Franziskanerkloster

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Franziskanerkirche und Kloster aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von 1589
Datum bis
Andere Bezeichnung Hieronymuskloster
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Abraham Mall, Peter Zentner
Prominente Bewohner
PageID 23785
GND
WikidataID
Objektbezug Mittelalter, Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Paul Harrer: Wien, seine Häuser
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Letzte Änderung am 16.06.2023 durch WIEN1.lanm08uns
Bildname Franziskanerkirche.jpg
Bildunterschrift Franziskanerkirche und Kloster aus dem 17. und 18. Jahrhundert.
  • 1., Franziskanerplatz 4
  • 1., Weihburggasse 19
  • 1., Singerstraße 26-26A
  • Nr.: 913 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 945 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 969 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 23.54" N, 16° 22' 28.60" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Franziskanerkloster (1., Franziskanerplatz 4, Weihburggasse 19, Singerstraße 26-26A; Konskriptionsnummer 913).

1., Singerstraße 26, um 1940

Erstes Wiener Ordenshaus

Das erste Wiener Ordenshaus der Franziskaner (und zwar des strengen Ordenszweigs der Observanten) war jenes zu St. Theobald (Theobaldkirche). Es wurde am 22. Juli 1451 von Johannes Capistran für seine aus Italien mitgekommenen zwölf Ordensbrüder in Besitz genommen, nachdem die dort sesshaft gewesenen Nonnen in ein Haus in der Stadt abgesiedelt worden waren. Friedrich III. vergrößerte das Kloster bei St. Theobald, sodass dort 200 (von Almosen lebende) Mönche Unterkunft fanden. Im Zuge der ersten Belagerung Wiens durch die Osmanen (sogenannte Erste Türkenbelagerung) wurde das Kloster am 25. September 1529 zerstört, etwa 100 Mönche fanden den Tod, etwa 20 flüchteten in die Stadt und wurden in Privatwohnungen untergebracht, bis ihnen König Ferdinand I. 1533 die Kirche (Ruprechtskirche) und das dazugehörige baufällige Pfarrhaus zu St. Ruprecht (1., Ruprechtsplatz 2) zuwies.

Übersiedlung in die Singerstraße

1545 erhielten die Mönche das sogenannte Benefiziatenhaus in der Singerstraße (Nikolaikloster) mit dem daranstoßenden Kirchlein "Zum heiligen Nikolaus".

Heutiges Kloster

Da sich das Nikolaikloster als zu klein erwies, wurde den Franziskanern am 10. Mai 1589 das Büßerinnenkloster zu St. Hieronymus und die dazugehörige Kirche "Zum heiligen Hieronymus" (Franziskanerkirche) zugewiesen. In der Auswechslungsurkunde wurde das folgendermaßen begründet: "Da der Puessenden Weiber Orden zu St. Hieronymus durch absterben derselben in abnemen khumben, und den Franciscaner Bruedern das Gottshaus S. Nicolaj wegen Zuenemung des Convents zu eng, vnd zu verichtung Ires Gottesdienst vil vnbequemlich vnd vngelegen seie, soll das Kloster zu St. Hieronymussamt Pfarrheusl in der Weihenburg den Franciscanis eingeräumbt vnd gegen das Gottshaws S. Nicolaj ausgewechselt werden."

