Vertreibung

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Wien 4, Palais Rothschild, 1939. Hauptfront quer über den Hof von rechts. Hakenkreuzfahne über dem Eingang. Beherbergte 1938-1943 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. / ÖNB, Bildarchiv, Inventarnummer 74.879B
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 11.12.2019 durch WIEN1.lanm08mic
Bildname ÖNB-Bildarchiv_1951916.jpg
Bildunterschrift Wien 4, Palais Rothschild, 1939. Hauptfront quer über den Hof von rechts. Hakenkreuzfahne über dem Eingang. Beherbergte 1938-1943 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung“. / ÖNB, Bildarchiv, Inventarnummer 74.879B

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Religiöse und andere Gründe waren maßgebend für verschiedene Vertreibungen im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit. Die Juden wurden 1421 aus ihrer Ansiedlung in der Stadt (Judenstadt [1]) und 1670 aus der ihnen 1625 zugewiesenen Ansiedlung im Unteren Werd (Judenstadt [2]) gewaltsam vertrieben, wobei vor allem 1421 eine große Zahl der Bewohner den Tod fand. Im Verlauf der Rekatholisierung Wiens kam es im 16. Jahrhundert zu Vertreibungen von Protestanten.

Vertreibungen im Nationalsozialismus

Zwischen März 1938 und November 1941 vertrieben die Nationalsozialisten mehr als 130.000 Österreicher; die überwiegende Zahl davon waren Juden im Sinn der Nürnberger Gesetze vom September 1935, und die meisten von ihnen wohnten in Wien. Zur Beschleunigung der Auswanderung beziehungsweise Vertreibung und der Enteignung der Opfer wurde im August 1938 die "Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien" unter Adolf Eichmann errichtet, im Oktober 1941 wurde jeder Auswanderung Einhalt geboten, und der letzte Transport verließ Wien am 2. November 1941.

Infolge der großen Anzahl von betroffenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, Künstlerinnen und Künstlern, Schriftstellerinnen und Schriftstellern sowie Intellektuellen bedeutete diese Vertreibung einen enormen geistigen Aderlass für Österreich. Die meisten Vertriebenen fanden in Großbritannien, in den USA, in Palästina und in Shanghai Aufnahme; weniger restriktive Einwanderungspolitik und geringere Fremdenfeindlichkeit des Auslands hätten mehr Menschenleben retten können. Eine demütigende bürokratische Behandlung der Auswanderungswilligen beim Erwerb der notwendigen Papiere in Wien, die Einstufung als "feindliche Ausländer" in Exilländern beziehungsweise die Internierung, nicht zuletzt die Probleme der Akkulturation in den neuen Aufnahmeländern machten - sehr im Gegensatz zur noch lange nach 1945 nachwirkenden Goebbelsschen Propaganda - für die meisten das Exil zu einem Leidensweg.

Tausende Österreicher kämpften in den alliierten Armeen gegen Hitlerdeutschland oder leisteten ihren Beitrag in Kriegsinformationsämtern, in der psychologischen Kriegführung und Propaganda.

Besonderer Stellenwert hinsichtlich einer natürlichen Identitätsfindung nahm die kulturelle Tätigkeit von Exilanten ein. Die politischen Aktivitäten litten unter dem geringen Konsensus gegenüber einem zukünftigen Österreich an einem sehr spät, erst im November 1943 erklärten diesbezüglichen alliierten Kriegsziel sowie an einer fehlenden Exilregierung. Nur eine verschwindend kleine Zahl der Vertriebenen kehrte nach 1945 in ihre frühere Heimat zurück. Einladungen zur Rückkehr, wie sie Dr. Viktor Matejka als Stadtrat für Kultur und Volksbildung aussprach, blieben die rühmliche Ausnahme.

Literatur

  • Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes: Österreicher im Exil 1938-1945. Eine Dokumentation. Wien: Deuticke 1984-2002 (Bände: Frankreich, 1984. Belgien, 1987. Großbritannien, 1992. USA [zwei Bände], 1995)
  • Peter Eppel: Österreicher im Exil 1938-1945. In: Emmerich Talos / Ernst Hanisch / Wolfgang Neugebauer [Hg.]: NS-Herrschaft in Österreich 1938-1945. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1988, S. 553 ff.
  • DÖW (Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes) / Dokumentationsstelle für neuere Österreichische Literatur [Hg.]: Protokoll des Internationalen Symposiums zur Erforschung des österreichischen Exils von 1934-1945, abgehalten vom 3. bis 6. Juni 1975 in Wien. Wien: Österreichischer Bundesverlag 1977
  • Friedrich Stadler [Hg.]: Vertriebene Vernunft: Emigration und Exil österreichischer Wissenschaftler. Band 2: Internationales Symposion 19. - 23.10.1987 in Wien. Wien Jugend & Volk 1988