Schulbuchverlag

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Katalog des k.k. Schulbücher-Verlages in Wien vom August 1875, Titelseite
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Art der Organisation Firma
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PageID 14005
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Objektbezug Wiener Schulen
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 18.11.2021 durch WIEN1.lanm08trj
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Bildunterschrift Katalog des k.k. Schulbücher-Verlages in Wien vom August 1875, Titelseite

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Frühere Adressierung
  • k. k. Schulbücherverlag
  • Verlag der deutschen Schulanstalt (23 Mai 1772)

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Vor der Theresianischen Reform

Vor dem Jahr 1774 erfolgte der Unterricht in den Wiener Schulen primär in Form einfacher Fibeln, dem Katechismus von Petrus Canisius und pädagogisch wenig anspruchsvoller "Lehrbüchlein" wie dem Josephinisch Erzherzoglichen A.B.C. Oder Namenbüchlein mit dessen Hilfe auch Kaiser Joseph II. Lesen und Schreiben erlernt hatte.[1] Mit der Einrichtung der Studienhofkommission 1760 kam jedoch ein Reformprozess in Gang der nicht nur zur Einführung des Pflichtschulwesens führte, sondern notwendigerweise auch zur Gründung von Schulbuchverlagen.

Die ersten Schulbuchverlage

Am 23. Mai 1772 erhielt die Niederösterreichische Schulkommission das ausschließliche (Druck-[Verlags-]Privilegium Maria Theresias, in Kraft gesetzt am 13. Juni 1772, im Haus der Normalschule zu St. Anna für Schulbücher der Pflichtschulen in den habsburgischen Erblanden. Die ersten österreichischen Schulbücher entstanden im Gefolge der Theresianischen Schulordnung, herausgegeben vom "Verlag der deutschen Schulanstalt"). Der Hofbuchdrucker Joseph Lorenz von Kurzböck erhielt dafür einen Pachtvertrag der 1787 auslief. Die Schulkommission führte danach den Verlag staatlicherseits selbst, als Monopol bis 1869.

In weitere Folge konnte jedoch jede Hauptnormalschule der k. k. Erblande das Privilegium zur Herausgabe von Schulbüchern übertragen werden (Patent vom 20. Februar 1775). So entstanden Schulbücher in Laibach (1775), Prag (1775), Brünn, Innsbruck und Freiburg im Breisgau (1778). Die galizische Schulkommission erhielt das Druckprivilegium sämtlicher in polnischer und ruthenischer Sprache herauszugebenden Schulbücher (Hofdekret vom 22. März 1777). Die Titelseite jedes Lehrbuchs zeigte den Doppeladler und den Verkaufspreis.

Johann Ignaz Melchior von Felbiger

Die ersten amtlichen Lehrbücher (u.a. ABC-Buch, Lesebuch, Katechismus) verfasste Johann Ignaz Melchior von Felbiger. Diese amtlichen Lehrbücher wurden verbindliche Einheitsschulbücher, andere derartige Bücher konfisziert. Unter Joseph II., der Felbiger seine einflussreiche Position entzog, erhielten die Inhalte auch sozialdisziplinierende Elemente. Unter Kaiser Franz II. (I.) erhielten die Inhalte eine streng restaurative Richtung. Abweichungen im Unterricht von den Inhalten waren nicht erlaubt.

Um 1850 wurde der Verlag der Volksschulbücher für sämtliche Kronländer (ausgenommen Böhmen) in Wien zentralisiert. Die Schulbücher von Ofen, Triest und Mailand wurden mit dem Wiener k. k. Schulbücherverlag vereinigt. Es erschienen nun Lehrbücher in allen Sprachen der Monarchie. 1887 vollzog sich aufgrund des Erlasses des Ministers für Kultus und Unterricht vom 3. August 1887 eine Änderung durch Bestellung einer Zentraldirektion der k. k. Schulbücherverlage in Wien. 1906-1911 setzten die k. k. Schulbuchverlage in Wien, Prag und Lemberg insgesamt 24,86 Millionen Schulbücher für Volks- und Bürgerschulen ab, wovon 11,97 Millionen auf den Wiener Schulbücherverlag entfielen.

