Moritz Kuffner

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Moritz Kuffner Porträt
Daten zur Person
Personenname Kuffner, Moritz
Abweichende Namensform Kuffner, Moriz von
Titel Edler
Geschlecht männlich
PageID 23239
GND 116599081
Wikidata Q215186
Geburtsdatum 30. Jänner 1854
Geburtsort Wien
Sterbedatum 5. März 1939
Sterbeort Zürich
Beruf Industrieller, Alpinist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Bier, Brauherren, Ottakringer Brauerei, Hernalser Brauhaus
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 9.01.2024 durch WIEN1.lanm08uns
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Kuffner Moritz.jpg
Bildunterschrift Moritz Kuffner Porträt

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Moritz (ab 1878 Edler von) Kuffner, * 30. Jänner 1854 Wien, † 5. März 1939 Zürich (Hirslanden-Klinik), Industrieller, Alpinist, Gattin (1891) Elsa Holitscher (5.3.1867 Gaudenzdorf – 10.1.1938 Wien). Sohn von Ignaz Karl von Kuffner, 3 Söhne Ignaz (* 11.01.1892 Wien, † 04.02.1938 Wien), Dr. Johann (* 09.01.1894 Wien, † 25.02.1973 Lausanne), Stephan (* 09.01.1894 Wien, † 01.11.1976 Zürich)

Ausbildung und Tätigkeit als Brauherr

Moritz Kuffner studierte an der Technischen Hochschule Wien und trat danach in die väterlichen Unternehmungen in Ottakring ein, die er ab 1882 leitete. Er erbte von seinem Vater die Bierbrauerei und ein Millionenvermögen, das es ihm gestattete, sich privat mit Astronomie zu beschäftigen (Kuffner-Sternwarte). Er brachte die Ottakringer Brauerei und die Zucker-, Spiritus- und Presshefefabriken seiner Cousins Wilhelm und Karl in Diószegh in die "Ign.&Jac.Kuffner A.G., Ottakring-Döbling" ein, deren Aktien nur Familienmitglieder besaßen. Wie sein Vater war er ein sozial denkender Arbeitgeber und schloss mit seinen Arbeitern den ersten Kollektivvertrag in einer österreichischen Brauerei ab. Er war 1900 bis 1903 Präsident des Brauherrenverbandes für Wien und Umgebung.

Moritz Kuffner als Kunstfreund und Alpinist

Er galt als hervorragendes Mitglied der jüdischen Wiener Gemeinde, war "Philosoph", "Philanthrop", Experte der englischen und französischen Literatur sowie Nationalökonom. Er veranstaltete in seinem neuerbauten Palais Kuffner (heute Palais Harmer) in der Ottakringer Straße 118-120 Soiréen, an denen Mitglieder der unterschiedlichsten politischen und religiösen Führungsschichten teilnahmen. Er besaß eine bedeutende Sammlung u.a. von Gravierungen und Holzschnitten von Albrecht Dürer und war ein bedeutender Bergsteiger (Erstbesteigungen in den österreichischen und Schweizer Alpen – Kuffnerpfeiler / Piz Palü und Kuffnergrat / Mont Mauduit). 1884-1889 veröffentlichte er Aufsätze in den Publikationen des Österreichischen Alpenvereins. 1900-1919 war er Mitglied des Vorstands der Israelitischen Kultusgemeinde sowie Mitglied des Industriellenklubs, der Gesellschaft der Musikfreunde und des Österreichischen Automobilklubs.

Antisemitismus und Verfolgung der Familie

Bereits in der Monarchie und in der Ersten Republik wurde er wegen seines jüdischen Glaubens als Großindustrieller wiederholt angefeindet, was sich u.a. im Ottakringer Bierboykott des Jahres 1911 äußerte.[1] Während des Ersten Weltkriegs konnte er wegen kriegswirtschaftlicher Vorschriften und Rohstoffmangel statt 12-grädigem nur 4-grädiges Bier erzeugen und litt besonders 1919 unter der Einverleibung der Heimat seiner Vorfahren Lundenburg (Breclav) in den neuen tschechoslowakischen Staat.

