peter Handke kam in Griffen in Kärnten zur Welt. Von 1944 an lebten seine Mutter Maria, geborene Siutz, und er in Berlin beim Stiefvater Bruno Handke, mit dem sie 1948 nach Griffen zurückkehrten. Handke besuchte die dortige Volks- und Hauptschule, wechselte 1954 an die katholische Internatsschule Tanzenberg in Maria Saal, um schließlich an einem humanistischen Gymnasium in Klagenfurt die Reifeprüfung abzulegen. Ab 1961 studierte er Rechtswissenschaften in Graz und schloss sich dort dem "Forum Stadtpark" an (von 1973 bis 1977 war er auch Mitglied der Grazer Autorenversammlung). Frühe Förderer Handkes waren Alfred Kolleritsch, Herausgeber der Zeitschrift "manuskripte", und Alfred Holzinger von Radio Graz des ORF. Nach der Annahme seines ersten Romans "Die Hornissen", der 1966 bei Suhrkamp erschien, brach Handke das Studium ab und lebt seither als freier Schriftsteller in verschiedenen Städten Europas, vor allem in Berlin, Paris und Salzburg, seit 1990 im Ort Chaville nahe Paris.

Bei den frühen Sprechstücken Handkes, darunter die berühmte "Publikumsbeschimpfung" (1966), handelt es sich um Texte fürs Theater, die in Abgrenzung zum klassischen Schauspiel, aber auch zu Bertolt Brechts epischem Theater konzipiert sind. Sie entwickeln keine dramatische Handlung, die auf eine Wirklichkeit außerhalb des Theaters verweisen würde, sondern thematisieren die konkrete Situation des Theaters selbst. Im Stück "Kaspar" (1968) zeigt Handke das erdrückende Herrschaftssystem Sprache, aber auch die Möglichkeit, durch Sprache Orientierung in der Realität zu gewinnen. Handke hat danach, bis zum "Dramatischen Gedicht" "Über die Dörfer" (1981), in dem sich ein fast naives Verhältnis zur Sprache restauriert, lange keine Theaterstücke geschrieben. Nach dem Werk "Spiel vom Fragen oder die Reise zum Sonoren Land" (1989) erschien 1992 das Stück "Die Stunde da sie nichts voneinander wußten" (1992), das sich als Kontrapunkt zu den Sprechstücken verstehen lässt. Es ist ein Schauspiel ohne Text, das ganz auf die Qualität der Bilder setzt.

Auch in seiner Erzählprosa hat Handke eine weit ausgreifende Entwicklung durchmessen. Von der sprachanalytischen und formal ausgestalteten Kritik an der traditionellen Beschreibungsliteratur ("Die Hornissen", 1966; "Der Hausierer", 1967; "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter", 1970) kam er aus lebensgeschichtlicher Erfahrung zu einer produktiven Auseinandersetzung mit der Form des Entwicklungsromans ("Der kurze Brief zum langen Abschied", 1972; "Die Stunde der wahren Empfindung", 1975; "Die linkshändige Frau", 1976). In der Erzählung "Langsame Heimkehr" (1979) wird dieser Weg der Selbstfindung zu einer sakralen Handlung. Der diese Erzählung kommentierende Essay "Die Lehre der Sainte-Victoire" fordert für die Kunst – als Vermittlerin der disparaten Elemente der Welt – jenen Rang ein, der auch der Philosophie und Religion zuerkannt wird. Alltagsphänomene bilden wiederum den Ausgangspunkt für Handkes fünf erzählende Essays "Versuch über die Müdigkeit", "Versuch über die Jukebox", "Versuch über den geglückten Tag", "Versuch über den Stillen Ort" sowie "Versuch über den Pilznarren", von denen der erste 1989, der letzte 2013 erschienen sind und an denen sich eine Entwicklung hin zu einer selbstironischen, humorvollen Schreibweise mitverfolgen lässt. Seine großen Erzählwerke, beginnend mit "Mein Jahr in der Niemandsbucht" (1994) über "Der Bildverlust" (2002) bis hin zu "Die Obstdiebin" (2017), variieren typische Erzählmuster wie Reise, Aufbruch und Suche und reihen sich explizit in die Tradition der epischen Weltliteratur. Untereinander eng verwoben, kehren darin viele von Handkes charakteristischen Motiven und Themen wieder, wie die plötzliche Verwandlung einer Figur oder die Auflösung von Identitäten und Grenzen.

Handkes schriftstellerisches Werk umfasst neben den Theaterstücken, der erzählenden und essayistischen Prosa auch Drehbücher sowie zahlreiche Übersetzungen aus dem Altgriechischen, Englischen, Französischen und Slowenischen, darunter Werke von Patrick Modiano oder Florjan Lipuš.

1996 kam es in den Medien nach der Veröffentlichung von Handkes Reisebericht "Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Sawe, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien" zu heftigen Debatten. KritikerInnen warfen ihm eine Verharmlosung der serbischen Kriegsverbrechen vor, während Handke für sich eine differenziertere Wortwahl und Darstellung der Ereignisse als in der allgemeinen journalistischen Berichterstattung in Anspruch nahm. 2006 verzichtete Handke im Zuge der Kontroverse auf die Annahme des Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf. Als ihm im Jahr darauf der Berliner Heinrich-Heine-Preis zuerkannt wurde, ließ er das Preisgeld in Höhe von 50.000 Euro einer serbischen Enklave im Kosovo zukommen.

