Daten zum Eintrag
Datum von 1531 JL
Datum bis 1857
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 8.08.2013 durch WIEN1.lanm08w09

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Bastei nannte man den aus einer vorspringenden Geschützterrasse bestehenden Teil der im 16. und 17. Jahrhundert angelegten Befestigungswerke. Die „Bastion" (Bastei) war ein Festungswerk, das mit zwei Frontlinien (Facen) in den Angriffsraum vorsprang und mit zwei zurückgezogenen Linien (Flanken) den Zwischenraum der Nebenwerke bestrich; die Kurtine (Mittelwall) war die zwei Bastionen verbindende Befestigungslinie.

Als sich während der Ersten Türkenbelagerung (1529) die Untauglichkeit der mittelalterlichen Stadtbefestigung (Stadtmauern) erwiesen hatte, befahl Erzherzog Ferdinand 1532, aus dem Erlös von Wertgegenständen, die aus Kirchen in Niederösterreich und Oberösterreich abgeliefert werden mußten, neue Vorwerke zu errichten. Leonard Colonna von Völs (1541-1553 Stadtkommandant von Wien) war an den Planungen maßgeblich beteiligt; die eigentliche Bauoberleitung wurde dem königlichen Rat Hermes Schallautzer übertragen, den Ferdinand am 17. März 1547 zum Superintendenten der landesfürstlichen Gebäude in Wien bestellte. 1548 errichtete Schallautzer die große Kärntner Bastion (auf dem Gelände der heutigen Staatsoper). Um 1560 waren die wesentlichsten Objekte vollendet. Die Basteien dienten anfangs nur militärischen Zwecken und durften von Unberufenen nicht betreten werden (Basteipromenade). Ab 1625 sind auf den Basteien kleine Häuschen nachweisbar, die als Quartiere für die Stadtguardia (Stadtwache) dienten; sie gingen nach deren Auflösung durch Maria Theresia (1741) in den Besitz von Privaten über. An die Stelle der Wache trat die Garnison, die in neugeschaffenen städtischen Kasernen (Getreidemarktkaserne, Salzgrieskaserne) untergebracht wurde. 1817-1858 waren die Basteien die Modepromenade der Wiener, die hier frische Luft schöpften und den Rundblick genossen. Unterhalb der Basteien befand sich der Stadtgraben, der Haupttummelplatz der Kinder der ärmeren Bevölkerung.

Technisch gesehen unterscheidet man zwischen Basteienen (in den Stadtgraben vorspringende Befestigungswerke) und Kurtinen (Courtinen; die Basteien verbindende Stadtmauern, zum Teil mit eigenen Bezeichnungen). Die Demolierung der Basteien und Befestigungsanlagen wurde von Franz Joseph I. am 20. Dezember 1857 angeordnet (Abbruch 1858-1875); man begann beim Rotenturm- und Laurenzergehtor bis zur Biberbastei (demoliert 29. März bis 12. Juni 1858). In chronologischer Reihung folgen: die Stubenbastei (bei gleichzeitiger Regulierung des Dominikanergartens; 14. Juni bis 9. Oktober 1858), das alte Kärntnertor und die Basteien bis zum Kolowratpalais (samt Herstellung eines Damms von der Kärntner Straße zur Elisabethbrücke über den Wienfluß; 13. Oktober 1858 bis 30. Mai 1859), die Gonzagabastei (1. August bis 8. Oktober 1859), das Neutor samt den Resten der Elendbastei bis zur Schottenbastei (8. Mai bis 9. Oktober 1860; die an das Wasenmeisterhaus angrenzenden Mauern der Bastei erst Juli 1864), die Wasserkunstravelins (samt Herstellung eines Straßendamms über den Stadtgraben vor dem Kolowratpalais, wodurch die Ausführung der Straße gegen die Mondscheinbrücke ermöglicht wurde, hingegen die als Dekorationsdepot für das Hofoperntheater bestimmten Kasematten vorläufig belassen wurden; 18. August bis 14. Dezember 1860), das Ravelin an der Augustinerbastei (bei gleichzeitiger Demolierung des neuen Kärntnertors in Verbindung mit der Herstellung der Ringstraße zwischen Kärntner- und Burgtor; 9. Mai bis 19. September 1861), die Mölkerbastei (2. Oktober 1861 bis 8. März 1862), die Kurtinenmauern beim Schotten- und Franzenstor samt der Brücke bei letzterem und Herstellung einer Auffahrtsrampe von der Ringstraße auf die Löwelbastei (18. März bis 14. Juni 1862), die Stubentorbastei bis zum Coburgpalais (9. April bis 19. September 1862), die Wasserkunstbastei zwischen Coburg- und Kolowratpalais (19. November 1862 bis 3. Oktober 1863), die Umwallungen zu beiden Seiten des Burgtors entlang der Burg und des Volksgartens (19. Jänner bis 3. Oktober 1863), die Augustinerbastei um das Albrechtspalais (5. Juni bis 31. Oktober 1863), die Paradiesgartenravelins und Teile der Löwelbastei (26. Oktober 1863 bis 30. September 1864), die Biberbastei (samt Regulierungsarbeiten und Herstellung einer Rampe zur Franz-Josephs-Kaserne; 19. November 1863 bis 17. September 1864); damit waren die Arbeiten im wesentlichen abgeschlossen. Es folgten nach längerer Unterbrechung Teile der Stubenbastei (anläßlich der Abtragung des Kleinen Jacoberhofs; 16. Februar bis 6. September 1871) und Teile der Mölkerbastei (im Zuge der Herstellung einer Rampe neben dem Kleppersteig; 24. August 1870 bis 21. Oktober 1871), später die Regulierung des Paradiesgartenravelins und die Demolierung des auf ihm bestehenden Restaurationsgebäudes (6. März 1872 bis 13. Jänner 1873) und abschließend Arbeiten an der Löwelbastei beziehungsweise an der sogenannten Bellariarampe (20. Juli 1874 bis 25. August 1875). Die gänzliche Abtragung der Stubenbastei und der auf ihr bestehenden Häuser vollzog sich zwischen 20. Juni und 2. September 1884, während sich die Demolierung der Schottenbasteihäuser über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten erstreckte (3. November 1868 bis 4. Juli 1886). Nur geringe Reste von Kurtinen (Verbindungsmauern zwischen den Basteien) haben sich bis heute erhalten: Augustinerbastei (Albertina),Coburgbastei (Coburgpalais), Dominikanerbastei (teilweise Regulierung entlang der Postgasse 1968), Mölkerbastei.

