Rindfleisch: Unterschied zwischen den Versionen

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Rindfleisch galt schon im Spätmittelalter in den Städten neben Brot als wichtiges und relativ billiges Nahrungsmittel. Die (in Friedenszeiten) reichliche Versorgung Wiens mit Rindfleisch war dank seiner unmittelbaren Umgebung, vor allem aber dank der Nähe Ungarns erste Voraussetzung für das Entwickeln einer ausgezeichneten „Rindfleischküche". Die Rinderherden der ungarischen Tiefebene versorgten nicht nur Wien mit dem begehrten Ochsenfleisch ([[Ochsenmarkt]]). Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, vermutlich auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung des Sparherds, setzte eine besondere Spezialisierung der Wiener Küche, was die Bereitung von Rindfleisch betrifft, ein. Die Rindfleischsuppe mit den vielerlei Einlagen (Nudeln, Eiterln, Wandeln, Knöderln, Schöberln, Nockerln, Strudeln) galt lange schon als Ouvertüre einer Mittagstafel. Die Wiener wußten auch um die Vorliebe ihres geliebten und verehrten Kaisers Franz Joseph für das gekochte Rindfleisch, das er sich täglich bei privaten Mahlzeiten servieren ließ. Eine weitere Voraussetzung für diese Ent-wicklung war und ist das besondere Geschick der Wiener Fleischhauer, die Fleischteile so auszulösen, wie sie für eine bestimmte Zubereitungsart am geeignetsten sind. So hat sich in Wien eine eigene Art des Zerlegens herausgebildet, die „Wiener Aufteilung". Berühmt für seine Rindfleischküche war das Restaurant Meißl & Schadn (1, Neuer Markt 2), in dem 24 verschiedene Rindfleischspezialitäten serviert wurden: Tafelspitz, Tafeldeckel, Rieddeckel, Beinfleisch, Rippenfleisch, Kavalierspitz, Kruspelspitz, Hieferschwanzl, Schulterschwanzl, Schulterscherzl, Mageres Meisl (Mäuserl), Fettes Meisl, Zwerchried, Mittleres Kügerl, Dünnes Kügerl, Dickes Kügerl, Bröselfleisch, Ausgelöstes, Brustkern, Brustfleisch, Weißes Scherzl, Schwarzes Scherzl, Zapfen und Ortschwanzel. Neben dem [[Tafelspitz]] und dem [[Lungenbraten]] ist der Wiener [[Rostbraten]] weit über die Stadt hinaus verbreitet und beliebt. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich das Restaurant „Ottakringer Bräu" (13), seit den 90er Jahren das Restaurant „Plachutta" (1) auf das Servieren von Rindfleisch spezialisiert.  
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Rindfleisch galt schon im Spätmittelalter in den Städten neben Brot als wichtiges und relativ billiges Nahrungsmittel. Die (in Friedenszeiten) reichliche Versorgung Wiens mit Rindfleisch war dank seiner unmittelbaren Umgebung, vor allem aber dank der Nähe Ungarns erste Voraussetzung für das Entwickeln einer ausgezeichneten Rindfleischküche. Die Rinderherden der ungarischen Tiefebene versorgten nicht nur Wien mit dem begehrten Ochsenfleisch ([[Ochsenmarkt]]). Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, vermutlich auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung des Sparherds, setzte eine besondere Spezialisierung der Wiener Küche, was die Bereitung von Rindfleisch betrifft, ein. Die Rindfleischsuppe mit den vielerlei Einlagen (Nudeln, Eiterln, Wandeln, Knöderln, Schöberln, Nockerln, Strudeln) galt lange schon als Ouvertüre einer Mittagstafel. Eine weitere Voraussetzung für diese Entwicklung war und ist das besondere Geschick der Wiener Fleischhauer, die Fleischteile so auszulösen, wie sie für eine bestimmte Zubereitungsart am geeignetsten sind. So hat sich in Wien eine eigene Art des Zerlegens herausgebildet, die „Wiener Aufteilung". Berühmt für seine Rindfleischküche war das Restaurant Meißl & Schadn (1, Neuer Markt 2), in dem 24 verschiedene Rindfleischspezialitäten serviert wurden: Tafelspitz, Tafeldeckel, Rieddeckel, Beinfleisch, Rippenfleisch, Kavalierspitz, Kruspelspitz, Hieferschwanzl, Schulterschwanzl, Schulterscherzl, Mageres Meisl (Mäuserl), Fettes Meisl, Zwerchried, Mittleres Kügerl, Dünnes Kügerl, Dickes Kügerl, Bröselfleisch, Ausgelöstes, Brustkern, Brustfleisch, Weißes Scherzl, Schwarzes Scherzl, Zapfen und Ortschwanzel. Neben dem [[Tafelspitz]] und dem [[Lungenbraten]] ist der Wiener [[Rostbraten]] weit über die Stadt hinaus verbreitet und beliebt. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich das Restaurant „Ottakringer Bräu" (13), seit den 90er Jahren das Restaurant „Plachutta" (1) auf das Servieren von Rindfleisch spezialisiert.  
 
