Elias Canetti

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Daten zur Person
Personenname Canetti, Elias
Abweichende Namensform
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 30893
GND 118518801
Wikidata Q80064
Geburtsdatum 25. Juli 1905
Geburtsort Rustschuk, Bulgarien 4105126-9
Sterbedatum 14. August 1994
Sterbeort Zürich 4068038-1
Beruf Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Zentralbibliothek Zürich
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 5.04.2024 durch WIEN1.lanm09kka
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 2., Schüttelstraße (Wohnadresse)
  • 13., Hagenberggasse 47 (Wohnadresse)
  • 19., Himmelstraße (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Übernahme: 16. Mai 1966)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1967, Übernahme: 25. Jänner 1968)
  • Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 31. Oktober 1972)
  • Georg Büchner-Preis (Verleihung: 1972)
  • Nobelpreis für Literatur (Übernahme: 10. Dezember 1981)
  • Ehrenbürger der Stadt Wien (Verleihung: 26. April 1985, Übernahme: 22. April 1986)

Elias Canetti, * 25. Juli 1905 Rustschuk, Bulgarien, † 14. August 1994 Zürich, Dichter, Schriftsteller.

Biografie

Mit seinen Eltern (sephardische Juden mit spaniolischer Muttersprache) übersiedelte Elias Canetti 1911 von Bulgarien nach Manchester. Nach dem Tod des Vaters kam er 1912 nach Wien, lernte Deutsch und machte dieses zur Sprache seiner Literatur.

Während des Ersten Weltkriegs lebte Canetti in Zürich und Frankreich. 1924 kehrte er nach Wien zurück. Er wohnte von 1927 bis 1933 im 13. Bezirk in der Hagenberggasse 47 (Gedenktafel, enthüllt 1995), sein Chemiestudium schloss er 1929 ab. Dass er 1927 Augenzeuge des Justizpalastbrands wurde, bezeichnete er später als Anlass, sich wissenschaftlich mit dem Phänomen "Masse" zu beschäftigen. 1934 heiratete er Veza Canetti und übersiedelte in deren Wohnung in der 2., Ferdinandstraße 29, 1935 zog das damals staatenlose Ehepaar in die Grinzinger Himmelstraße.

In seinen Wiener Jahren schuf er den Roman "Die Blendung" (1935) und Theaterstücke, darunter "Hochzeit" (1932). Beide Werke blieben die einzigen Veröffentlichungen vor dem Exil. Von großem Einfluss auf sein Schreiben war in Wien die Begegnung mit Hermann Broch, wichtig war auch die Freundschaft zum Bildhauer Fritz Wotruba, zu dessen Werk Canetti (mit einem Vorwort des Kunsthistorikers Klaus Demus) 1955 ein Buch veröffentlichte.

Die Wiener Zeit wird Canetti im Zuge seines autobiografischen Projekts mit "Die Fackel im Ohr" (1980), betiteln: ein Verweis auf die große Bedeutung von Karl Kraus für den jungen Schriftsteller. Er sieht seine frühe Kraus-Verehrung im Rückblick als sklavische Anhänglichkeit (vor allem an die Stimme Krausʼ), aus der er sich mit Heine-Lektüre – Heine stilisierte Kraus bekanntlich zu einem Antipoden – teilweise befreite.[1] In Krausʼ Annäherung an Dollfuß in der "Fackel" Nr. 890 (1934) sah er den "rasche[n] unabänderliche[n] Todessturz meines letzten Halbgottes"[2]. Im dritten Band seiner Autobiographie ("Augenspiel") schreibt er davon, Krausʼ Anbiederung an Dollfuß habe bei ihm eine Wunde geschlagen, die er bis zum Tod habe mit sich herumtragen müssen.[3]

Im November 1938 floh das Ehepaar nach London, die Stadt wurde für drei Jahrzehnte zu Canettis Heimat (er wurde britischer Staatsbürger). In England setzte er sich zwei Jahrzehnte mit den anthropologischen Wurzeln des Totalitarismus, mit Studien zu "Masse und Macht" auseinander. Nach dem Erscheinen des Werks (1960) erlangte er Weltruhm, der schließlich 1981 in der Verleihung des Nobelpreises gipfelte. 1988 verlegte Canetti seinen Hauptwohnsitz von London nach Zürich.

