Hermann Bahr

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Hermann Bahr
Daten zur Person
Personenname Bahr, Hermann
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 2520
GND 118505955
Wikidata Q94034
Geburtsdatum 19. Juli 1863
Geburtsort Linz
Sterbedatum 15. Jänner 1934
Sterbeort München
Beruf Schriftsteller, Essayist, Dramatiker, Kulturjournalist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zwischenkriegszeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 17.10.2023 durch DYN.mepherl
Begräbnisdatum
Friedhof Kommunalfriedhof Salzburg
Grabstelle Ehrengrab
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Hermann Bahr.jpg
Bildunterschrift Hermann Bahr
  • 1., Graben 29-29a (Wohnadresse)
  • 3., Salesianergasse 12 (Wohnadresse)
  • 9., Porzellangasse 37 (Wohnadresse)
  • 13., Winzerstraße 22 (Wohnadresse)
  • 3., Am Heumarkt 9 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Erster Dramaturg am Wiener Burgtheater (1918)

Hermann Bahr, * 19. Juli 1863 Linz, † 15. Jänner 1934 München (Kommunalfriedhof Salzburg, Ehrengrab), Dichter, Schriftsteller, Essayist, Kritiker, erste Gattin (1895–1908) Rosa Jokl (Joël), Schauspielerin, zweite Gattin (1909) Anna Bahr-Mildenburg. Sohn eines Notars und liberalen Landtagsabgeordneten.

Biografie

Besuchte das Gymnasium in Linz und Salzburg. Kam im Wintersemester für das Studium klassischer Philologie nach Wien (erster Wohnsitz bei seiner Tante, Ecke Johannegasse/Kärntnerstraße), wechselte aber bereits im Dezember auf das Studium von Jus. Er war in der deutschnationalen Burschenschaft Albia aktiv, auch als die beschloss, Juden aus ihren Reihen auszuschließen, darunter Theodor Herzl. Bahrs war zu dieser Zeit aktiver Antisemit und radikaler Anhänger Georg von Schönerers. Als Folge einer Trauerfeier für Richard Wagner in den Sophiensälen am 5. März 1883 mit 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich forderte, wurde Bahr und Franz Dafert von Sensel-Timmer von der Universität verwiesen. Das Studium setzte er zunächst in Graz, dann in Czernowitz fort, ohne einen Abschluss zu erreichen. Im März und April 1884 lebte er kurzfristig wieder in Wien und wohnte mit seinem Freund Edmund Lang (nachmaliger Ehemann von Marie Lang) bei Hugo Wolf) im 3. Stock des Trattnerhof (1, Graben 29-29a).

Bahr studierte dann Nationalökonomie in Berlin, doch weil seine Abschlussarbeit nicht akzeptiert wurde, blieb auch dieses Studium unvollendet. 1889 finanzierte ihm sein Vater einen einjährigen Aufenthalt in Paris, von wo aus er nach Spanien und Marokko reiste. Bereits seit seinem 18. Lebenjahr hatte er Aufsätze, Kritiken und literarische Texte in verschiedenen Zeitungen und Zeitschriften publiziert. Teilweise anonym erschienen seine Texte in Die Gleichheit von Victor Adler, womit sich auch ein politischer Wandel weg von seiner deutschnationalen Gesinnung verband.

Von Frankreich aus wurde er von Arno Holz zur Mitarbeit an der neu gegründeten Monatsschrift Freie Bühne (heute Neue Rundschau) eingeladen, weswegen er das erste Halbjahr 1890 in Berlin verbrachte. Die Zeitschrift war eine vom Verleger S. Fischer mit dem Chefredakteur Otto Brahm betriebene Ergänzung zu einem Theaterverein, der dem naturalistischen Theater zum Durchbruch verhelfen wollte. Nachdem es Bahr nicht gelungen war, Brahm zu stürzen und die Leitung der Zeitschrift zu übernehmen, verließ er Berlin, lebte bei seinen Eltern in Linz und reiste mit einer Theatertruppe nach Russland. In Wien (und teilweise in Brünn) begannen sich zur selben Zeit und teilweise in Nachahmung der Berliner Aktivitäten ebenfalls Zeitschriften (Moderne Dichtung, im 2. Jahr Moderne Rundschau) und Vereine zu gründen. Der Burgtheaterdirektor Max Burckhard brachte Henrik Ibsen an seine Bühne. Bahr schaffte es bei seiner Rückkehr nach Wien im Frühjahr 1891 diese verschiedenen Strömungen in seinem Kulturjournalismus aufzunehmen und über die nächste Zeit einen eigene österreichische literarische Kunstrichtung auszuformulieren, die sich vor allem durch eine Abgrenzung des Berliner Naturalismus und eine Annäherung an französische Dekadenz- und Symbolismus-Tendenzen auszeichnete. Geholfen hat ihm dabei, dass er im Frühjahr 1891 innerhalb von wenigen Tagen Arthur Schnitzler und Hugo von Hofmannsthal im Kaffeehaus kennenlernte, die zu den international erfolgreichsten Autoren der Wiener Szene wurden. Bahr hat den Ausdruck „Jung-Wien“, zu deren bekanntesten Proponenten alle drei wurden, nicht erfunden, er hat ihn aber popularisiert.