==Literatur==  
 
==Literatur==  
 
*Franz Ruhm: Wiener Küche. Wien-Purkersdorf: Ruhm  
 
*Franz Ruhm: Wiener Küche. Wien-Purkersdorf: Ruhm  

Version vom 26. August 2014, 13:13 Uhr

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 26.08.2014 durch WIEN1.lanm09mur

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Rindfleisch galt schon im Spätmittelalter in den Städten neben Brot als wichtiges und relativ billiges Nahrungsmittel. Die (in Friedenszeiten) reichliche Versorgung Wiens mit Rindfleisch war dank seiner unmittelbaren Umgebung, vor allem aber dank der Nähe Ungarns erste Voraussetzung für das Entwickeln einer ausgezeichneten Rindfleischküche. Die Rinderherden der ungarischen Tiefebene versorgten nicht nur Wien mit dem begehrten Ochsenfleisch (Ochsenmarkt). Etwa Mitte des 19. Jahrhunderts, vermutlich auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Verbreitung des Sparherds, setzte eine besondere Spezialisierung der Wiener Küche, was die Bereitung von Rindfleisch betrifft, ein. Die Rindfleischsuppe mit den vielerlei Einlagen (Nudeln, Eiterln, Wandeln, Knöderln, Schöberln, Nockerln, Strudeln) galt lange schon als Ouvertüre einer Mittagstafel. Eine weitere Voraussetzung für diese Entwicklung war und ist das besondere Geschick der Wiener Fleischhauer, die Fleischteile so auszulösen, wie sie für eine bestimmte Zubereitungsart am geeignetsten sind. So hat sich in Wien eine eigene Art des Zerlegens herausgebildet, die „Wiener Aufteilung". Berühmt für seine Rindfleischküche war das Restaurant Meißl & Schadn (1, Neuer Markt 2), in dem 24 verschiedene Rindfleischspezialitäten serviert wurden: Tafelspitz, Tafeldeckel, Rieddeckel, Beinfleisch, Rippenfleisch, Kavalierspitz, Kruspelspitz, Hieferschwanzl, Schulterschwanzl, Schulterscherzl, Mageres Meisl (Mäuserl), Fettes Meisl, Zwerchried, Mittleres Kügerl, Dünnes Kügerl, Dickes Kügerl, Bröselfleisch, Ausgelöstes, Brustkern, Brustfleisch, Weißes Scherzl, Schwarzes Scherzl, Zapfen und Ortschwanzel. Neben dem Tafelspitz und dem Lungenbraten ist der Wiener Rostbraten weit über die Stadt hinaus verbreitet und beliebt. Seit den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts hat sich das Restaurant „Ottakringer Bräu" (13), seit den 90er Jahren das Restaurant „Plachutta" (1) auf das Servieren von Rindfleisch spezialisiert.

Literatur

  • Franz Ruhm: Wiener Küche. Wien-Purkersdorf: Ruhm

1948-1950 [Sammelmappe]

  • Albert Kofranek: Die gute Wiener Küche. 1500 Rezepte für den Alltag und festliche Gelegenheiten, mit Grillspezialitäten, Rohkost, Vitamingetränken, Diät, Schonkost u.a., Sprachlotse für Küchenausdrücke, viele praktische Hinweise für die Hausfrau. Wien: Kremayr & Scheriau 1961
  • Franz Maier-Bruck: Das Große Sacher Kochbuch. Die österreichische Küche. München: Schuler 1975
  • Babette Franner: Die Wiener exquisite Küche. Ein zuverlässiges Hand- und Nachschlagebuch für Hausfrauen. Wien: Selbstverlag 1893
  • Theodor Eckart: Wörterbuch der Küche und Tafel. Erklärung aller auf Ursprung und Bereitungsweisen der Nahrungsmittel und Getränke bezüglichen deutschen und fremdsprachigen Ausdrücke. Wien [u.a.]: Hartleben 1900
  • Rudolf Habs / Leopold Rosner: Appetit-Lexikon. Ein alphabetisches Hand- und Nachschlagebuch über alle Speisen und Getränke. Wien: Gerold ²1894