1966 wurde Canetti der Literaturpreis der Stadt Wien zuerkannt, 1985 die Ehrenbürgerschaft. 2010 wurde die Canettistraße im 10. Wiener Gemeindebezirk nach dem Schriftsteller benannt.

Elias Canetti wurde in Zürich auf dem Friedhof Fluntern beerdigt. Der größte Teil seines Nachlasses liegt in der Zürcher Zentralbibliothek.

Werke (Auswahl)

  • Upton Sinclair: Leidweg der Liebe. Übers. v. Elias Canetti. Berlin: Malik 1930
  • Upton Sinclair: Das Geld schreibt. Übers. v. Elias Canetti. Berlin: Malik 1930
  • Elias Canetti: Hochzeit: Berlin: Fischer 1932
  • Upton Sinclair: Alkohol. Übers. v. Elias Canetti. Berlin: Malik 1932
  • Elias Canetti: Die Blendung. Roman. Wien u.a.: Reichner 1935/36
  • Elias Canetti: Komödie der Eitelkeit. München: Weismann 1950
  • Elias Canetti: Fritz Wotruba. Wien: Rosenbaum 1955
  • Elias Canetti: Masse und Macht. München: Claassen 1960
  • Elias Canetti: Welt im Kopf. Graz/Wien: Stiasny 1962
  • Elias Canetti: Die Befristeten. München, Wien: Hanser 1964
  • Elias Canetti: Aufzeichnung 1942-1948. München, Wien: Hanser 1965
  • Elias Canetti: Die Stimmen von Marrakesch. Aufzeichnungen nach einer Reise. München, Wien: Hanser 1967
  • Elias Canetti: Macht und Überleben. Drei Essays. Berlin: Literarisches Colloquium 1972
  • Elias Canetti: Der Ohrenzeuge. 50 Charaktere. München, Wien: Hanser 1974
  • Elias Canetti: Der Beruf des Dichters. München, Wien: Hanser 1976
  • Elias Canetti: Die gerettete Zunge. Geschichte einer Jugend. München, Wien: Hanser 1977
  • Elias Canetti: Die Fackel im Ohr. Lebensgeschichte 1921-1931. München, Wien: Hanser 1980
  • Elias Canetti: Das Augenspiel. Lebensgeschichte 1931-1937. München, Wien: Hanser 1985

Quellen

Literatur

  • Peter von Matt: Der Entflammte. Über Elias Canetti. Zürich: Nagel & Kimche 2007
  • Sven Hanuschek: Elias Canetti. Biographie. München/Wien: Hanser 2005
  • Jürgen Kolbe: Die Aneignung der Welt im Kopf. Zur Lebensgeschichte „Die Fackel im Ohr“. In: Kurt Bartsch, Gerhard Melzer (Hg.): Elias Canetti. Graz: Droschl 2005 (Dossier, Bd. 25), S. 182-186
  • KristianWachinger: Elias Canetti. Bilder aus seinem Leben. München: Hanser 2005
  • Dagmar Barnouw: Elias Canetti zur Einführung. Hamburg: Junius 1996
  • Catherine Geoffroy / Gerald Stieg: Elias Canetti. Paris: Centre Georges Pompidou, Bibliothèque publique d'information 1995
  • Friedbert Aspetsberger / Gerald Stieg [Hg.]: Elias Canetti. Blendung als Lebensform. Königstein, Taunus: Athenäum-Verlag 1985
  • Werner Hoffmann (Hg.): Hüter der Verwandlung. Beiträge zum Werk von Elias Canetti. München/Wien: Hanser 1985
  • Edgar Piel: Elias Canetti. München: C.H. Beck 1984


Elias Canetti im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks

Referenzen

  1. vgl. Kolbe 2005, S. 185
  2. Canetti 2006, S. 25
  3. vgl. Canetti 1985, 310