1894 ließ er sich als Schriftsteller, Theaterkritiker und Bühnendichter in Wien nieder (erste Wohnung 3, Salesianergasse 12). 1894-1899 war Bahr Kulturredakteur der Zeitschrift "Die Zeit", 1899 Theaterkritiker beim Neuen Wiener Tagblatt; 1900 (vorübergehend wohnhaft 9, Porzellangasse 37) ließ er sich von Josef Maria Olbrich eine Villa in Ober-St.-Veit (13, Winzerstraße 22), errichten (Bahr-Villa), die später umgebaut wurde. 1906/1907 war Bahr Regisseur bei Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin, 1912 übersiedelte er nach Salzburg, von Juni bis November 1918 arbeitete er als Erster Dramaturg am Wiener Burgtheater, und 1922 übersiedelte er nach München, wo er bis zu seinem Tod lebte. Bahr war ein ausgezeichneter Menschenkenner, verfügte über einen hervorragenden Stil und zeigte sich allen literarischen Strömungen vom Naturalismus bis zum Expressionismus aufgeschlossen; zuletzt trat er als Wortführer des Neukatholizismus hervor, war aber auch Mittelpunkt des Literaturkreises "Jung-Wien". Neben dem "Wiener Tagblatt" war er vor allem für die "Österreichische Volkszeitung" und den "Berliner Börsen-Courier" als Essayist und Kritiker tätig. Von seinen zahlreichen Bühnenstücken sind die Lustspiele "Wienerinnen" (1900), "Der Krampus" (1902) und "Das Konzert" (1909) zu nennen, von seinen Romanen "Himmelfahrt" (1916), "Österreich in Ewigkeit" (1929) unter anderem.; darüber hinaus verfasste er kulturgeschichtlich interessante Tagebücher. Bahr-Erinnerungsraum (Österreichische Nationalbibliothek); Hermann-Bahr-Gesellschaft (gegründet 1963);

Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Laut Abschlussbericht dieser Forschungsgruppe war Hermann Bahr aktives Mitglied in der deutschnationalen "Alldeutschen Bewegung“ von Georg von Schönerer. Er wurde unter anderem wegen antisemitischer Reden von der Universität Wien ausgeschlossen und konvertierte schließlich zum Katholizismus.

Hermann-Bahr-Straße

Quellen

Literatur

  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963 (Werksverzeichnis)
  • Peter Ernst: Wiener Literaturgedenkstätten. Hg. von Felix Czeike. Wien: J & V-Edition Wien-Verlag 1990
  • Wilhelm Kosch: Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. Band 1. Bern: Francke 1949
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815 – 1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Band 1 (A - Glä). Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 1957 (Verzeichnis der Dissertation)
  • Neue österreichische Biographie. 1815 – 1918. Band 10. Wien [u.a.]: Amalthea-Verlag 1957
  • Herwig Rischbieter [Hg.]: Theater-Lexikon. Zürich: Orell Füssli 1983
  • Oberösterreicher : Lebensbilder zur Geschichte Oberösterreichs, hg. vom Oberösterreichischen Landesarchiv. Band 1. Linz: Oberösterreichisches Landesarchiv 1981
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. 2 Bände. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 239 ff. und Register
  • Donald G. Daviau: Der Mann von Übermorgen. Hermann Bahr 1863 - 1934. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1984
  • Alfred Deutsch-German: Wiener Porträts. Wien: Stern 1903
  • Marcel Prawy: Geschichte und Geschichten der Wiener Staatsoper. Wien [u.a.]: Molden 1969, S. 68 f., 80
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 58, 64
  • Das Wiener Heimatbuch – Mariahilf. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft des Mariahilfer Heimatmuseums. Wien: Austria Press 1963, S. 240
  • Felix Czeike: XIII. Hietzing. Mit ausführlicher Beschreibung, Karten- und Grundrißskizzen von Schönbrunn. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1982 (Wiener Bezirkskulturführer, 13), S. 61 f.
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, Register
  • Heinz Schöny: Wiener Ahnen von Hermann Bahr. In: Adler. Zeitschrift für Genealogie und Heraldik 6 (1962/1964), S. 149 ff.
  • Wiener Geschichtsblätter 28 (1973), S. 82
  • Fritz Fellner [Hg.]: Dichter und Gelehrter. Hermann Bahr und Josef Redlich in ihren Briefen 1896 - 1934. Salzburg: Neugebauer 1980 (Quellen zur Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, 2)
  • Tino Erben [Red.]: Traum und Wirklichkeit. Wien 1870 – 1930. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 93), S. 317 f.
  • Sylvia Mattl-Wurm [Red.]: Interieurs. Wiener Künstlerwohnungen 1830-1930. Wien: Eigenverlag 1990 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 138), S. 107 f. (Künstlerwohnung)
  • Linz aktiv 92 (1984), S. 36 f. (Bildnisse)
  • Pannonia 14 (1986), S. 22 f. (Lehrmonate in Paris)
  • Hermann Bahr - der Herr aus Linz. Eine Dokumentation in Zusammenarbeit mit dem Adalbert-Stifter-Institut des Landes Oberösterreich und dem Archiv der Stadt Linz. Linz: Stadtmuseum Nordico 1984 (Katalog des Stadtmuseums Linz, 39)
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anlässlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken (1963)
  • Wiener Revue 1 (1945), S. 16 ff.
  • Die Presse, 24.11.1977 (Nachlass) und 07.01.1984
  • Rathaus-Korrespondenz. Wien: Presse- und Informationsdienst, 14.01.1959 und 17.07.1963
  • Peter Autengruber: Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen. Wien: Pichler Verlag 2014, 9. Auflage, S. 130
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 182
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Forschungsprojektendbericht "Straßennamen Wiens seit 1860 als 'Politische Erinnerungsorte'". Wien 2013