Von der Burgbastei aus im Uhrzeigersinn vorgehend, haben sich durch die Demolierung der Befestigungsanlagen der Stadt folgende Veränderungen ergeben: Die Burgbastei entspricht dem Burgring in seiner ganzen Ausdehnung, die Löwelbastei dem südlichen Teil des Burgtheaters; auf dem Terrain der Mölkerbastei stehen die Häuser Dr.-Karl-Lueger-Ring 6-12 sowie die Rampe der Universität, auf jenem der Elendbastei die Häuser Schottenbastei 7, 9 (heute Bundesrealschule Wien I) und 11, Hohenstaufengasse 12 (Österreichischer Gewerkschaftsbund) und 14 sowie Wipplingerstraße 33 und 35 (Arbeiterkammer für Niederösterreich); die Neue Bastei befand sich dort, wo heute die Häuser Neutorgasse 8, Werdertorgasse 4-8, Gonzagagasse 9 und 13 sowie Rudolfsplatz 13 stehen; die anschließende Gonzagabastei erstreckte sich von Salzgries 2 über den heutigen Parkplatz hinweg bis Franz-Josefs-Kai 29, die Biberbastei von Franz-Josefs-Kai 5-11 (einschließlich Biberstraße 26-28), die Hollerstaudenbastei dort, wo die Häuser Biberstraße 3, 5 und 8-12 erbaut worden sind; die Braunbastei entspricht einem etwa 50 Meter breiten Streifen vor dem Coburgpalais; wo sich die Wasserkunstbastei erstreckte, stehen heute die Häuser Schellinggasse 13 (Bundesgewerbeschule Wien 1) und Mahlerstraße 9-15; schließlich wurde das Gebiet der Kärntnerbastei zum Bau der Staatsoper und zum Bau der Häuser Operngasse 4-6, Hanuschgasse 1-3 und Goethegasse 1 benutzt. Das Areal, auf dem die Renaissancefestung mit ihren Basteien errichtet worden war, lag im Bereich des städtischen Burgfriedens, weshalb die Stadt Wien niemals ihren Anspruch auf das für die Fortifikation benötigte Gelände aufgegeben hat. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erwog die Gemeinde Wien des öfteren, mit dem Staat zur Klärung der Rechtsverhältnisse zu prozessieren. Nach der Anordnung Franz Josephs I. zur Schleifung der Basteien unternahm sie noch einmal den Versuch, eine Generalvollmacht für die Bebauung zu erhalten; tatsächlich wurde diese jedoch der Stadterweiterungskommission erteilt.

Literatur

  • Walter Hummelberger: Die Befestigungen Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1974 (Wiener Geschichtsbücher, 14), insbesondere S. 29 ff., 84 ff.
  • Geschichte der Stadt Wien 1. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, S. 262 ff.
  • Geschichte der Stadt Wien 2. Hg. vom Altertumsverein zu Wien. Wien: Holzhausen 1897-1918, S. 284 ff.
  • Robert Messner: Wien vor dem Fall der Basteien. Wien 1957, S. 167 ff.
  • Richard Perger: Straßen, Türme und Basteien. Das Straßennetz der Wiener City in seiner Entwicklung und seinen Namen. Wien: Deuticke 1991 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 22)
  • Rudolf Till: Die Basteien in zeitgenössischen Schilderungen, in: Wiener Geschichtsblätter 14. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1959, S. 3 ff.