Franz Blei

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Daten zur Person
Personenname Blei, Franz
Abweichende Namensform
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 12895
GND 118511653
Wikidata Q85517
Geburtsdatum 18. Jänner 1871
Geburtsort Wien
Sterbedatum 10. Juli 1942
Sterbeort Westbury, New York
Beruf Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 8., Neudeggergasse 5 (Wohnadresse)
  • 7., Breite Gasse 17 (Wohnadresse)
  • 7., Gardegasse 3 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Franz Blei, * 18. Jänner 1871 Wien, † 10. Juli 1942 Westbury, New York, Schriftsteller.

Biografie

Franz Bleis Vater war ursprünglich ein Schuhmacher, dem es gelungen war, durch Immobiliengeschäfte wohlhabend zu werden. Eine französische Gouvernante brachte dem Kind schon früh die französische Sprache und Kultur näher. Nachdem er sowohl das Stiftsgymnasium Melk als auch ein Wiener Gymnasium verlassen musste, legte Blei 1888 die Externistenmatura ab. 1887 trat er aus der katholischen Kirche aus, 1919 wieder ein. Schon früh fand er Anschluss an sozialistische Kreise und machte die Bekanntschaft Viktor Adlers, während seines Schweiz-Aufenthalts lernte er Lenin kennen.

1890 ging Franz Blei nach Zürich, um an der ETH Nationalökonomie zu studieren, besuchte aber auch Lehrveranstaltungen aus Geschichte und Literatur, studierte ab 1892 in Genf und promovierte schließlich 1894 in Bern mit der Dissertation "Dialoge des Abbé Galiani", die ein Jahr später publiziert wurde.

In Zürich hatte Blei die Medizinstudentin Maria Lehmann kennen gelernt, die er 1894 heiratete. 1897 kam die gemeinsame Tochter Maria Eva Sibylla (genannt Billy) zur Welt, 1905 der Sohn Peter. Die Jahre 1898 bis 1900 verbrachte Franz Blei zu einem großen Teil in Amerika, wo seine Frau ein Studium der Zahnmedizin absolvierte, während er selbst durchs Land reiste und in verschiedenen Bibliotheken Recherchen nachging. Nach seiner Rückkehr nach Europa ließ sich Blei mit seiner Familie in München nieder, um als Redakteur der Zeitschrift "Die Insel" sowie als Erzähler, Dramatiker, Essayist und Übersetzer zu arbeiten. 1907 war er an der Gründung der "Gesellschaft der Münchner Bibliophilen" beteiligt. 1911 übersiedelte er nach Berlin.

Franz Blei wurde 1916 zum Kriegsdienst einberufen und diente aufgrund eines Herzleidens ab Mai 1917 im Kriegspressequartier. In dieser Zeit schloss er Freundschaft mit Albert Paris Gütersloh, mit dem er Ende 1918 das zeitkritische Periodikum "Die Rettung" gründete. In Franz Werfels Schlüsselroman "Barbara oder die Frömmigkeit" (1929) ist Blei in den Kapiteln, die die chaotische Frühzeit der Ersten Republik in Wien behandeln, in der Figur des Dr. Basil porträtiert.

1920 veröffentlichte Blei sein bekanntestes Werk, die Spottschrift "Das große Bestiarium der modernen Literatur", in der er zeitgenössische Autoren als Tiere karikiert. In den 1920er Jahren arbeitete er auch für den Film – als Drehbuchautor, Regisseur und als Schauspieler. 1930 veröffentlichte er unter dem Titel "Erzählung eines Lebens" seine Memoiren.

Blei lebte in der Zwischenkriegszeit in München, Berlin und Wien, von 1932 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs (1936) gemeinsam mit seiner Tochter Sibylla auf Mallorca. Seine Bücher wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in öffentlichen Bibliotheken verboten. 1938 emigrierte Blei über Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York; er starb vereinsamt am 10. Juli 1942 in Westbury, Long Island.

Gelegentlich veröffentlichte Franz Blei unter Pseudonymen wie Medardus und Doktor Peregrinus Steinhövel. Er förderte als Kulturkritiker und -vermittler zahlreiche alte und neue literarische Schätze zutage, unter anderem sind in seiner Zeitschrift "Hyperion" die ersten gedruckten Texte Franz Kafkas zu finden. Außerdem setzte er sich für Hermann Broch und Robert Musil ein. Für Alexander von Zemlinsky, Paul Hindemith und Friedrich Hollaender schrieb er Libretti. Blei übersetzte literarische Werke aus dem Englischen und Französischen (unter anderem von Paul Claudel und Oscar Wilde) und verfasste zahlreiche biografische Porträts (zum Beispiel "Die göttliche Garbo", 1930; "Talleyrand oder der Zynismus", 1932). Die von ihm herausgegebenen oder mitredigierten Zeitschriften haben auf die Entwicklung der österreichischen und deutschen Literatur jahrzehntelang bestimmenden Einfluss ausgeübt. Zu nennen wären etwa: "Amethyst" (seine erste als Pornografie verschriene Zeitschrift, 1906), "Opale" (1907), "Hyperion" (mit Carl Sternheim, 1908), "Der Zwiebelfisch" (1909), "Der Lose Vogel" (1912 bis 1913), "Summa" (mit Max Scheler, 1917) und "Die Rettung" (Albert Paris Gütersloh, 1918).

1959 wurde die Bleigasse nach dem Autor benannt.

Quellen

Literatur

  • Gerhard Hubmann: Billys Diarium. In: Wiener Zeitung, Onlineausgabe, 21.04.2018
  • Hartmut Walravens / Angela Reinthal: Franz Blei als Berater des Verlages Georg Müller. Franz Bleis Briefe an Georg Müller. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015
  • Kyra Waldner: Franz Blei möchte sein Klavier verkaufen. In: "Es ist Frühling, und ich lebe noch". Eine Geschichte des Ersten Weltkriegs in Infinitiven. Von Aufzeichnen bis Zensieren. Hg. von Marcel Atze und Kyra Waldner. St. Pölten / Salzburg / Wien: Residenz Verlag 2014, S. 398f.
  • Franz Blei: Erzählung eines Lebens. Mit einem Nachwort von Ursula Pia Jauch. Wien: Zsolnay 2004
  • Helga Mitterbauer: Die Netzwerke des Franz Blei. Kulturvermittlung im frühen 20. Jahrhundert. Tübingen / Basel: A. Francke 2003
  • Dietrich Harth [Hg.]: Franz Blei. Mittler der Literaturen. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1997
  • Franz Blei: Porträts. Hg. von Anne Gabrisch. Wien [u. a.]: Böhlau 1987 (Österreichische Bibliothek, 6)
  • Murray G. Hall: Der unbekannte Tausendsassa Franz Blei und der Etikettenschwindel 1918

Weblinks