Arthur Schnitzler

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Arthur Schnitzler nach einer Radierung von Ferdinand Schmutzer, um 1920
Daten zur Person
Personenname Schnitzler, Arthur
Abweichende Namensform
Titel Dr. med. univ.
Geschlecht männlich
PageID 11215
GND 118609807
Wikidata Q44331
Geburtsdatum 15. Mai 1862
Geburtsort Wien
Sterbedatum 21. Oktober 1931
Sterbeort Wien
Beruf Arzt, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zwischenkriegszeit, Burgtheatergalerie
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 8.03.2024 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof Alter Israelitischer Friedhof
Grabstelle Gruppe 6, Reihe 0, Nummer 4
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Arthur Schnitzler 6.jpg
Bildunterschrift Arthur Schnitzler nach einer Radierung von Ferdinand Schmutzer, um 1920
  • 1., Burgring 1 (Wirkungsadresse)
  • 9., Frankgasse 1 (Wirkungsadresse)
  • 18., Sternwartestraße 71 (Letzte Wohnadresse)
  • 2., Praterstraße 16 (Geburtsadresse)
  • 18., Sternwartestraße 71 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Raimundpreis (Verleihung: 27. März 1914)
  • Volkstheaterpreis (Verleihung: 8. Oktober 1920)
  • Bauernfeldpreis (Verleihung: 27. März 1899)
  • Bauernfeldpreis (Verleihung: 17. März 1903)
  • Grillparzerpreis (Verleihung: 15. Jänner 1908)
  • Burgtheaterring (Verleihung: 23. April 1926)

Arthur Schnitzler, 1882
Arthur Schnitzler, 1896
Arthur Schnitzler, 1904; aufgenommen von Felix Salten
Arthur Schnitzler, 1921
Arthur Schnitzler, 1903

Arthur Schnitzler, * 15. Mai 1862 Wien , † 21. Oktober 1931 Wien, Schriftsteller, Arzt.

Biografie

Arthur Schnitzler kam als erster Sohn von insgesamt vier Kindern des Laryngologen Johann Schnitzler und dessen Gattin Luise, Tochter des Wiener Arztes Philipp Markbreiter, in der Praterstraße 16 zur Welt. Ab 1871 besuchte er das Akademische Gymnasium und legte am 8. Juli 1879 die Matura mit Auszeichnung ab. Danach studierte er an der Universität Wien Medizin und wurde am 30. Mai 1885 zum Dr. med. promoviert. Von 1885 bis 1888 arbeitete er als Assistenz- und Sekundararzt am Allgemeinen Krankenhaus und war danach bis 1893 Assistent seines Vaters an der laryngologischen Abteilung der Allgemeinen Poliklinik Wien. Er betätigte sich bereits in dieser Zeit als literarischer Schriftsteller. Gleichzeitig arbeitete er als Redakteur der von seinem Vater gegründeten "Internationalen Klinischen Rundschau" und verfasste selbst medizinwissenschaftliche Beiträge und Rezensionen. Nach dem Tod seines Vaters 1893 verließ er die Poliklinik und eröffnete eine Privatpraxis (1., Burgring 1, dann 9., Frankgasse 1).

In der Zeit bis zu seinem 40. Lebensjahr, als mit der Geburt des Sohnes Heinrich am 9. September 1902 erstmals eine Schwangerschaft einer seiner vielen Partnerinnen zu einem Kind führte, war Schnitzler sehr promiskuitiv. Er verweigerte sich Heiraten auch dann, wenn die jeweiligen Partnerinnen schwanger waren. Die vielen parallel geführten Beziehungen dokumentierte Schnitzler in seinem Tagebuch, das seit 1879 und bis zu seinem Tod überliefert ist und nahezu für jeden Tag seines Lebens kurz Auskunft gibt. Nachdem Heinrich das 1. Lebensjahr überlebt hatte, kam es am 26. August 1903 zur Hochzeit mit der um zwei Jahrzehnte jüngeren Kindsmutter Olga Gussmann in der Synagoge Währing. Am 13. September 1909 kam die Tochter Lili auf die Welt. Dadurch war die Familienwohnung in der Edmund-Weiß-Gasse zu klein geworden. Am 14. April 1910 erwarb Schnitzler die Villa Sternwartestraße 71 im 18. Wiener Gemeindebezirk, die Hedwig Bleibtreu nach dem Tod ihres Mannes Alexander Römpler zum Kauf anbot. 1921 ließen sich Arthur und Olga Schnitzler scheiden. Trotz der wechselnden Partnerinnen dürfte Schnitzler in der Ehe monogam geblieben sein und es war eine außereheliche Beziehung Olgas und ihr Bestreben, eine Gesangskarriere aufzubauen, die zur Auflösung der Ehe führte. Im letzten Lebensjahrzehnt war Schnitzler halb offiziell mit Clara Katharina Pollaczek liiert und zum Schluss auch noch mit seiner Übersetzerin Suzanne Clauser in einer intimen Beziehung. 1928 starb die Tochter Lili an einem Revolverschuss. Sie hatte sich 18jährig mit einem italienischen Faschisten verheiratet und im Zuge eines Ehestreits mit der Waffe hantiert. Inwiefern es sich um Suizid oder einen Unfall handelt, ist nicht geklärt. Die Tragödie erschütterte Schnitzler tief. Am 21. Oktober 1931 starb er als einer der einflussreichsten deutschsprachigen Dramatiker und Schriftsteller seiner Zeit im Alter von 69 Jahren an einer Hirnblutung. Er liegt auf dem Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab in der Israelitischen Abteilung begraben.

