Zeiselwagen: Unterschied zwischen den Versionen
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+ | |Bildunterschrift=Rohrdecken wurden häufig als Überdachungen für Wägen verwendet. Kupferstich 1775 | ||
+ | |Bildquelle=Der Kaufruf in Wien. 40 Wiener Typen nach dem Kupferstichwerk aus dem Jahre 1775 | ||
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− | + | städtisches Verkehrsmittel (primitive Bauernleiterwagen mit über die Seiten gelegten Sitzbrettern, gegebenenfalls mit Rohrdecken gegen Witterungseinflüsse überdacht), das außerhalb des Linienwalls eingesetzt wurde und die noch primitiveren [[Fliegenschützen]] ablöste. | |
Wann sich der Begriff Zeisel in Wien eingebürgert hat und welche Gründe für die Bezeichnung ausschlaggebend waren, ist ungeklärt (beispielsweise verwies man auf das Gasthaus "[[Zum großen Zeisig]]", auf Wagenbesitzer aus Zeiselmauer, aber auch auf das bayerische "zeisn" = eilen). | Wann sich der Begriff Zeisel in Wien eingebürgert hat und welche Gründe für die Bezeichnung ausschlaggebend waren, ist ungeklärt (beispielsweise verwies man auf das Gasthaus "[[Zum großen Zeisig]]", auf Wagenbesitzer aus Zeiselmauer, aber auch auf das bayerische "zeisn" = eilen). | ||
− | Die Zeiselkutscher (die auch entlegene Ziele ansteuerten [Josef Richter berichtet sogar über Wallfahrten nach Mariazell und Maria Taferl]) gerieten rasch in Konflikt mit den (komfortableren, aber auch teureren) [[Landkutschen]] und den Postkutschen, da sie zuweilen diesen vorbehaltene Straßen benützten. | + | Die Zeiselkutscher (die auch entlegene Ziele ansteuerten [Josef Richter berichtet sogar über Wallfahrten nach Mariazell und Maria Taferl]) gerieten rasch in Konflikt mit den (komfortableren, aber auch teureren) [[Landkutsche|Landkutschen]] und den Postkutschen, da sie zuweilen diesen vorbehaltene Straßen benützten. |
Die erste Nennung von Zeiselwägen enthält ein Schreiben der Niederösterreichischen Regierung an die Stadt Wien vom 27. Jänner 1744, die sich mit einem Protest der Landkutscher beschäftigt. Obwohl diese bereit waren, ihre Tarife zu senken, um die unliebsame Konkurrenz auszuschalten, setzten sich die Zeiselwagen beim einfachen Volk durch und dominierten bald den Ausflugsverkehr in die Vororte. Die Fahrgäste mußten im Besitz eines obrigkeitlichen Passes sein, den die Kutscher zu überprüfen hatten; die Zeiselwagen durften nur mit einer alljährlich zu erneuernden Lizenz eingesetzt werden (Jahresgebühr sechs Gulden), die mit bestimmten Auflagen verbunden war. | Die erste Nennung von Zeiselwägen enthält ein Schreiben der Niederösterreichischen Regierung an die Stadt Wien vom 27. Jänner 1744, die sich mit einem Protest der Landkutscher beschäftigt. Obwohl diese bereit waren, ihre Tarife zu senken, um die unliebsame Konkurrenz auszuschalten, setzten sich die Zeiselwagen beim einfachen Volk durch und dominierten bald den Ausflugsverkehr in die Vororte. Die Fahrgäste mußten im Besitz eines obrigkeitlichen Passes sein, den die Kutscher zu überprüfen hatten; die Zeiselwagen durften nur mit einer alljährlich zu erneuernden Lizenz eingesetzt werden (Jahresgebühr sechs Gulden), die mit bestimmten Auflagen verbunden war. | ||
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== Literatur == | == Literatur == | ||
* Gustav Gugitz: Der Zeiselwagen. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Wiener Verkehrswesens. In: Jahrbuch 7 (1948), S. 78 ff. | * Gustav Gugitz: Der Zeiselwagen. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Wiener Verkehrswesens. In: Jahrbuch 7 (1948), S. 78 ff. | ||
− | * Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien | + | * Drei Jahrhunderte Straßenverkehr in Wien. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1961, S. 30 ff. (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien; 8) |
* Felix Czeike: Der Zeiselwagen. In: Auto-Touring (AT), Nr. 224, 15.04.1965 | * Felix Czeike: Der Zeiselwagen. In: Auto-Touring (AT), Nr. 224, 15.04.1965 |
Aktuelle Version vom 7. März 2017, 14:46 Uhr
städtisches Verkehrsmittel (primitive Bauernleiterwagen mit über die Seiten gelegten Sitzbrettern, gegebenenfalls mit Rohrdecken gegen Witterungseinflüsse überdacht), das außerhalb des Linienwalls eingesetzt wurde und die noch primitiveren Fliegenschützen ablöste.
Wann sich der Begriff Zeisel in Wien eingebürgert hat und welche Gründe für die Bezeichnung ausschlaggebend waren, ist ungeklärt (beispielsweise verwies man auf das Gasthaus "Zum großen Zeisig", auf Wagenbesitzer aus Zeiselmauer, aber auch auf das bayerische "zeisn" = eilen).
Die Zeiselkutscher (die auch entlegene Ziele ansteuerten [Josef Richter berichtet sogar über Wallfahrten nach Mariazell und Maria Taferl]) gerieten rasch in Konflikt mit den (komfortableren, aber auch teureren) Landkutschen und den Postkutschen, da sie zuweilen diesen vorbehaltene Straßen benützten.
Die erste Nennung von Zeiselwägen enthält ein Schreiben der Niederösterreichischen Regierung an die Stadt Wien vom 27. Jänner 1744, die sich mit einem Protest der Landkutscher beschäftigt. Obwohl diese bereit waren, ihre Tarife zu senken, um die unliebsame Konkurrenz auszuschalten, setzten sich die Zeiselwagen beim einfachen Volk durch und dominierten bald den Ausflugsverkehr in die Vororte. Die Fahrgäste mußten im Besitz eines obrigkeitlichen Passes sein, den die Kutscher zu überprüfen hatten; die Zeiselwagen durften nur mit einer alljährlich zu erneuernden Lizenz eingesetzt werden (Jahresgebühr sechs Gulden), die mit bestimmten Auflagen verbunden war.
Die Zeiselwagen wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts von Gesellschaftswagen und Stellwagen verdrängt.
Literatur
- Gustav Gugitz: Der Zeiselwagen. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Wiener Verkehrswesens. In: Jahrbuch 7 (1948), S. 78 ff.
- Drei Jahrhunderte Straßenverkehr in Wien. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1961, S. 30 ff. (Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien; 8)
- Felix Czeike: Der Zeiselwagen. In: Auto-Touring (AT), Nr. 224, 15.04.1965