1938 musste er nach dem "Anschluss" seine Unternehmungen in Wien verkaufen, wobei die Arisierung durch den Hefefabrikanten Gustav II. Harmer nach Ansicht einer österreichischen Historikerkommission unter den Rahmenbedingungen des NS-Regimes relativ korrekt ablief.[2] Moritz Kuffner musste aber seine Kunstsammlung weitgehend in Wien lassen, um damit die "Reichsfluchtsteuer" und Vermögensabgabe finanzieren zu können.[3]

Ein Teil der Familie emigrierte in die Tschechoslowakei und weiter nach Zürich, wo Moritz 1939 starb. Der Großteil der Familie Kuffner fiel jedoch dem NS-Terror zum Opfer.[4]

1945 wurde der Verkauf der Ottakringer Brauerei durch Restitutions-Nachzahlungen der Familie Harmer an Stephan und Johann Kuffner legalisiert, die aber eine neuerliche Beteiligung an der Brauerei und eine Rückkehr nach Wien verweigerten. Die beiden gründeten in der Schweiz die "Moritz- und Elsa-Stiftung", die vor allem Berggebiete fördert.[5]

Kuffnergasse, Kuffner-Sternwarte, Palais Kuffner, Kuffner (Familie).

Literatur

  • Michael Darthé: Ottakringer – Eine Unternehmensgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Eigentümerverhältnisse. Wien 2007
  • Klaudia Einhorn: Die vertriebene Familie Kuffner. URL: http://kuffner-sternwarte.at/sternwarte/familie-kuffner.php [Stand: 28.12.2016]
  • Katja Fischer: Jüdische Kunstsammlungen in Wien vor 1938 am Beispiel der Familie Kuffner. Dipl.-Arb. Univ. Wien. Wien 2008. URL: http://othes.univie.ac.at/1260/ [Stand: 28.12.2016]
  • Rudolf von Granichstaedten-Cerva / Josef Mentschl / Gustav Otruba: Altösterreichische Unternehmer. 110 Lebensbilder. Wien: Bergland-Verlag 1969 (Österreich-Reihe, 365/367), S. 71
  • Michael Darthé: Ottakringer – Eine Unternehmensgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Eigentümerverhältnisse. Wien: LIT 2007 (Veröffentlichungen der Österreichischen Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, 25)
  • Fritz Knoll: Österreichische Naturforscher, Ärzte und Techniker. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Gesellschaft für Natur und Technik 1957, S. 35
  • Sophie Lillie: Was einmal war – Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens. Wien: Czernin 2003 (Bibliothek des Raubes, 8), S. 615 - 628
  • Georg Gaugusch: Die Familie Kuffner. In: Adler – Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 25 (2000) 8, S. 243-251
  • Georg Gaugusch: Wer einmal war - Das jüdische Großbürgertum Wiens 1800 – 1938. Wien 2011
  • Historikerkommission (Hg.) / Ulrike Felber / Peter Melichar / Markus Priller / Berthold Unfried / Fritz Weber (Projektleitung): Eigentumsänderungen in der österreichischen Industrie 1938-1945 / Teil II Falldarstellungen, S. 637-647 (Fall Ottakringer Brauerei, Spiritus- und Presshefefabrik AG)
  • Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Das goldene Jahrhundert. Wien: Löcker 2014.
  • Christian M. Springer, Alfred Paleczny, Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien: Böhlau 2017
  • Werner W. Weiss: Die Kuffner-Sternwarte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1984 (Wiener Bezirkskulturführer, 24), insbesondere S. 33 f.

Weblinks

Referenzen

  1. Alfred Paleczny: Die Wiener Brauherren. Das goldene Jahrhundert. Wien: Löcker Verlag 2014, S. 157.
  2. Michael Darthé: Ottakringer – Eine Unternehmensgeschichte unter besonderer Berücksichtigung der Eigentümerverhältnisse. Wien: LIT 2007 (Veröffentlichungen der Österreichischen Gesellschaft für Unternehmensgeschichte, 25), S. 41 ff.
  3. Sophie Lillie: Was einmal war – Handbuch der enteigneten Kunstsammlungen Wiens. Wien: Czernin 2003, S. 615 - 628.
  4. Klaudia Einhorn: Die vertriebene Familie Kuffner. URL: http://kuffner-sternwarte.at/sternwarte/familie-kuffner.php
  5. Paleczny, Brauherren, S. 167 f.; www.kuffner.ch