Polizei

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Behörde
Datum von 1531 JL
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen Johann Anton Pergen, Anton von Le Monnier, Johannes Schober, Ignaz Pamer
PageID 16020
GND
WikidataID
Objektbezug Stadtguardia, Rumorwache, Frühe Neuzeit
Quelle
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Letzte Änderung am 31.08.2021 durch WIEN1.lanm09mur
  • 9., Roßauer Lände 5-9

Frühere Adressierung
  • Wiener Tag- und Nachtwache (1531 JL, bis: 1569 JL)
  • Stadtguardia (1569 JL, bis: 1741)
  • Militär-Polizeiwache (1775, bis: 1869)

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48° 13' 12.15" N, 16° 22' 2.72" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Polizei (abgeleitet von griechisch politeia = Bürgerrecht, Staatsverwaltung; bis ins 18. Jahrhundert so viel wie Regierung, Staatsverwaltung, Politik; ab dem 18. Jahrhundert Sicherheitsbehörde zur Überwachung der öffentlichen Ordnung). Ausgehend von der mittelalterlichen Verpflichtung der Bürger zur Bewachung der Stadtmauern und zum Sicherheitsdienst, entstand 1531 die Wiener Tag- und Nachtwache (zehn Mann), die 1543 in eine Tagwache und eine Nachtwache getrennt (70 Mann), jedoch 1569 wieder vereinigt wurde (nunmehr Stadtguardia). Um den sich häufenden Missständen zu begegnen, begründete die niederösterreichische Statthalterei 1646 als neuen Sicherheitswachkörper die Rumorwache, die jene Aufgabenbereiche übernehmen sollte, die von der Stadtguardia nicht wahrgenommen wurden. Die alte Peterswache (der Rumorwache) wurde 1701, als man an den Abbruch der romanischen Peterskirche schritt, von ihrer an der Kirche gelegenen Wachstube in ein ebenerdiges Gebäude verlegt, dessen hinterer Teil auf das Eisgrübel blickte.

Mit Dekret Maria Theresias vom 20. November 1741 wurde die Stadtguardia aufgelöst (bereits 1722 beschlossen), 1773 erfolgte auch die Auflösung der Rumorwache. Die beiden Wachen wurden 1775 durch die "k. k. Militär-Polizeiwache" ersetzt, die (obwohl es sich um eine militärische Einheit handelte) einer Zivilbehörde, dem Theresianischen Polizeiamt, unterstand (Reform 1850, Auflösung 2. Februar 1869). 1751 wurde durch die Einsetzung landesfürstlicher Viertel- und Gassenkommissäre erstmals ein Schritt zu einer Polizei als staatliche Einrichtung getan, deren Organisation jedoch Angelegenheit der niederösterreichischen Statthalterei war (in der Stadt gab es vier, in den Vorstädten neun Polizeireviere). 1754 wurden zwölf Räte und Sekretäre zur Führung der Polizeigeschäfte bestimmt, außerdem kam es zur Einsetzung von 188 aus der Bürgerschaft ausgewählten Unterkommissären, die vorwiegend für das Meldewesen zuständig waren. 1757 wurde der Franzose Joseph de Carriere zum Rat und damit zum ersten Leiter der Polizei ernannt.

1776 erhielt die Polizei eine eigene Polizeiverfassung, in deren Folge in Wien 1782 ein zentrales Polizeiamt mit Kommissariaten geschaffen wurde. Unter Johann Anton Graf Pergen (1782-1790 Präsident der niederösterreichischen Regierung) wurde die Polizei reorganisiert. 1782 fasste Joseph II. den Plan, in Wien ein Kreisamt zu schaffen und dieses einem "Stadthauptmann" zu unterstellen; im selben Jahr wurde das Maria-Theresianische Polizeiamt in eine Polizei-Oberdirektion umgewandelt, der als erster Polizei-Oberdirektor Regierungsrat Anton Beer vorstand (der 1793 einen vernichtenden Bericht über die Militär-Polizeiwache verfasste); durch die Einrichtung von Landespolizeidirektionen wurde das Fundament für eine dauerhafte Organisation des gesamten Polizeiwesens gelegt. 1789 wurden im Sinne der von Joseph II. angestrebten Zentralisierung alle Landeschefs in Polizeiangelegenheiten der Wiener Polizei-Oberdirektion unterstellt, doch wurde diese Regelung 1791 unter Leopold II. wieder rückgängig gemacht ("Leopoldinische Polizeiverfassung" vom 1. November 1791).