Neubau der Kirche

Zum Zeitpunkt dieser Übersiedlung bestand der Orden aus 15 Priestern und fünf Laienbrüdern. Da das Gebäude in schlechtem Bauzustand war und die Zahl der Ordensangehörigen wuchs, wurde bald danach der Neubau der Kirche sowie der Ausbau des Klosters in Angriff genommen. Die Arbeiten begannen mit der Grundsteinlegung für die neue Kirche am 14. April 1603. Obwohl der Orden bereits über reichliche Geldzuwendungen verfügte, wurde ihm durch den Credenzbrief Kaiser Rudolfs II. erlaubt, eine Sammlung durchzuführen. Diese ergab allein beim höchsten Adel eine Summe von 50.000 Gulden und sogar der osmanische Gesandte spendete den Betrag von 1.200 Gulden, den er als "Sühnopfer" bezeichnete. Am 8. Dezember 1607 (Mariä Empfängnis) konnte die erste Messe in der noch im Bau befindlichen Kirche gelesen werden. 1611 wurde sie fertiggestellt und am 11. Dezember dieses Jahres von Kardinal Franz Fürst von Dietrichstein, Erzbischof von Olmütz, eingeweiht. Der Turmbau wurde 1614 vollendet, wobei seine Höhe mit 198 Fuß (62,17 Meter) angegeben wurde. Später erhielt der Turm vier größere Glocken, die am 22. September 1651 durch Bischof Philipp Graf Breuner geweiht wurden. Sie wogen 1375, 969, 634 beziehungsweise 392 Pfund und waren dem heiligen Hieronymus, der heiligen Jungfrau Anna, dem heiligen Antonius von Padua und dem heiligen Michael geweiht.

Neubau des Klostergebäudes und Erweiterung

Nach der Fertigstellung der Kirche wurde ab 1614 der Neubau des Klostergebäudes mit seiner auffallenden Fassadendekoration durch vertiefte Kreisfelder begonnen. An der Ecke Singerstraße wurde die Fassadenstatue "Christus an der Geißelsäule" angebracht. Czeike (Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien) gibt als Bauzeit abweichend 1616 bis 1621 an, Harrer (Paul Harrer: Wien, seine Häuser) 1621 bis 1630. Die Bauleitung lag in den Händen von Baumeister Abraham Mall, der jedoch schon im ersten Jahr starb. Danach wurde die Leitung von Peter Zentner übernommen. Da dem Kloster reichlich Mittel zur Erweiterung ihres Hauses zuflossen, wurden in den nächsten Jahrzehnten folgende angrenzende Privathäuser und Grundstücke angekauft und in den Baukomplex einbezogen:

Haus am Eck, "der Badstube gegenüber"

Der älteste nachweisbare Eigentümer dieses Hauses war Meister Hanns Gwerlich, der Lehrer der päpstlichen Rechte und außerdem sehr vermögend war. In seinem Testament aus dem Jahr 1438, das die Testamente von 1423 und 1434 ersetzte, beschäftigte er sich vor allem mit seinem großen Bücherbesitz, seinem Seelenheil sowie seiner Bestattung. Noch vor seinem Tod im Jahr 1441 verkaufte er das hier besprochene Haus an seinen Neffen, den Apotheker Wolfgang Lengenauer. 1487 wurde es dem Konvent der Büßerinnen zu St. Hieronymus verkauft. Durch den Niedergang dieses Klosters erlaubten der Bürgermeister und der Rat der Stadt als oberste Lehensherren des Klosters, das Gebäude zu verkaufen, was im Jahr 1557 geschah. Kurz nach Übersiedlung der Franziskaner scheint es in deren Besitz gekommen zu sein.

Haus der Schreiberzeche

Dieses an das oben genannte Haus angrenzende Gebäude gehörte der Schreiberzeche auf dem Neuen Karner. Die älteste dieses Bauwerk erwähnende Urkunde berichtet 1473, dass es die Schreiberzeche dem damaligen Kaplan der Hieronimuskapelle als Leibgedinge überließ und ihm erlaubte, ein neues Zimmer anzubauen. Sollte dies nicht geschehen, würde die Zeche eventuell selbst dieses Zimmer bauen. Später fiel das Haus einem Brand zum Opfer. 1537 wurde die Brandstätte samt Keller um 32 Pfund Wiener Pfennig verkauft. Das wiederhergestellte Haus scheint schon bald nach 1589 in den Besitz des Franziskanerklosters gekommen zu sein.

Pfarrhof

Neben dem Haus der Schreiberzeche lag der Pfarrhof mit der Beichtvaterwohnung, der 1543 im Klostervisitationsbuch als "Pharrhöffl und zueheussl für den Kaplan" bezeichnet wurde.

