Vororte

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Glasauergasse 16: Hinterhof am 28. Mai 1917.
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 25.10.2022 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Glasauergasse16.jpg
Bildunterschrift Glasauergasse 16: Hinterhof am 28. Mai 1917.

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Außerhalb des Linienwalls gelegene ehemalige niederösterreichische Ortsgemeinden, die 1890/1892 eingemeindet und zu den Bezirken 11-19 zusammengeschlossen wurden.

Liste


Einbezogen wurden auch kleine Teile von:

Vorgeschichte der Eingemeindung

Alle Vororte lagen außerhalb des 1704 errichteten Linienwalls, unterstanden bis 1848 verschiedenen Orts- und Grundherren und waren danach selbstständige niederösterreichische Gemeinden (die von Bürgermeistern geleitet wurden).

Die erste Annäherung an Wien vollzog sich im Rahmen der Polizeiorganisation; ab 1751 unterstanden Fünfhaus, Sechshaus, die später zu Rudolfsheim vereinten Gemeinden Braunhirschengrund, Reindorf und Rustendorf sowie Neulerchenfeld, Hernals (durchwegs Standorte der wachsenden Industrie) und Währing der Polizeidirektion Wien.

1850/1851 und 1873 wurde deren Sprengel auf die meisten übrigen Vororte ausgedehnt. Die nördlichen und ein Teil der westlichen Vororte waren ab Anfang des 19. Jahrhunderts beliebte Sommerfrischen der Stadtbevölkerung.

Seit 1850 umfasste das Stadtgebiet auch die 1704 außerhalb des Linienwalls gebliebenen Teile der ehemaligen Vorstädte und nunmehrigen Bezirke Wieden, Margareten (Bezirk ab 1861) und Landstraße. 1874 wurde aus diesen Teilen von Wieden und Margareten sowie aus Teilen der Gemeinden Inzersdorf, Ober- und Unterlaa der 10. Bezirk, Favoriten, gebildet.

Eingemeindung

Den Anlass für die Eingemeindung der Vororte gab die unterschiedliche Höhe der 1829 eingeführten Verzehrungssteuer, einer staatlichen Abgabe, die auf verschiedenste Artikel des täglichen Bedarfs (vor allem Lebensmittel) aufgeschlagen wurde und die in Großstädten wie Wien wesentlich höher und umfassender war als in Kleinstädten und Landgemeinden. Dadurch war in Wien das Preisniveau höher als in den Vororten, es kam zu einer für Wien nachteiligen Entwicklung (Geldabfluss, Bevölkerungsabwanderung, Sozialgefälle, steigende Grundstückspreise, höhere Mieten und anderem).

Die Vereinigung mit Wien zu einer "Großkommune" wurde zwar bereits 1849 durch Innenminister Franz Graf Stadion angeregt, doch wehrte sich der Wiener Gemeinderat entschieden, diesen weit vorausschauenden Plan zu akzeptieren, da er durch die Herstellung der in den Vororten weitgehend fehlenden technischen und sozialen Infrastruktur zu große finanzielle Belastungen für die Stadt befürchtete.

Ab 1872 beriet eine "Vorortkommission" des Wiener Gemeinderats Möglichkeiten für Lösungen, 1887 wurde die niederösterreichische Landesregierung damit befasst, 1888 sprach sich Franz Joseph I. anläßlich der Eröffnung des Türkenschanzparks für die Eingemeindung der Vororte aus. Ein Reichsgesetz zur Reform der Verzehrungssteuer erhielt am 10. Mai 1890 die kaiserliche Sanktion. Das niederösterreichische Landesgesetz, das nicht nur die Eingemeindung der Vororte nach Wien, sondern auch ein neues Gemeindestatut und eine neue Gemeindewahlordnung vorsah (Stadtverfassung) wurde am 9. Dezember 1890 beschlossen, am 19. Dezember 1890 publiziert und trat am 1. Jänner 1892 in Kraft.

Bereits 1891 fanden in den Vororten erstmals Wahlen zum Wiener Gemeinderat statt. Durch die Eingemeindung ergaben sich auch fiskalische Veränderungen: die ab 1829 am Linienwall eingehobene Verzehrungssteuer wurde hinfällig, die bisherigen "Linienämter" wurden funktionslos.