Seine ersten Gedichte und literarischen Prosatexte konnte Schnitzler zunächst in verschiedenen Periodika veröffentlichen, darunter in der Zeitschrift "An der Schönen Blauen Donau". Mit der psychologisch und formal überaus präzise gebauten Novelle "Sterben" (1895) begann die lebenslange Zusammenarbeit mit dem S. Fischer Verlag, der bereits zum 50. Geburtstag des Autors eine Gesamtausgabe in sieben Bänden herausbrachte; bei S. Fischer erschien mit der Novelle "Flucht in die Finsternis" (1931) auch Schnitzlers letztes Buch zu Lebzeiten. Schnitzler zählt zu den typischen Vertretern der literarischen Wiener Moderne, war nicht nur ein ausgezeichneter Beobachter mit psychologischem Gespür, sondern auch ein hervorragender Stilist von melancholischer und leicht ironisierender Art. Eine Besonderheit seines literarischen Schaffens liegt darin, dass viele seiner Werke explizit im zeitgenössischen Wien spielen. Während Künste und Wissenschaften im Wien der Jahrhundertwende blühten, deckte Schnitzler die psychologischen und sozialen Abgründe hinter der Fassade des Erfolgs auf. Er porträtierte im Roman "Der Weg ins Freie" (1908) das assimilierte jüdische Bürgertum auf der Suche nach dessen Identität in der zu Ende gehenden Habsburgermonarchie im Spannunsgfeld zwischen Antisemitismus und Zionismus. Schnitzler gehörte zu jenen prominenten Vertretern "Jung-Wiens", die sich regelmäßig im Café Griensteidl trafen; seine engsten Wegbegleiter waren Hermann Bahr, Richard Beer-Hofmann, Hugo von Hofmannsthal und Felix Salten.

Zu den berühmtesten dramatischen Werken Schnitzlers zählen "Anatol" (1893), Liebelei (erster großer Bühnenerfolg am Burgtheater am 9. Oktober 1895), "Der grüne Kakadu" (1899), "Reigen" (1900), "Der Schleier der Beatrice" (1900), "Der einsame Weg" (1903), "Der junge Medardus" (1910), "Das weite Land" (1911) und "Professor Bernhardi" (1912); unter den erzählerischen Werken sind besonders die Novellen "Frau Bertha Garlan" (1900), "Lieutenant Gustl" (1900) und "Fräulein Else" (1924) sowie der späte Roman "Therese" (1928) hervorzuheben.

Arthur Schnitzlers Werke gaben immer wieder Anlass für öffentliche Debatten und Skandale. Nach der Veröffentlichung des "Lieutenant Gustl" wurde ihm am 14. Juni 1901 der Offiziersrang als Oberarzt der Reserve wegen angeblicher Schädigung des Ansehens und Beleidigung der österreichisch-ungarischen Armee aberkannt. Das 1912 fertiggestellte Drama "Professor Bernhardi" konnte aus Zensurgründen bis 1918 nicht aufgeführt werden. Nach der Uraufführung des Stücks "Der Reigen", das Schnitzler bereits 1896/97 verfasst hatte, wurde ihm 1921 ein Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses gemacht. Die kompromisslose Darstellung des Ehebruchs und die intimen Dialoge zwischen Macht, Verführung, Sehnsucht, Enttäuschung und Verlangen waren mit den Moralvorstellungen seiner Zeit nicht vereinbar. Nach tagelangen Angriffen gegen Schnitzler sprengte eine antisemitische Truppe im Februar 1921 spektakulär die Aufführung der Szenenfolge in den Kammerspielen in der Rotenturmstraße. Das daraufhin von Schnitzler verhängte Aufführungsverbot war bis 1982 gültig, wurde allerdings durch Filme und Hörspielfassungen umgangen.

