Theodor Innitzer

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Theodor Innitzer, Portraitgemälde mit Wappen, Erzdiözese Wien.
Daten zur Person
Personenname Innitzer, Theodor
Abweichende Namensform
Titel Dr. theol., Kardinal, Dr. iur. h.c.
Geschlecht männlich
PageID 13273
GND 118555634
Wikidata Q78988
Geburtsdatum 25. Dezember 1875
Geburtsort Neugeschrei bei Weipert, Böhmen 4402946-9
Sterbedatum 9. Oktober 1955
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Erzbischof, Theologe, Politiker, Priester
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Erzdiözese Wien, Erzdiözese, Katholiken, Bistum, Erzbistum, Österreichische Bischofskonferenz
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Letzte Änderung am 11.04.2024 durch WIEN1.lanm09mer
Begräbnisdatum
Friedhof Stephansdom
Grabstelle
Bildname Innitzer eb Sek AS bearb.jpg
Bildunterschrift Theodor Innitzer, Portraitgemälde mit Wappen, Erzdiözese Wien.
  • 9., Lazarettgasse 16 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Ehrenzeichen der Universität Wien (Übernahme: 22. Dezember 1950)

Wappen von Theodor Innitzer
Theodor Innitzer, 1932

Theodor Innitzer, * 25. Dezember 1875 Neugeschrei bei Weipert, Böhmen (Nové Zvolání bei Vejprty, Tschechische Republik), † 9. Oktober 1955 Wien, Priester, Theologe, Erzbischof von Wien.

Biografie

Theodor Innitzers Urgroßvater Joseph Innitzer, ein Schlossermeister, stammte aus der Obersteiermark. Als Sohn eines Arbeiters musste der junge Theodor Innitzer nach Absolvierung der Pflichtschule als Fabriksarbeiter für seinen Lebensunterhalt sorgen. Erst 1898 konnte er die Matura ablegen, studierte dann an der Universität Wien Theologie (1906 Promotion zum Dr. theol.) und wandte sich der wissenschaftlichen Laufbahn zu. 1908 habilitierte er zum Privatdozenten und von 1911 avancierte er zum außerordentlichen Universitätsprofessor und 1913 zum Ordinarius an der Lehrkanzel für Neutestamentliche Exegese an der Wiener Universität. In den Studienjahren 1918/1919, 1923/1924 und 1931/1932 wirkte er auch als Dekan der Katholisch-Theologischen Fakultät, 1928/1929 als Rektor der Universität.

Der 1902 zum Priester geweihte Innitzer fungierte ab 1903 auch als Präfekt, ab 1910 als Studienpräfekt und später als Subregens des Wiener Priesterseminars. 1910 bis 1913 war er Kirchendirektor der Kirche "Zum Heiligsten Herzen Jesu" (3, Landstraßer Hauptstraße 137; hier zelebrierte er von 1905 bis 1932 die heilige Messe). Ab 1932 wirkte er auch als Superior der 1923 gegründeten Missionsgesellschaft "Königin der Apostel" (Mutterhaus und Noviziat in 17, Kreuzwiesengasse 9) und ab 1925 als Inspektor des "Canisius-Werks".

Innitzer war 1913 bis 1932 Generalsekretär der (am 28. Jänner 1892 begründeten) Österreichischen Leo-Gesellschaft, einer Vereinigung katholischer Wissenschaftler und Akademiker, aus der heraus er 1945 die "Wiener Katholische Akademie" begründete. 1929/1930 gehörte er dem Kabinett des Bundeskanzlers Johannes Schober als Sozialminister an. In dieser Funktion nahm er sich besonders der Situation der Bezieher kleiner Renten (Novellierung des Kleinrentnergesetzes) an. Am 19. September 1932 wurde er zum Erzbischof von Wien bestellt und am 13. März 1933 zum Kardinal erhoben. Noch im selben Jahr gründete er das Dom- und Diözesanmuseum.

