Robert Schindel: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
K
Zeile 77: Zeile 77:
 
Seinen Lebensunterhalt sicherte er zunächst durch zahlreiche (Gelegenheits-)Jobs, unter anderem bei Post und Bahn, als Bibliothekar der Wiener Hauptbücherei (1975-1980), Nachtredakteur bei Agence France Press (1981-1983) und als Gruppentrainer für Arbeitslose (1983-1986). Daneben entstanden Arbeiten für Film, Fernsehen und Rundfunk. Seit 1986 lebt Robert Schindel als freier Schriftsteller in Wien. Zu Beginn der 1980er Jahre trat Schindel wieder in die Israelitische Kultusgemeinde ein.
 
Seinen Lebensunterhalt sicherte er zunächst durch zahlreiche (Gelegenheits-)Jobs, unter anderem bei Post und Bahn, als Bibliothekar der Wiener Hauptbücherei (1975-1980), Nachtredakteur bei Agence France Press (1981-1983) und als Gruppentrainer für Arbeitslose (1983-1986). Daneben entstanden Arbeiten für Film, Fernsehen und Rundfunk. Seit 1986 lebt Robert Schindel als freier Schriftsteller in Wien. Zu Beginn der 1980er Jahre trat Schindel wieder in die Israelitische Kultusgemeinde ein.
 
   
 
   
Nach frühen Prosaversuchen ("Kassandra", 1970; "Drei Miniaturen", 1970) veröffentlichte er eine Reihe von immer erfolgreicheren Gedichtbänden ("Ohneland", 1979; "Geier sind pünktliche Tiere", 1987; "Im Herzen die Krätze", 1988; "Ein Feuerchen im hintennach", 1992), bis er 1992 mit dem Roman "Gebürtig" auch als Prosaautor ein breites Leserpublikum gewann. Die vielfach gebrochenen Geschichten um den Wiener Juden Danny Demant schöpfen souverän alle formalen Möglichkeiten des Erzählens aus, mit vielfachen Verweisen auf [[Joseph Roth]] deutet er auch die Traditionslinie an, in der er sich stehen sieht. 1994 folgte unter dem Titel "Die Nacht der Harlekine" ein weiterer Prosaband. "Gebürtig" wurde aufgrund des großen Erfolges 2002 mit [[Peter Simonischek]] verfilmt. Schindels Roman "Der Kalte" (2013) ist eine literarische Auseinandersetzung mit dem Umgang Österreichs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.
+
Nach frühen Prosaversuchen ("Kassandra", 1970; "Drei Miniaturen", 1970) veröffentlichte er eine Reihe von immer erfolgreicheren Gedichtbänden ("Ohneland", 1979; "Geier sind pünktliche Tiere", 1987; "Im Herzen die Krätze", 1988; "Ein Feuerchen im Hintennach", 1992), bis er 1992 mit dem Roman "Gebürtig" auch als Prosaautor ein breites Leserpublikum gewann. Die vielfach gebrochenen Geschichten um den Wiener Juden Danny Demant schöpfen souverän alle formalen Möglichkeiten des Erzählens aus, mit vielfachen Verweisen auf [[Joseph Roth]] deutet er auch die Traditionslinie an, in der er sich stehen sieht. 1994 folgte unter dem Titel "Die Nacht der Harlekine" ein weiterer Prosaband. "Gebürtig" wurde aufgrund des großen Erfolges 2002 mit [[Peter Simonischek]] verfilmt. Schindels Roman "Der Kalte" (2013) ist eine literarische Auseinandersetzung mit dem Umgang Österreichs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.
  
 
Nach den gesammelten Essays "Gott schütze uns vor den guten Menschen" (1995) folgten zwei weitere Bände mit Essays und Reden ("Mein liebster Feind", 2004; "Man ist viel zu früh jung", 2011). Zudem veröffentlichte er immer wieder Lyrikbände, etwa "Immernie. Gedichte vom Moos der Neunzigerhöhlen" (2000), "Nervös der Meridian" (2003), "Wundwurzel" (2005), "Mein mausklickendes Saeculum" (2008) und "Scharlachnatter" (2015). Ein Band mit Liebesgedichten wurde unter dem Titel "Zwischen dir und mir wächst tief das Paradies" (2003) von André Heller bevor-, der "Fremd bei mir selbst" (2004) betitelte Gedichtband von Marcel Reich-Ranicki benachwortet.
 