Arthur Schnitzler ist – als scharfsinniger und formbewusster Chronist der Wiener Gesellschaft um 1900 – einer der erfolg- und einflussreichsten österreichischen Schriftsteller. Seit Anfang des 20. Jahrhunderts gehört er zu den meistgespielten Dramatikern nicht nur der deutschsprachigen Bühnen. Seine Theaterstücke und Erzählwerke wurden in viele Sprachen übersetzt und dienten als Vorlage für zahlreiche Verfilmungen, beginnend mit dem dänischen Stummfilm "Elskovsleg" (1914) auf Grundlage der "Liebelei" bis hin zu Stanley Kubricks Adaption der "Traumnovelle" ("Eyes wide shut") aus dem Jahr 1999. Die literaturwissenschaftliche Wertschätzung von Schnitzlers Werk zeigt sich nicht zuletzt an groß angelegten Editionsprojekten, die sich seit 2010 der Herausgabe des gesamten Œuvres widmen. Sein Tagebuch, das die Jahre 1879 bis 1931 umspannt, ist seit der Edition durch die Österreichische Akademie der Wissenschaften eine vielverwendete Quelle von unersetzlichem kulturgeschichtlichen Wert.

An Arthur Schnitzler erinnern in Wien unter anderem: eine Gedenktafel an seinem Geburtshaus, 2., Praterstraße 16, das Schnitzlerdenkmal, der Schnitzlerhof, eine Gedenktafel an seinem Sterbehaus, 18., Sternwartestraße 71, und eine Büste im Burgtheater (enthüllt 21. Oktober 1971). 2016 wurde der Vorplatz des Volkstheaters nach dem Schriftsteller benannt.

Quellen

Literatur

  • Gerhard Hubmann: "Schwankende häusliche Stimmung". Mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. In: "So schön kann Wissenschaft sein!" Mit Kronprinz Rudolf im Unterricht, mit Kaiserin Elisabeth von Schloss zu Schloss, mit Arthur Schnitzler beim Villenkauf. Zeitkapseln aus der Sammlung Brigitte Hamann. Geöffnet und hg. von Marcel Atze unter Mitarbeit von Kyra Waldner. [Wien]: Amalthea 2017, S. 220–236
  • Christoph Jürgens / Wolfgang Lukas / Michael Scheffel [Hg.]: Schnitzler-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung. Stuttgart / Weimar: Metzler 2014
  • Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Reclam 2005 (RUB, 17653)
  • Ruth Klüger: Schnitzlers Damen, Weiber, Mädeln, Frauen. Mit einem Vorwort von Hubert Christian Ehalt. Wien: Picus-Verlag 2001 (Wiener Vorlesungen im Rathaus, 79)
  • Konstanze Fliedl: Arthur Schnitzler. Poetik der Erinnerung. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1997 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 42)
  • Ulrich Weinzierl: Arthur Schnitzler. Lieben, Träumen, Sterben. Frankfurt am Main: Fischer 1994
  • Michaela L. Perlmann: Arthur Schnitzler. Stuttgart: Metzler 1987
  • Renate Wagner: Arthur Schnitzler. Eine Biographie. Wien: Molden 1981
  • Heinrich Schnitzler / Christian Brandstätter / Reinhard Urbach [Hg.]: Arthur Schnitzler. Sein Leben, sein Werk, seine Zeit. Frankfurt am Main: Fischer 1981
  • Renate Wagner: Frauen um Schnitzler. Frankfurt: Fischer-Taschenbuch-Verlag 1980
  • Hartmut Scheible: Arthur Schnitzler und die Aufklärung. München: Fink 1977
  • Reinhard Urbach: Schnitzler-Kommentar. Zu den erzählenden Schriften und dramatischen Werken. München: Winkler 1974 (Winkler-Germanistik. Kommentare zu Dichtern und Epochen)
  • Gerhard Neumann / Jutta Müller: Der Nachlaß Arthur Schnitzlers. Verzeichnis des im Schnitzler-Archiv der Universität Freiburg i. Br. befindlichen Materials. Mit einem Vorwort von Gerhart Baumann und einem Anhang von Heinrich Schnitzler: Verzeichnis des in Wien vorhandenen Nachlaßmaterials. München: Fink 1969
  • Reinhard Urbach: Arthur Schnitzler. Velber: Friedrich 1968 (Friedrichs Dramatiker des Welttheaters, 56)
  • Gerhart Baumann: Arthur Schnitzler. Die Welt von Gestern eines Dichters von Morgen. Berlin: Athenäum 1965
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 2. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 420
  • Richard Specht: Arthur Schnitzler. Der Dichter und sein Werk. Eine Studie. Berlin: Fischer 1922
  • Josef Körner: Arthur Schnitzler, Gestalten und Probleme. Zürich / Wien: Amalthea 1921
  • Theodor Reik: Arthur Schnitzler als Psycholog. Minden: Bruns 1913
  • Leo Feigl: Arthur Schnitzler und Wien. Wien: Paul Knepler 1911

Weblinks