Kastenamt

Die älteste urkundliche Erwähnung dieses Hauses stammt aus dem Jahr 1454, als der damalige Besitzer einen "gemauerten Stock" abtrennte, der bis 1527 ein eigenes Objekt bildete. 1656 wurde das gesamte Haus vom Franziskanerkloster angekauft und als "kaiserliches Kastenamt" bestimmt. An den zwei Seiten waren Bilder von Päpsten angebracht und "nahe der Erden" befand sich eine Inschrift, die auf den Orden der Franziskaner hinwies.

Lilienfelder Hof

Der Lilienfelder Hof in der Singerstraße wird 1437 erstmals urkundlich erwähnt. Ab wann dieses gegenüber der Kumpfgasse gelegene Gebäude dem Stift Lilienfeld gehörte, ist unklar. Später wurden ein Presshaus und ein Stadel abgetrennt und verkauft. Als den Franziskanern das Hieronymuskloster zugeteilt wurde, bemühten sie sich sehr, auch den Lilienfelder Hof erwerben zu können, der bereits an ihr Klostergbäude grenzte. Schließlich konnten sie beim Kaiser durchsetzen, dass den Lilienfeldern nahegelegt wurde, den Hof dem Franziskanerkloster zu überlassen. Im Gegenzug wurde ihnen das von den Franziskanern extra dafür angekaufte Krennbergsche Freihaus (Stadt 908; 1., Weihburggasse 9) überlassen. Dieser Tausch fand im Jahr 1622 statt. Außerdem mussten sich die Franziskaner verpflichten, dreimal in der Woche eine Messe im Lilienfelder Hof zu halten (sollte der Abt sich hier aufhalten, mussten mehr Messen gelesen werden).

Haus des Stadtrates Jacob Rechwein

An den Lilenfelder Hof grenzte das Haus des Stadtrates Jacob Rechwein samt Stadel und Garten, das 1457 erstmals urkundlich genannt wird. 1516 kaufte es der Mathematiker, Astronom und Arzt Georg Tannstetter. Noch im selben Jahr wurden ein Häuslein und ein Stadel abgetrennt und dem Konvent St. Hieronymus samt Inventar verkauft, der das Häuslein aber bereits vor 1523 Tannstetter zurückgab. Der spätere Bürgermeister Lucas Lausser erwarb das Haus im Jahr 1580, 1625 wurde es an die Franziskaner verkauft.

Singerstraße 28

Laut Karl August Schimmer erwarb das Kloster 1648 beziehungsweise 1649 auch noch die beiden Vorgängergebäude des späteren Hauses Stadt 890 (1., Singerstraße 28). Nachdem die Franziskaner bei beiden Gebäuden den rückwärtigen Teil abgetragen hatten, wurde (von Schimmers Angaben abweichend) nur dieser in das Kloster miteinbezogen. Die beiden vorderen Teile wurden im Jahr 1651 wieder verkauft.

Weiters schreibt Schimmer, dass auch das "Sahische Gebäude" und der "alte Regensburgerhof" in das Kloster verbaut worden sein sollen. Dies ist jedoch unrichtig, da mit dem "alten Regensburgerhof" nur das Haus "zum Pfau" gemeint sein kann, das Stefan Kisling junior 1528 vom Bistum Regensburg gekauft hatte. Dieses lag jedoch auf der anderen Straßenseite der Singerstraße, gehörte nie dem Franziskanerkloster und ging später im Rottalpalais auf. Es dürfte auch ident sein mit dem von Schimmer genannten "Sahischen Haus", da es 1640 von Ladislaus Graf Csaky erworben wurde, dessen Name Schimmer offensichtlich in Sahi verballhornte.