Ende des Monopols

Handelsregistereintrag Hölder-Pichler-Tempsky Aktien-Gesellschaft

Durch das Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869 wurde das Privilegium des Schulbücherverlags zur alleinigen Herausgabe von Schulbüchern aufgehoben; Privatverlage konnten sich am freien Wettbewerb beteiligen. Zum wichtigsten Schulbuchverlag stieg die Firma Pichler, später Hölder-Pichler-Tempsky AG auf. Eine wichtige Veränderung brachte der im "Roten Wien" gefasste Gemeinderatsbeschluss von Oktober 1919 nach Unentgeltlichkeit aller Lehr- und Lehrmittel für alle Schülerinnen und Schüler. Während der Schulreform im Roten Wien gründete die Stadt Wien gemeinsam mit der Verlag Gerlach und Wiedling den "Deutschen Verlag für Jugend und Volk". Die von diesem Verlag produzierten Fibeln und Schulbücher standen inhaltlich ganz im Zeichen der von Otto Glöckel initiierten praxisnahen "Arbeitsschule" und dem "Gesamtunterricht". Im Jahr 1923 erschien als Auftakt die im Sinn der Reformpädagogik gestaltete Fibel "Wiener Kinder - 1. Buch" als Erstlesebuch. Die in der Folge produzierten Bändchen der "Wiener Klassenlektüre" für die erste bis achte Schulstufe waren ganz im Sinn der Schulreform als Ganzheitsschrift mit literarischen Textsorten einerseits und historisch, geographisch, naturwissenschaftlich und politischen Texten andererseits gestaltet. Sie basierten auf einem von Viktor Fadrus (Vater) und Karl Linke entwickelten Leseplan für Pflichtschulen.[2]

Unter dem Dollfuß-Schuschnigg-Regime wurde der Verlag "Jungbrunnen" aufgelöst und die Inhalte der Schulbücher im klerikal-autoritären Sinn verändert. In der NS-Zeit wurde der Österreichische Bundesverlag als wichtiger Schulbuchverlag 1942 in den "Deutschen Schulbuchverlag" einverleibt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm die "Vereinigung der Schulbuchverleger" (Österreichischer Bundesverlag, mit den Verlagen Jugend & Volk, Franz Deuticke, Eduard Hölzel, Hölder-Pichler-Tempsky in Wien, Leykam in Graz) die Drucklegung aller vom Bundesministerium für Unterricht herausgegebenen Schulbücher sowie die Verteilung auf die Schulorte. Die unter Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ) initiierte Schulbuchaktion stimulierte nicht nur die Schulbuchproduktion in den Verlagen, sondern brachte auch beachtliche Verbesserungen in Angebot, didaktisch-methodischer Gestaltung und Aktualität. Seit den 1980er Jahren gerieten jedoch einige Schulbuchverlage in wirtschaftliche Probleme, unter anderem Jugend & Volk. In der Ära der von Wolfgang Schüssel (ÖVP) geführten Bundesregierung wurde der Österreichische Bundesverlag im Jahr 2002 privatisiert.

Literatur

  • Oskar Achs: Die Wiener Klassenlektüre, in: Reinhard Buchberger / Michaela Feurstein-Prasser / Felicitas Heimann-Jelinek / Nina Linke [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien, Wien: Metroverlag 2016, S. 208-211.
  • Viktor Fadrus: Österreichs Schulbücher im Wandel zweier Jahrhunderte. In: 100 Jahre Unterrichtsministerium 1848-1948. Hg. vom Bundesministerium für Unterricht und Kultur. Wien: Eigenverlag 1948, S. 194 ff.
  • Johannes Frimmel: Fibel, Schulbuch, Buchverlag in Österreich. In: Richard Buchberger u.a. [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien. Wien: Metropolisverlag 2016, S. 94-103.
  • Isabella Wasner-Peter: Wiener KInder - 1. Buch. Das Wienbild im Schulbuch. In: Richard Buchberger u.a. [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien. Wien: Metropolisverlag 2016, S. 153-159.

Einzelnachweise:

  1. Johannes Frimmel: Fibel, Schulbuch, Buchverlag in Österreich. In: Richard Buchberger u.a. [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien. Wien: Metropolisverlag 2016, S. 97.
  2. Oskar Achs: Die Wiener Klassenlektüre, in: Reinhard Buchberger / Michaela Feurstein-Prasser / Felicitas Heimann-Jelinek / Nina Linke [Hg.]: Tafelkratzer, Tintenpatzer. Schulgeschichten aus Wien, Wien: Metroverlag 2016, S. 210.