Handkes Theaterstücke werden seit Jahrzehnten immer wieder auf Wiener Bühnen aufgeführt. Eine besondere Verbundenheit ergab sich durch Claus Peymann. Der Burgtheaterdirektor von 1986 bis 1999 hatte schon früh eine starke Affinität zu Handkes Werk; seine Frankfurter Inszenierungen der "Publikumsbeschimpfung" (1966) und des "Kaspar" (1968) gehören zu den Theaterlegenden. Während seiner Intendanz in Wien wurden "Das Spiel vom Fragen oder Die Reise zum Sonoren Land" (1990), "Die Stunde da wir nichts voneinander wußten" (1992), das "Königsdrama" "Zurüstungen für die Unsterblichkeit" (1997) sowie "Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg" (1999) am Burgtheater uraufgeführt. Peymann brachte außerdem 2011 "Immer noch Sturm" ins Burgtheater und 2012 "Die schönen Tage von Aranjuez" ins Akademietheater. 2016 erarbeitete Peymann mit "Die Unschuldigen, ich und die Unbekannte am Rande der Landstraße" seine fünfte Handke-Uraufführung für das Burgtheater. Weiters waren in Wien Duncan MacMillans Bearbeitung von Handkes Erzählung "Wunschloses Unglück" 2014 im Kasino zu sehen, "Die Stunde da wir nichts voneinander wußten" im Rahmen der Wiener Festwochen 2015 sowie "Selbstbezichtigung" im Volkstheater (2015).

Die Gesamtausgabe von Handkes Werk, die der Suhrkamp Verlag 2018 unter dem Titel "Die Peter Handke Bibliothek" in drei Abteilungen herausbrachte, umfasst knapp 11.400 Seiten. 2018 wurde der Autor mit dem Nestroy-Theaterpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet. 2019 erhielt Handke "für ein einflussreiches Werk, das mit sprachlichem Einfallsreichtum Randbereiche und die Spezifität menschlicher Erfahrungen ausgelotet hat", den Nobelpreis für Literatur. Diese Entscheidung polarisierte den Literaturbetrieb und wurde aufgrund von Handkes Einlassungen zum Jugoslawienkrieg zum Teil heftig kritisiert. Suhrkamp reagierte darauf mit einer Materialsammlung, die dem internationalen Publikum einschlägige Auszüge aus Werken und Interviews in englischer Übersetzung zur Verfügung stellt.

Ein großer Teil von Peter Handkes Vorlass wurde 2007 vom Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek erworben; hier wurde auch das Internet-Portal "Handke online" erarbeitet. Handkes Tage- beziehungsweise Notizbücher aus den Jahren 1966 bis 2015 gingen an das Deutsche Literaturarchiv in Marbach.

Werke (Auswahl)

  • Peter Handke: Die Hornissen. Roman. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1966
  • Peter Handke: Publikumsbeschimpfung und andere Sprechstücke. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1966
  • Peter Handke: Der Hausierer. Roman. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1967
  • Peter Handke: Kaspar. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1968
  • Peter Handke: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter. Erzählung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1970
  • Peter Handke: Wunschloses Unglück. Erzählung. Salzburg: Residenz 1972
  • Peter Handke: Ich bin ein Bewohner des Elfenbeinturms. Aufsätze. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1972
  • Peter Handke: Der kurze Brief zum langen Abschied. Erzählung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1972
  • Peter Handke: Langsame Heimkehr. Erzählung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1979
  • Peter Handke: Über die Dörfer. Dramatisches Gedicht. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1981
  • Peter Handke: Die Wiederholung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1986
  • Peter Handke: Versuch über die Müdigkeit. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1989
  • Peter Handke: Versuch über die Jukebox. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1990
  • Peter Handke: Versuch über den geglückten Tag. Ein Wintertagtraum. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1991
  • Peter Handke: Mein Jahr in der Niemandsbucht. Ein Märchen aus den neuen Zeiten. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1994
  • Peter Handke: Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Sawe, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien. Frankfurt am Main: Suhrkamp 1996
  • Peter Handke: Der Bildverlust oder Durch die Sierra de Gredos. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2002
  • Peter Handke: Die morawische Nacht. Erzählung. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2008
  • Peter Handke: Der große Fall. Erzählung. Berlin: Suhrkamp 2011
  • Peter Handke: Versuch über den Stillen Ort. Berlin: Suhrkamp 2012
  • Peter Handke: Versuch über den Pilznarren. Eine Geschichte für sich. Berlin: Suhrkamp 2013
  • Peter Handke: Tage und Werke. Begleitschreiben. Berlin: Suhrkamp 2015
  • Peter Handke: Die Obstdiebin oder Einfache Fahrt ins Landesinnere. Berlin: Suhrkamp 2017
  • Peter Handke: Das zweite Schwert. Eine Maigeschichte. Berlin: Suhrkamp 2020
  • Peter Handke: Mein Tag im anderen Land. Eine Dämonengeschichte. Berlin: Suhrkamp 2021

Literatur

  • Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Hg. von Heinz Ludwig Arnold. Bd. 5. München: Edition text + kritik 1978–[2015]
  • Evelyne Polt-Heinzl: Peter Handke. In Gegenwelten unterwegs. Wien: Sonderzahl 2011
  • Malte Herwig: Meister der Dämmerung. Peter Handke. Eine Biographie. München: Deutsche Verlags-Anstalt 2010
  • Peter Handke. München: Edition Text + Kritik 1999 (= Text + Kritik 24)
  • Adolf Haslinger: Peter Handke. Jugend eines Schriftstellers. Salzburg / Wien: Residenz 1992

Weblinks