Größte Ausdehnung des Klosters

Während 1589 nur 20 Bewohner im Konvent wohnten, bestand dieser 1637 aus 80 und 1646 bereits aus 100 Brüdern, die im Volksmund auch "Parfotten" (Barfüßer) genannt wurden. Die größte Ausdehnung erreichte das Franziskanerkloster in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, als es den gesamten Häuserblock zwischen Franziskanerplatz, Weihburggasse, Seilerstätte und Singerstraße (mit Ausnahme der Häuser Singerstraße 28, 30 und 32) umfasste. Ein Bild aus der "Cosmographica Provinciae Austriaco-Franciscanae. Vienna 1740" zeigt es in diesem Zustand, doch enthält es einen zeichnerischen Fehler, da die genannten drei Häuser in der Singerstraße fehlen. Im Stadtplan von Daniel Suttinger (1684) hingegen ist das Kloster korrekt dargestellt. Zum Kloster gehörten unter anderem ein 1630 errichtetes Krankenhaus samt kleiner Kapelle sowie drei Gärten (ein Ziergarten, ein kleiner Garten mit wilden Kastanien, in dessen Mitte sich ein Springbrunnen befand und ein Kreuzgärtlein).

Bruderschaften

Zur Blütezeit der Bruderschaftswesens im 17. Jahrhundert wurden auch bei St. Hieronymus Bruderschaften errichtet, von denen drei bekannt sind:

  • Bruderschaft des dritten Ordens des heiligen Franz von Assisi (um die Mitte des 17. Jahrhunderts hier organisiert)
  • Bruderschaft zur unbefleckten Empfängnis Mariens (1607 errichtet)
  • Bruderschaft vom guten Hirten (am 18. August 1670 vom apostolischen Stuhl approbiert)

1683 - heute

Als die Osmanen 1683 zum zweiten Mal Wien belagerten (sogenannte Zweite Türkenbelagerung), wurde das Kloster als Spital für verwundete Soldaten verwendet, außerdem wurde ein Pulvermagazin eingerichtet. Unter Joseph II. wurde ein großer Teil der Klosterbauten und des Gartens zur Errichtung neuer Wohnhäuser vom Kloster abgetrennt. Auf diesem zwischen Seilerstätte und Weihburggasse gelegenen Teil entstanden nun die Häuser Weihburggasse 21 und 23 sowie Seilerstätte 10. Gleichzeitig wurde die Kirche zu einer neuen Pfarre erhoben, die zwischen 1783 und 1792 bestand. Bei der gleichzeitigen Renovierung des Gotteshauses wurden laut Schimmer die langen lateinischen Inschriften über der Kirchentür beziehungsweise am Giebel entfernt. Als man 1802 die Errichtung neuer Beamtenwohnhäuser plante, sollten auf Vorschlag des Erzherzogs Karl 500 Wohnungen im noch immer weiträumigen Franziskanerkloster geschaffen werden. Dies scheiterte jedoch aufgrund der hohen Kosten (die Umsetzung des Gesamtplanes wurde auf sieben Millionen Gulden geschätzt). Im Jahr 1804 wurde die "k.k. Hof- und Staatsdruckerei" im an der Seilerstätte liegenden Teil des Klosters (Eingang bei Seilerstätte 8) untergebracht. Nachdem deren Tätigkeit durch bauliche Mängel kaum noch möglich war, wurde gegen den Widerstand der Anrainer ein neues Gebäude am Rennweg (3., Rennweg 16) nach Plänen von Heinrich Köchlin errichtet, in das die Staatsdruckerei 1888 übersiedelte.

Österreichische Ordensprovinz

Das Franziskanerkloster wurde zum Zentrum der österreichischen Ordensprovinz. Hier wurde 1616 das Generalstudium der Franziskaner für das ganze Heilige Römisches Reich eingerichtet. 1825 wurden die österreichischen Franziskanerklöster in die ungarische Ordensprovinz eingegliedert, seit 1900 besteht wieder eine selbständige österreichische Ordensprovinz. Der gemäßigte Ordenszweig der Konventualen wird in Wien als Minoriten bezeichnet.

siehe auch Franziskanerkirche.

Gewerbe und Firmen innerhalb des Hauses im Laufe der Jahre

Literatur

  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 230 ff.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Menschen und Kultur. Band 5, 1. Teil. Wien ²1955 (Manuskript im WStLA), S. 78-96