In der Zeit der autoritären Dollfuß-Schuschnigg-Diktatur, der sich auf eine einseitige Interpretation der Enzyklika "Quadragesimo anno" berief, erwies sich die katholische Kirche als verlässliche Stütze des Systems. Nach dem "Anschluss" 1938 hoffte Innitzer auf ein Arrangement mit dem Nationalsozialismus. Im Auftrag der Stadt Wien hat eine HistorikerInnen-Kommission die historische Bedeutung jener Persönlichkeiten, nach denen Wiener Straßen benannt sind, von 2011 bis 2013 untersucht sowie eine zeithistorische Kontextualisierung vorgenommen. Zum Verhalten Innitzers bei der Machtübernahme des NS-Regimes wurde im Abschlussbericht der im Auftrag der Stadt Wien eingesetzten Forschungsgruppe im Jahr 2013 festgehalten, Theodor Innitzer habe 1938 den Aufruf der Nationalsozialisten, bei der Volksabstimmung mit "Ja zum Anschluss" zu stimmen („"Feierliche Erklärung der österreichischen Bischöfe“), unterzeichnet. (Innitzer hat noch "Heil Hitler!" hinzugefügt.) Die Unterschrift beinhaltete, so die Kommission, allerdings keine Deklaration für den Nationalsozialismus selbst.[1]

Papst Pius XI. distanzierte sich vehement von der bischöflichen Loyalitätsbekundung und ließ Innitzer im April 1938 eine Klarstellung unterzeichnen. Zum NS-Regime ging der Kardinal sehr bald auf Distanz: Nach seiner "Christus ist unser König"-Predigt vor katholischen Jugendlichen im Herbst 1938, die sich gegen den Hitlerkult wandte, wurde das Erzbischöfliche Palais von der Hitlerjugend verwüstet, ohne dass die Polizei einschritt. (Innitzer selbst wurde von seinem Sekretär versteckt.) 1940 errichtete Innitzer eine "Hilfsstelle für nichtarische Katholiken“, die Fluchthilfe für hunderte Menschen leistete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konzentrierte der Erbischof die kirchliche Arbeit auf Wiederaufbau und Seelsorge. Am 23. Jänner 1950 erhielt Innitzer einen Koadjutor "ad personam", Franz Jachym, der ab diesem Zeitpunkt bis zum Tod Innitzers im Jahr 1955 die Geschäfte in der Erzdiözese führte.

Im Gedenken an den Wiener Erzbischof wurde das Kardinal-Innitzer-Arbeiter-Wohnhaus (3., Göllnergasse 2-4, Schwalbengasse 13) benannt und der Kardinal-Innitzer-Studienfonds eingerichtet. Seit 1971wird der Kardinal-Innitzer-Preis zur Förderung der Wissenschaft verliehen. Die Stadt Wien benannte 1985 den Kardinal-Innitzer-Platz in Wien-Döbling und den in den 1950er Jahren in der Inneren Stadt errichteten Theodor-Innitzer-Hof nach ihm. In dem 1963 von Otto Preminger produzierten Film "Der Kardinal", der insbesondere Innitzers Rolle 1938 behandelt, spielte Josef Meinrad die Rolle des Kardinals.

Quellen

  • Diözesanarchiv Wien, Bischofsakten
  • Pfarre Weipert/Vejprty: Taufmatrikeln 1866-1878 inv.c. 8472 pag. 177, recte 175

Literatur

  • Peter Autengruber, Lexikon der Wiener Straßennamen. Bedeutung, Herkunft, frühere Bezeichnungen, 9. Aufl. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 158
  • Peter Autengruber / Birgit Nemec / Oliver Rathkolb / Florian Wenninger: Umstrittene Wiener Straßennamen. Ein kritisches Lesebuch. Wien: Pichler Verlag 2014, S. 20–22
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon [der Ersten und Zweiten Republik]. Wien: Ueberreuter 1992
  • Bernd Wildermuth: Theodor Innitzer. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).,Band 2. Hamm: Bautz 1990, Sp. 1277–1279
  • Maximilian Liebmann: Theodor Innitzer und der Anschluss. Österreichs Kirche 1938. Graz [u.a.]: Styria 1988
  • Erika Weinzierl: Zu wenig Gerechte. Österreicher und Judenverfolgung 1938-1945. Graz [u.a.]: Styria 1969
  • Viktor Reimann: Innitzer, Kardinal zwischen Hitler und Rom. Wien: Molden 1967
  • Johann Kosnetter: Theodor Kardinal Innitzer zum Gedächtnis. Gedenkrede, gehalten bei der akademischen Trauerfeier der Wiener Universität am 17. Dezember 1956. Wien: Herder 1957
  • Karl Mühldorf [Hg.]: Unser Kardinal. Erzbischof Dr. Theodor Innitzer. Ein Erinnerungsbuch. Wien: Hammer 1956
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929

Weblinks

Einzelnachweise