Nach den gesammelten Essays "Gott schütze uns vor den guten Menschen" (1995) folgten zwei weitere Bände mit Essays und Reden ("Mein liebster Feind", 2004; "Man ist viel zu früh jung", 2011). Zudem veröffentlichte er immer wieder Lyrikbände, etwa "Immernie. Gedichte vom Moos der Neunzigerhöhlen" (2000), "Nervös der Meridian" (2003), "Wundwurzel" (2005), "Mein mausklickendes Saeculum" (2008) und "Scharlachnatter" (2015). Ein Band mit Liebesgedichten wurde unter dem Titel "Zwischen dir und mir wächst tief das Paradies" (2003) von André Heller bevor-, der "Fremd bei mir selbst" (2004) betitelte Gedichtband von Marcel Reich-Ranicki benachwortet.

Version vom 27. Juni 2018, 14:40 Uhr

Daten zur Person
Personenname Schindel, Robert
Abweichende Namensform Soel, Robert
Titel
Geschlecht männlich
PageID 37472
GND 119359464
Wikidata
Geburtsdatum 4. April 1944
Geburtsort Bad Hall
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 27.06.2018 durch WIEN1.lanm09hug


Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Förderpreis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie (Verleihung: 1989)
  • Elias-Canetti-Stipendium der Stadt Wien (Verleihung: 1991)
  • Förderpreis des österreichischen Staatspreises für Literatur (Verleihung: 1992)
  • Förderpreis des Marburger Literaturpreises (Verleihung: 1992)
  • Dr. Emil-Domberger-Literaturpeis der B’nai B’rith Européen (Verleihung: 1992)
  • Erich Fried Preis (Verleihung: 1993)
  • Förderpreis zum Mörike-Preis der Stadt Fellbach (Verleihung: 2000)
  • Preis der Stadt Wien für Literatur (Verleihung: 2003)
  • Willy und Helga Verkauf-Verlon-Preis (Verleihung: 2005)
  • Großes Silbernes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (Verleihung: 22. Februar 2005, Übernahme: 12. Oktober 2005)
  • Jakob Wassermann-Literaturpreis der Stadt Fürth (Verleihung: 2007)
  • Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Literatur (Verleihung: 2009)
  • Johann-Beer-Literaturpreis (Verleihung: 2013)
  • Heinrich-Mann-Preis (Verleihung: 2014)
  • Niederösterreichischer Kulturpreis – Würdigungspreis in der Sparte Literatur (Verleihung: 2022)


Robert Schindel, * 4. April 1944 Bad Hall (Oberösterreich), Schriftsteller.

Biographie

Robert Schindel ist der Sohn der Gärtnerin Gerti Schindel und des Textiltechnikers René Hajek. Beide waren 1943 aus Frankreich von der Kommunistischen Partei unter falschem Namen nach Linz geschickt worden, um dort im Widerstand tätig zu werden. Sie wurden jedoch entdeckt und nach Auschwitz deportiert, der Vater wurde im März 1945 in Dachau ermordet. Die Mutter überlebte Auschwitz und Ravensbrück, kehrte 1945 nach Wien zurück und fand ihren Sohn wieder, den sie vor der Deportation mit fremder Hilfe als "Waise von asozialen Eltern unbekannter Herkunft" ausgerechnet in einem Wiener Kinderheim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) hatte verstecken können.

Nachdem Robert Schindel 1959 wegen disziplinären Problemen von einem Wiener Realgymnasium verwiesen wurde, begann er eine Buchhändlerlehre im Globus-Verlag, die er allerdings abbrach, um ein unstetes Reiseleben quer durch Europa zu beginnen. Aufgewachsen im Umfeld der Kommunistischen Partei Österreichs und deren Jugendverbänden, war Schindel von 1961 bis 1967 aktives Parteimitglied.