Die Vororte waren insbesonders von vielen Arbeitern als Wohnort gewählt worden, weil die billigeren Mietzinse in Verbindung mit der außerhalb des Linienwalls geringeren Verzehrungssteuer gegenüber den Vorstädten (beziehungsweise später den Bezirken 3-9) zu deutlich geringeren Lebenshaltungskosten führten. Die geringeren Grundstückspreise (und damit die niedrigeren Renditen des eingesetzten Kapitals) führten allerdings auch zur Errichtung von qualitativ minderwertigen "Zinskasernen" mit jenen Substandardwohnungen, die noch heute Probleme aufwerfen. Da die Arbeiter jedoch (trotz wachsender Industrialisierung in den Vororten) oft in den innerhalb der "Linien" gelegenen Vorstädten ihre Arbeitsplätze hatten, begann in dieser Zeit eine "Berufspendelwanderung", die billligere Massenverkehrsmittel erforderte (Stellwagen, Pferdeomnibusse, später Pferdetramway).

Manche Vororte waren unabhängig von dieser Entwicklung (insbesonders ab der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts) beliebte Sommerfrischen (darunter Hietzing, Penzing, Hernals, Salmannsdorf, Sievering), in anderen entstanden Villenviertel (Cottageviertel in Hietzing, Währing und Döbling) und Landhäuser der gehobenen bürgerlichen Bevölkerung. Außerdem florierten dort, wo es bereits Verkehrsverbindungen gab, Vergnügungsetablissements (insbesondere in Hietzing, Hernals und Döbling), Wirtshäuser (vor allem im unmittelbar vor dem Linienwall gelegenen Neulerchenfeld) und Heurigenschenken.

Obwohl die Vororte bereits seit 1890/1892 mit Wien vereinigt sind, haben sich im Sprachgebrauch viele der alten Ortsnamen erhalten (beispielsweise Lainz, Neulerchenfeld sowie die Heurigenorte im Norden bis Westen Wiens); auch die Verkehrsbetriebe bezeichnen bis in die Gegenwart Stationen beziehungsweise Ziele mancher Linien nach ehemaligen Vororten, wie Hütteldorf (U4, 49), Unter-Sankt-Veit (U4, 10), Baumgarten (52), Hietzing (U4), Heiligenstadt (U4), Nußdorf (D), Grinzing (38), Sievering (39A), Gersthof (9, 42A) und Neuwaldegg (43); dasselbe gilt für Stationen der Schnellbahn (Hetzendorf, Atzgersdorf, Speising, Penzing) und der Vorortelinie (S 45).

Noch stärker zeigt sich der Wunsch nach über die Bezirksnummer hinausgehenden topografischen Bezeichnungen einzelner Stadtgegenden in den Bezirken 21, 22 und 23.

Quellen

Literatur

  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1, S 390 ff.)
  • Robert Messner: Die Leopoldstadt im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der nordöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1962 (Topographie von Alt-Wien, 1)
  • Robert Messner: Die Landstrasse im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südöstlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verband der Wissenschaftlichen Gesellschaften Österreichs 1978 (Topographie von Alt-Wien, 5)
  • Robert Messner: Die Wieden im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der südwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 7)
  • Robert Messner: Mariahilf im Vormärz. Historisch-topographische Darstellung der westlichen Vorstädte Wiens (südliche Hälfte) auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1982 (Topographie von Alt-Wien, 6)
  • Robert Messner: Der Alsergrund im Vormärz. Historisch-Topographische Darstellung der nordwestlichen Vorstädte und Vororte Wiens auf Grund der Katastralvermessung. Wien: Verlag Notring 1970 (Topographie von Alt-Wien, 2)
  • Adalbert Klaar: Die Siedlungsformen Wiens. Wien: Zsolnay 1971
  • Ferdinand Opll: Erstnennung von Siedlungsnamen im Wiener Raum. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981 (Kommentare zum Historischen Atlas von Wien, 2)
  • Elisabeth Schuster: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen. Band 1/3: Einleitung, Abkürzungsverzeichnisse, Ortsnamen A bis E. Wien: Verein für Landeskunde von Niederösterreich 1989
  • Hermann Oberhummer: Die Wiener Polizei l. 1937, S. 287 ff.

Spezialliteratur bei den einzelnen Vororten