Ab 1793 war die Polizei-Oberdirektion im Haus Conskriptionsnummer 458 (1, Seitzergasse 4) untergebracht; 1823 übersiedelte die Polizei-Oberdirektion ins Haus Spenglergasse 564 (1, Petersplatz 7, Tuchlauben 4), in dem zuvor (ab 1801) die Registratur des Hofkriegsrats untergebracht gewesen war. Nach Leopolds II. Tod (1792) griff Franz II. wieder auf die Josephinischen Verfügungen zurück, entzog den Ländern wieder die Verfügungsgewalt über die Polizei und gab Pergen entscheidende Kompetenzen (1793-1804 war Pergen Polizeiminister). Unter ihm kam es ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert zum Ausbau der (Geheimen) Staatspolizei, die im Vormärz ihre Blütezeit erlebte (Zensur).

1807 wurde eine "Civil-, Polizei- und Bezirkswache" eingerichtet, die den polizeilichen Exekutivdienst wahrnahm und der Polizei-Oberdirektion unterstand. 1848 ging die Kompetenz des Sicherheitswesens an die Gemeinden über. Wien stellte während der Revolution als eigene Wache eine Munizipalgarde auf, die allerdings 1851 wieder aufgelöst wurde. 1849 wurde die Gendarmerie begründet, und 1850 wurden "Grundzüge über die Organisation der landesfürstlichen Polizeibehörden" verlautbart, die mit der Bachschen Polizeireform bis heute die Grundlage der Polizeiorganisation bilden. Im Zuge dieser Reform kam es auch zur Neuorganisation der Militär-Polizeiwache. Nach der Trennung von Justiz und Verwaltung ging die Strafgewalt der Polizei 1851 auf die staatlichen Gerichte über.

1852 entstand aus dem Ministerium des Inneren die "Oberste Polizei-Behörde", die 1859 in ein Polizeiministerium umgewandelt wurde (das allerdings 1867 wieder aufgelöst wurde); 1870 wurden die Polizeikompetenzen endgültig dem Innenministerium übertragen. Als 1866 während des preußisch-österreichischen Kriegs die Gefahr bestand, dass die Militär-Polizeiwache abgezogen werde, richtete der Gemeinderat eine "Stadtwache" ein, die jedoch nur einen Monat bestand. 1869 wurde im Zuge der Vorbereitung der Weltausstellung (1873) als Ersatz für die aufgelöste Militär-Polizeiwache (Einziehung des letzten Postens am 15. Dezember 1869) die k. k. Sicherheitswache geschaffen, die am 2. Februar ihren Dienst aufnahm (Auflösung 1918). 1871 wurden die ersten vier Telegraphenstationen (1872 weitere 26, bis 1877 weitere 75) eingerichtet, ebenso wurde 1871 als Arrestantenwagen der "Grüne Heinrich" eingeführt; 1884 erhielten die Beamten Dienstrevolver, 1902-1904 erfolgte der Bau des Polizeigebäudes an der Roßauer Lände, außerdem wurde am 1. November 1902 eine eigene Schulabteilung eingerichtet, mit der Abrichtung von Polizeidiensthunden begonnen, 1904 die Lenkerprüfung eingeführt und 1908 (durch Ferdinand Freiherr Gorup von Besanez) das Ausbildungsstandardwerk "Die Organisation und Instruktion der Wiener k. k. Sicherheitswache" herausgegeben; 1923 erfolgte (über österreichische Initiative) die Begründung der "Interpol".

