Adelheid Popp

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Adelheid Popp
Daten zur Person
Personenname Popp, Adelheid
Abweichende Namensform Dworak, Adelheid
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 16473
GND 118595792
Wikidata Q34391
Geburtsdatum 11. Februar 1869
Geburtsort Inzersdorf bei Wien
Sterbedatum 7. März 1939
Sterbeort Wien
Beruf Politikerin, Arbeiterin, Journalistin, Schriftstellerin
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP)
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW, POLAR
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Recherche
Letzte Änderung am 24.11.2023 durch WIEN1.lanm08tau
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 63, Reihe 2, Grab 24
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab
Bildname AdelheidPopp.jpg
Bildunterschrift Adelheid Popp
  • 13., Wolkersbergenstraße 1 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Mitglied des Provisorischen Gemeinderates der Stadt Wien (3. Dezember 1918, bis: 22. Mai 1919)
  • Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (22. Mai 1919, bis: 10. November 1920)
  • Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien (10. November 1920, bis: 13. November 1923)
  • Mitglied der Konstituierenden Nationalversammlung (4. März 1919, bis: 9. November 1920)
  • Abgeordnete zum Nationalrat (10. November 1920, bis: 17. Februar 1934)
  • Mitglied des sozialdemokratischen Frauenreichskomitees (1898)
  • Mitglied des Parteivorstandes der SDAP (1918, bis: 1933)

Adelheid Popp (1. Reihe, links) mit Therese Schlesinger, Amalie Seidel, Anna Boschek, Emmy Freundlich und Maria Tusch bei einer Sitzung der konstituierenden Nationalversammlung, 1919

Adelheid Popp, * 11. Februar 1869 Inzersdorf bei Wien, † 7. März 1939 Wien, Journalistin, Politikerin.

Meldezettel von Adelheid Popp aus dem Bestand des Wiener Stadt- und Landesarchivs.

Biografie

Adelheid Popp kam als Adelheid Dwořak in Inzersdorf bei Wien zur Welt. Sie stammte aus schwierigsten sozialen Verhältnissen. Ihr Vater Adalbert war alkoholkranker Weber, ihre Mutter Anna nach der Geburt von 15 Kindern früh gealtert. Zehn Geschwister starben bereits im Kindesalter. Adelheid musste schon mit zehn Jahren die Schule verlassen, um als Dienstmädchen und später als Heim- und Fabrikarbeiterin zum Familienunterhalt beizutragen. Durch die Arbeit in einer Fabrik für Bronzeerzeugnisse erkrankte die 13-Jährige schwer und kam im Spital – nach eigenen Angaben – erstmals zur Ruhe. 1909 veröffentlichte sie anonym unter dem Titel "Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin" ihre Kindheitserinnerungen, die in zehn Sprachen übersetzt wurden.

Durch einen Kollegen ihres Bruders kam sie früh mit sozialdemokratischen Ideen in Berührung, las sozialdemokratische Zeitungen und begann mit aktiver Propaganda. Bereits mit 17 Jahren hielt sie eine leidenschaftliche Rede über die unerträgliche Situation von Arbeiterinnen. Führende Sozialisten wie Friedrich Engels, August Bebel, Jakob Reumann und Viktor Adler, dessen Frau Emma ihr Sprach- und Rechtschreibunterricht gab, wurden auf die begabte Agitatorin aufmerksam.

Adelheid Popp war die erste Berufspolitikerin Österreichs, die aufgrund ihres Engagements von ihrer Partei angestellt wurde. Ab 1890 sprach sie in allen Teilen der Monarchie. Sie trat in den Wiener Arbeiterinnen-Bildungsverein ein, in dem sie später auch als Vorstandsmitglied fungierte. 1893 war sie Mitbegründerin und sodann Vorsitzende des Lese- und Diskutierclubs "Libertas – Lese- und Diskutierclub". Zudem wirkte sie als Vorstandmitglied des Wiener Bildungsvereins Meidling und des Wiener Bildungsvereins Fünfhaus und engagierte sich in der Arbeiterjugendbewegung. 1898 wurde sie Mitglied des sozialdemokratischen Frauenreichskomitees.

Von 1892 bis 1933 nahm sie an allen Parteitagen der Sozialdemokraten (außer 1901, als die Geburt ihres Sohnes Felix kurz bevorstand) teil. Im Oktober 1892 schied Adelheid Popp aus der Korkfabrik, in der sie bis zuletzt tätig war, aus und arbeitete als Redakteurin für die von ihr mitbegründeten sozialdemokratischen Arbeiterinnen-Zeitung. Als das Blatt 1895 wegen "Herabwürdigung der Ehe und Familie" angeklagt wurde, verurteilte man sie als verantwortliche Redakteurin zu einer Gefängnisstrafe.

Adelheid Popp beteiligte sich 1893 an der Organisation eines der ersten Frauenstreiks. 700 Arbeiterinnen forderten in einem dreiwöchigen Streik eine Verkürzung der Arbeitszeit und die Verbesserung der Arbeitsbedingungen. 1893 heiratete sie den sozialdemokratischen Funktionär Julius Popp, mit dem sie zwei Söhne hatte; Sohn Felix verstarb 1925 an einer Infektionskrankheit, Sohn Jultschie fiel im Ersten Weltkrieg.

