Emerich Sinelli

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Wappen von Emerich Sinelli
Daten zur Person
Personenname Sinelli, Emerich
Abweichende Namensform Sinelli, Emmericus
Titel
Geschlecht männlich
PageID 20423
GND 120092662
Wikidata Q1335491
Geburtsdatum 1622
Geburtsort Komorn, Ungarn
Sterbedatum 27. Februar 1685
Sterbeort Wien
Beruf Priester
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit, Erzdiözese Wien, Bischof, Katholische Kirche, Katholiken, Bistum
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 2.08.2022 durch WIEN1.lanm08pil
Begräbnisdatum
Friedhof Stephansdom
Grabstelle
Bildname Bischofswappen_von_Emerich_Sinelli.jpeg
Bildunterschrift Wappen von Emerich Sinelli
  • 1., Rotenturmstraße 2 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Fürstbischof von Wien (03.03.1681 bis 27.02.1685)
  • Kontroversprediger in Prag (1643 bis 1650)
  • Prediger in der Wiener Schottenkirche (1651)
  • Erster Minister (1682)

Emerich Sinelli, * 1622 Komorn, Ungarn, † 27. Februar 1685 Wien 1, Rotenturmstraße 2 (Bischofshof; Stephansdom), Fürstbischof von Wien, Sohn eines Fleischselchers.

Biographie

Am 29. Juni 1622 wurde der zukünftige Wiener Bischof als Johann Anton Sinelli in Komorn (heute: Komárom, Ungarn) geboren. Seine philosophischen und theologischen Studien absolvierte er in Passau, Linz und Ingolstadt. In Passau empfing er auch die Priesterweihe.

Im Jahr 1643 erfolgte der Ordenseintritt bei den Kapuzinern in Steyr (Oberösterreich), 1644 feierte er die ewige Profess in Gmunden und nahm den Ordensnamen Emerich an.

1649 wurde er vom Orden als Kontroversprediger bei der Rekatholisierung und Gegenreformation in der Stadt Prag eingesetzt. Er widmete sich dort auch in der Seelsorge für Pestkranke und blieb bis zum Jahr 1659 in dieser Stadt.

Ab 1651 war Sinelli für die Rekatholisierung der Protestanten im nördlichen Niederösterreich zuständig. Ob seines Redetalentes setzte ihn der Kapuzinerorden zu seinem offiziellen Generalprediger ein. Außerdem wurde der päpstliche Nuntius in Wien auf ihn aufmerksam und bat ihn, auch dort im Sinn der katholischen Gegenreformation zu wirken. Im Jahr 1659 wurde er zum Sonntagsprediger in der Schottenkirche, eine Funktion, die er 22 Jahre lang innehatte, bis er von Leopold I. zum Hofprediger ernannt wurde. Im Zuge seiner Tätigkeit in der Schottenkirche förderte Sinelli auch das Bruderschafts- und Wallfahrtswesen.

Nach weiteren Karriereschritten in der böhmisch-österreichischen Ordensprovinz der Kapuziner und in seiner Funktion als Ratgeber und engster Vertrauter Kaiser Leopolds I. wurde Sinelli 1670 auf dessen Empfehlung hin zum Apostolischen Präfekten aller Kapuzinermissionen in den österreichischen Erbländern und im Amtsbereich der päpstlichen Nuntiatur in Wien in den Dienst Papst Clemens X. gestellt. Sinelli leitete auch 18 Jahre den Kapuzinerkonvent am Neuen Markt in Wien als Guardian. In dieser Funktion war er insbesondere mit den Rekatholisierungsversuchen der Bevölkerung Ungarns betraut, zunehmend jedoch mit diplomatischen und politischen Aufgaben sowohl für den Kaiser als auch für den Vatikan.

Bischofsamt und politische Tätigkeiten

Als ihn Kaiser Leopold I. um Übernahme des Bistums bat, lehnte Sinelli zunächst ab. Dennoch nominierte ihn der Kaiser am 14. Jänner 1680 zum Fürstbischof von Wien, die päpstliche Verleihung erfolgte am 3. März 1681. Am 20. März 1681 erfolgte Sinelli Investitur in die Temporalien. Die Bischofsweihe erfolgte am 4. Mai 1681 durch Nuntius Francesco Buonvisi im Wiener Stephansdom und in Anwesenheit von Abraham a Sancta Clara.