1967 holte er die Matura nach und begann Jus und später Philosophie an der Universität Wien zu studieren. Das Studium blieb ohne akademischen Abschluss. 1968 war Schindel führendes Mitglied der "Kommune Wien", dem radikalsten Teil der Wiener Studentenbewegung. 1969 gründete er die literarische "Gruppe Hundsblume", in deren Zeitschrift seine ersten lyrischen Werke erschienen.

Seinen Lebensunterhalt sicherte er zunächst durch zahlreiche (Gelegenheits-)Jobs, unter anderem bei Post und Bahn, als Bibliothekar der Wiener Hauptbücherei (1975-1980), Nachtredakteur bei Agence France Press (1981-1983) und als Gruppentrainer für Arbeitslose (1983-1986). Daneben entstanden Arbeiten für Film, Fernsehen und Rundfunk. Seit 1986 lebt Robert Schindel als freier Schriftsteller in Wien. Zu Beginn der 1980er Jahre trat Schindel wieder in die Israelitische Kultusgemeinde ein.

Nach frühen Prosaversuchen ("Kassandra", 1970; "Drei Miniaturen", 1970) veröffentlichte er eine Reihe von immer erfolgreicheren Gedichtbänden ("Ohneland", 1979; "Geier sind pünktliche Tiere", 1987; "Im Herzen die Krätze", 1988; "Ein Feuerchen im Hintennach", 1992), bis er 1992 mit dem Roman "Gebürtig" auch als Prosaautor ein breites Leserpublikum gewann. Die vielfach gebrochenen Geschichten um den Wiener Juden Danny Demant schöpfen souverän alle formalen Möglichkeiten des Erzählens aus, mit vielfachen Verweisen auf Joseph Roth deutet er auch die Traditionslinie an, in der er sich stehen sieht. 1994 folgte unter dem Titel "Die Nacht der Harlekine" ein weiterer Prosaband. "Gebürtig" wurde aufgrund des großen Erfolges 2002 mit Peter Simonischek verfilmt. Schindels Roman "Der Kalte" (2013) ist eine literarische Auseinandersetzung mit dem Umgang Österreichs mit der nationalsozialistischen Vergangenheit.

Nach den gesammelten Essays "Gott schütze uns vor den guten Menschen" (1995) folgten zwei weitere Bände mit Essays und Reden ("Mein liebster Feind", 2004; "Man ist viel zu früh jung", 2011). Zudem veröffentlichte er immer wieder Lyrikbände, etwa "Immernie. Gedichte vom Moos der Neunzigerhöhlen" (2000), "Nervös der Meridian" (2003), "Wundwurzel" (2005), "Mein mausklickendes Saeculum" (2008) und "Scharlachnatter" (2015). Ein Band mit Liebesgedichten wurde unter dem Titel "Zwischen dir und mir wächst tief das Paradies" (2003) von André Heller bevor-, der "Fremd bei mir selbst" (2004) betitelte Gedichtband von Marcel Reich-Ranicki benachwortet.

2007 gab Schindel zusammen mit Michaela Feurstein-Prasser und Gerhard Milchram unter dem Titel "Jüdisches Wien" einen Stadtführer über die jüdische Leopoldstadt heraus. Das Theaterstück "Dunkelstein. Eine Realfarce" über einen Rabbiner, der sich in den Dienst der Nationalsozialisten stellt, kam 2010 als Lesedrama heraus.

Von 1998 bis 2002 wirkte Schindel als Juror beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, von 1999 bis 2002 als Vorsitzender der Jury; der Veranstaltung blieb er als Tutor des "Klagenfurter Literaturkurses" treu. Gemeinsam mit Rudolf Scholten initiierte er 2006 das seitdem alljährlich in Heidenreichstein stattfindende Festival "Literatur im Nebel". Seit 2009 leitet Schindel Lehrveranstaltungen am Institut für Sprachkunst der Universität für angewandte Kunst und unterrichtet bei Schreibwerkstätten.

Robert Schindel wurde für sein literarisches Werk mehrfach ausgezeichnet. Sein Vorlass befindet sich im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek.


Literatur

Links