Die von Polizeipräsident Johannes Schober (Ernennung 25. Juni 1918, Bestätigung seiner Funktion in der Ersten Republik am 30. November 1918 bis zu seinem Tod am 19. August 1929) vorgenommenen Erneuerungen bestanden im wesentlichen in der Ausformung und Festigung der von Beer und Anton Ritter von Le Monnier (Polizeidirektor 1870-1873) begründeten Einrichtungen. Sie blieben bis 1938 bestehen und bilden seit 1945, als Ignaz Pamer zum ersten Polizeipräsidenten von Wien ernannt wurde, ohne größere Änderungen erneut das Grundgefüge des Aufbaus der Polizeidirektion Wien. Die Zusammenfassung der polizeilichen Geschäfte war in den Zentralämtern der Polizeidirektion, die Auseinanderlegung in den 22 Bezirkskommissariaten als exekutive Dienststellen der Polizeidirektion gegeben. Der Polizeirayon umfasste das ganze Gemeindegebiet von Wien.

In jedem Polizeibezirk war ein eigenes Bezirkskommissariat für die unmittelbare Erfüllung der polizeilichen Aufgaben örtlich zuständig. Die Zentralämter der Polizeidirektion, auch als Fachabteilungen bezeichnet, waren, insoweit sie aufgrund ihrer sachlich verwandten Aufgaben in Zusammenhang standen, in drei Sektionen vereinigt: 1. die administrativ-polizeiliche Sektion (Zentralmeldeamt, Verkehrsamt, Korrespondenzbüro, Fundamt, Passamt), 2. die kriminalpolizeiliche Sektion (Sicherheitsbüro, Abteilung für Gefangenenhausangelegenheiten und so weiter) und 3. die Staatspolizeiliche Sektion (Pressbüro für die presspolitischen Amtshandlungen, Abteilung für gerichtliche Polizei- und Pressesachen und so weiter).

Literatur

  • Hermann Oberhummer: Die Wiener Polizei. 3 Bände. S. 1937 f.
  • Viktor Bibl: Die Wiener Polizei (Leipzig-Wien 1927)
  • Engelbert Steinwender: Von der Stadtguardia zur Sicherheitswache. Von der Frühzeit bis 1932. Diplomarb. Univ. Wien. Wien 1992
  • Günther Bögl, Harald Seyrl: Die Wiener Polizei im Spiegel der Zeiten. Eine Chronik in Bildern 1547-1992. 1992
  • Josef Kallbrunner: Die Wiener Polizei im Zeitalter Maria Theresias. In: Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1919-1938. 1916, S. 237 ff.
  • Josef Kallbrunner: Zur Geschichte der Theresianischen Polizei. In: Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1919-1938. 1918, S. 142 ff.
  • Hermann Oberhummer: Die Umwandlung des Theresianischen Polizeiamtes in die Oberpolizeidirektion. In: Monatsblatt des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1919-1938. 1929, S. 13 f.
  • Friedrich Walter: Die Organisierung der staatlichen Polizei unter Kaiser Joseph II. In: Mitteilungen des Vereines für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verlag des Vereines 1920 - 1938. Jg. 7. 1927, S. 22 ff.
  • Edmund Otto Ehrenfreund: 50 Jahre Wiener Sicherheitswache. 1919
  • Grete Schrott: Der Wiederaufbau der Wiener Polizei. In: Wiener Geschichtsblätter 30. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1975, S. 255 ff. und VIII
  • Unser Währing. Vierteljahresschrift des Museumsvereins Währing. Wien: Museumsverein 1965/66 - lfd. Sh. 1974 (Polizeikomissariate in den Vororten seit 1849 und deren örtliche Aufgliederung)
  • Hans Werner Bousska, Otto Scherz: Die Geschichte der Wiener Polizei. In: Meidling. Blätter des Bezirksmuseums 30. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums 1992 (Festschrift Sicherheitswache Meidling), S. 13 ff.
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 453 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend & Volk 1955, S. 99 ff.