Im April 1682 wurde Bischof Sinelli zum kaiserlichen Geheimen Rat und am 17. November 1682 zum Ersten Minister, also praktisch Ministerpräsident im Konferenzrat. Aufgrund der Ausübung dieser politischen Ämter vernachlässigte er seine Tätigkeit als Diözesanbischof zusehends. Er konnte auch die Aufträge (Stiftung eines Tridentinischen Seminars zur Ausbildung junger Kleriker, Einrichtung einer Pfandleihanstalt zum Schutz gegen Wucherer und Betrüger) nicht erfüllen. Bei seinen bischöflichen Verpflichtungen ließ sich Sinelli, der außerdem von einem starken Gichtleiden geplagt wurde, von Weihbischof Schmitzberger und vom Wiener Neustädter Bischof Leopold Karl Kollonitsch, dem späteren Primas von Ungarn, vertreten.

Zweite Türkenbelagerung 1683

In die Amtszeit Sinellis fiel die sogenannte Zweite Wiener Türkenbelagerung des Jahres 1683. Da sich angesichts der drohenden Belagerung durch die Osmanen Teile der Wiener Bevölkerung gegen die Jesuiten gewandt und am 5. Juli 1683 eine erregte Menge die Fenster des Bischofshofs eingeschlagen hatten, floh Sinelli aus Wien. Sinelli wurde auch von Kaiser Leopold I., welcher selbst am 7. Juli 1683 Wien in Richtung Linz verließ, zur Flucht genötigt. Als engster Berater des Kaisers war Sinelli für den Einfall der Osmanen mitverantwortlich gemacht worden und floh zusammen mit dem kaiserlichen Hof nach Linz und Passau. An seiner Stelle war der Wiener Neustädter Bischof Leopold Karl Kollonitsch in Wien tätig. Sinelli war der letzte Bischof, der zugleich eine hohe politische Aufgabe zu erfüllen hatte und von dieser so in Anspruch genommen wurde, dass er seinen seelsorgerischen Pflichten nicht hinlänglich nachkommen konnte.

Maßnahmen gegen die Belagerung 1683 wurden auch von kirchlicher Seite unternommen. Klöster stellten Lebensmittel zur Verfügung und nahmen Arme, Kranke und Obdachlose auf. Unter Anleitung von Generalvikar Mayr wurden Geistliche zu Verteidigungs- und Schanzenarbeiten eingeteilt. Der Wiener Neustädter Bischof Leopold Karl Kollonitsch half bei der Organisation von Lebensmitteln, unterstützte das Spitals- und Armenwesen und administrierte die Militärseelsorge. Im Dezember 1683 erhielt Bischof Sinelli aufgrund seiner Versäumnisse als Diözesanbischof von Papst Innozenz XI. eine Rüge.

Tod

Nachdem Leopold I. zu Beginn des Jahres 1685 die nötigen Schritte zur Kardinalserhebung für Sinelli eingeleitet hatte, verstarb der Bischof am 25. Dezember 1685 und wurde in der Bischofsgruft bei St. Stephan beigesetzt. Die Einsegnung nahm der Wiener Neustädter Bischof Leopold Karl Kollonitsch von.

Quellen

Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten.

Literatur

  • Geschichte der Stadt Wien. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Band 5. Wien: Holzhausen 1897-1918. Band 5, S. 272 ff.
  • Franz Loidl: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien: Herold 1983, S. 94-96
  • Franz Loidl / Martin Krexner: Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. Vierzig Biographien. Wien: Schendl 1983, S. 54-55
  • Friedrich Müller / Franz Loidl / Martin Krexner: Geschichte des Erzbistums Wien, Wiens Bischöfe und Erzbischöfe. 2 Buchpräsentationen. Wien: Wiener Katholische Akademie 1983 (Miscellanea / Wiener Katholische Akademie, Arbeitskreis für Kirchliche Zeit- und Wiener Diözesangeschichte, N. R. 187), Register
  • Ernst Tomek: Das Zeitalter der Aufklärung und des Humanismus. Innsbruck - Wien - München: Tyrolia 1959 (Kirchengeschichte Österreichs, 2), S. 71, 75
  • Johann Weißensteiner: Emerich Sinelli. In: Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder. Ein biographisches Lexikon, Bd. 3: 1785/1803 bis 1945. Hg. von Erwin Gatz. Berlin: Duncker & Humblot, S. 462-463
  • Josef Wodka: Kirche in Österreich: Wegweiser durch ihre Geschichte. Wien: Herder 1959, S. 261, 298, 302