1901 wurde Adelheid Popp Vorstand des Vereins der Heimarbeiterinnen von Wien-Ottakring. Gegen den erheblichen Widerstand der eigenen Parteispitze initiierte sie mit Therese Schlesinger 1902 den Verein sozialdemokratischer Frauen und Mädchen. Ab 1907 war sie Mitglied des Internationalen Sozialdemokratischen Frauenkomitees, dessen Vorsitz sie 1916 übernahm. In Amalie Seidel und Lotte Glas-Pohl fand sie Mitstreiterinnen beim Kampf um die politische Gleichberechtigung von Frauen. Bei den Friedenskundgebungen im Jänner und Februar 1917 in Wien war Adelheid Popp neben Therese Schlesinger die einzige Rednerin und sprach auch als einzige Frau im Konzerthaussaal am 11. November 1917 bei der Feier zum Sieg der Russischen Revolution. Nach dem Ersten Weltkrieg forderte Adelheid Popp die Wiederbelebung der Sozialistischen Internationalen.

Adelheid Popp war eine der führenden Politikerinnen in der Ersten Republik. Sie gehörte dem Provisorischen Gemeinderat der Stadt Wien nach dem Ersten Weltkrieg an und kandidierte für die Sozialdemokratische Arbeiterpartei im 16. Bezirk. Von 1919 bis 1920 fungierte sie als Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien, von 1920 bis 1923 als Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Gemeinderates der Stadt Wien. Zudem gehörte sie der Konstitutierenden Nationalversammlung an und war von 1920 bis 1934 Abgeordnete zum Nationalrat. Adelheid Popp, welche bereits am Parteitag 1896 eine Form der Quotenregelung forderte und sich maßgeblich für das aktive und passive Frauenwahlrecht einsetzte, zählte somit zu den ersten weiblichen Abgeordneten Österreichs. Auch als Parlamentsabgeordnete widmete sie sich vor allem Frauenthemen wie der Reform des Eherechts, forderte gleiche Löhne für Männer und Frauen und drängte auf eine Novellierung des Hausgehilfengesetzes sowie die Straffreistellung des Schwangerschaftsabbruchs. Zwischen März 1921 und Dezember 1931 forderte sie im Parlament bei zehn Nationalratssitzungen eine Freigabe der Abtreibung durch eine Ärztin/einen Arzt in den ersten drei Schwangerschaftsmonaten. Ihre Anträge wurden abgelehnt.

1933 schied sie aus gesundheitlichen Gründen aus dem sozialdemokratischen Parteivorstand, dem sie seit 1918 angehörte, aus. Während des Aufstandes des Republikanischen Schutzbundes im Februar 1934 befand sich Adelheid Popp im Spital und entging so der Verhaftung durch das Dollfuß-Schuschnigg-Regime. Ab 1934 lebte sie zurückgezogen in Wien und starb am 7. März 1939.

Die in den Jahren 1932/33 nach Plänen von Karl Ehn errichtete städtische Wohnhausanlage Adelheid-Popp-Hof in Ottakring wurde 1949 nach ihr benannt. 2011 nannte man die Adelheid-Popp-Gasse in der Donaustadt und den Adelheid-Popp-Park in Hernals nach der Politikerin.

Werke (Auswahl)

  • Adelheid Popp. Die Jugendgeschichte einer Arbeiterin von ihr selbst erzählt. München: E. Reinhardt 1909
  • Adelheid Popp: Die Arbeiterin im Kampf ums Dasein. Wien: I. Brand 1911
  • Adelheid Popp: Gedenkbuch. 20 Jahre österreichische Arbeiterinnenbewegung. Wien: Wiener Volksbuchhandlung 1912
  • Adelheid Popp: Erinnerungen. Aus meinen Kindheits- und Mädchenjahren. Stuttgart. J. H. W. Dietz 1915
  • Adelheid Popp: Frauen der Arbeit, schließt euch an! Ein Mahnruf. Wien: Brand 1919
  • Adelheid Popp: Der Weg zur Höhe. Die sozialdemokratische Frauenbewegung Österreichs – ihr Aufbau, ihre Entwicklung und ihr Aufstieg. Wien: Frauenzentralkomitee der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs 1929

Quellen

Literatur

  • Adelheid Popp: Jugend einer Arbeiterin. Hrsg. von Sibylle Hamann. Wien: Picus 2019
  • Sibylle Hamann: Eine muss die Erste sein. In: Falter 9/19, 27.02.2019, S. 20−21
  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3: P−Z. Wien [u. a.]: Böhlau 2016
  • Gabriella Hauch: Frauen bewegen Politik. Österreich 1848−1938. Innsbruck [u. a.]: Studienverlag 2009 (= Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung, Band 10)
  • Wolfgang Solt: Mitglieder des Gemeinderates der Stadt Wien (Wiener Landtages) und des Stadtsenates der Stadt Wien (der Wiener Landesregierung) 1918−1934. Wien: 1995
  • Edith Leisch-Prost [Hg.]: "Die Partei hat mich nie enttäuscht...". Österreichische Sozialdemokratinnen. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1989
  • Wienbibliothek Digital: Oswald Knauer: Der Wiener Gemeinderat 1861−1962. In: Handbuch der Stadt Wien. Band 77. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1963 [Stand: 11.11.2019]
  • Susanne Krejsa MacManus, Christian Fiala: Die "Oma" der Abtreibungsregelung - Nationalratsabgeordnete Adelheid Popp. Wien: MUVS 2022

Weblinks