Leopold Karl Kollonitsch

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Daten zur Person
Personenname Kollonitsch, Leopold Karl
Abweichende Namensform
Titel Graf
Geschlecht männlich
PageID 13467
GND 118564927
Wikidata Q695352
Geburtsdatum 26. Oktober 1631
Geburtsort Komorn, Ungarn
Sterbedatum 20. Jänner 1707
Sterbeort Wien
Beruf Staatsmann, Erzbischof
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Frühe Neuzeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 6.10.2022 durch WIEN1.lanm08trj
Begräbnisdatum 7. April 1707
Friedhof Preßburger Jesuitenkirche St. Salvator
Grabstelle
  • 1., Annagasse 7 (Sterbeadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Kollonitsch (Kollonitz) Leopold Karl Graf, * 26. Oktober 1631 Komorn, Ungarn, † 20. Jänner 1707 (laut Totenbeschauprotokoll 21. Jänner) Mailberger Hof (1, Annagasse 7; Annakirche (1), dann Überführung in die Pressburger Jesuitenkirche St. Salvator [Beisetzung in der Gruft am 7. April 1707]), Staatsmann, Erzbischof der Erzdiözese Gran, Sohn des Obersten und Kommandanten von Komorn, Ernst Graf Kollonitsch (1621 zum katholischen Glauben konvertiert; † 1638) und dessen zweite Gattin Anna Freiin von Kuefstein.

Gebürtiger Kroate, kam 1644 nach Wien (Page am Hof Ferdinands III. 1644-1649), besuchte die Universität, trat 1650 in den Johanniter-(Malteser-)Ritterorden ein, leistete ab 1651 Kriegseinsatz im Mittelmeer gegen die Osmanen und war 1655-1657 Kommandant von Malta. Ab 1656 Komtur in Mailberg (Niederösterreich) und Eger (Böhmen). Am 18. Jänner 1659 erhielt er die Kämmererwürde und wurde 1665 Deputierter des Herrenstands im Herzogtum Niederösterreich. Im August 1666 schlug ihn Leopold I. zum Bischof von Neutra (Nitra) vor, worauf er das Studium der Theologie in Wien begann (am 25. Februar 1668 erhielt er die vier niederen Weihen, im selben Jahr die Priesterweihe); noch 1668 weihte ihn Nuntius Pignatelli (nachmals Papst Innozenz XII.) zum Bischof von Neutra, doch resignierte er wegen der politischen Wirren und daraus resultierenden Anfeindungen und wurde am 19. Mai 1670 Bischof von Wiener Neustadt. 1672-1684 war er mit der Leitung der ungarischen Hofkammer betraut (Armenfürsorge, Grenzschutz, Vorgehen gegen die ungarischen Rebellen, Verteidigung der Rechte der katholischen Kirche gegenüber den Kalvinern); durch seine zentralistische Finanzpolitik und Rekatholisierung machte er sich zahlreiche Feinde. Während der Pestepidemie (1679) und der Türkenbelagerung (1683) hielt sich Kollonitsch in Wien auf und zeichnete sich durch großen persönlichen Einsatz aus; vor dem Eintreffen der osmanischen Armee brachte er noch Wagenkolonnen mit Lebensmitteln und Wein in die Stadt. Der Stadtkommandant übertrug ihm die Pflege der Kranken und Verwundeten (er richtete in Klöstern, im Bischofshof und im Passauer Hof Notspitäler ein) sowie die Militärseelsorge; Kollonitsch sorgte auch für ein intaktes Feuerlöschwesen, besuchte die Truppen in vorderster Linie und kümmerte sich persönlich um die Verteilung der Lebensmittel, wobei er gegen Preiserhöhungen ankämpfte. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Fürstbischof von Wien, Emerich Sinelli, mit Leopold I. in Linz. Kollonitsch verschaffte dem Heer der Verteidiger das notwendige Geld, ermöglichte Soldauszahlungen, nahm sich nach der Entsatzschlacht der elternlosen, unmündigen Kinder an und ließ 500 auf eigene Kosten aufziehen. Für seine Verdienste erhielt er 1685 das Bistum Raab (Györ) und wurde 1686 Kardinal, 1691 gab man ihm das Erzbistum Kalocsa, Ungarn 1692-1694 war er Präsident der Hofkammer in Wien, ab 1694 stand er an der Spitze des Geheimen Rats (des obersten politischen Gremiums); 1695 wurde Kollonitsch Erzbischof von Gran (Esztergom) und Primas von Ungarn. Kollonitsch gründete Kirchen, Schulen, Armenhäuser und Spitäler, sorgte für die Ausbreitung und Stärkung des katholischen Glaubens und war auch schriftsteiler, tätig. Die von ihm während des Türkenkriegs 1683-1699 eingerichteten Feldlazarette bewährten sich so, dass die Sterblichkeitsquote merklich zurückging. Bis zum Tod Leopolds I. war er dessen intimer Freund und persönlicher Berater. Bei Aufenthalten in Wien wohnte er meist im Mailberger Hof. Standbild am Türkenbefreiungsdenkmal im Stephansdom (von Edmund Hellmer; 1945 zerstört); siehe Kollonitschdenkmal, Kolonitzgasse, Kolonitzplatz.

Literatur

  • Constantin von Wurzbach: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Österreich. Enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche 1750 bis 1850 im Kaiserstaate und in seinen Kronländern gelebt haben. 60 Bände. Wien: Verlag der typografisch-literarisch-artistischen Anstalt 1856-1891
  • Franz Loidl: Geschichte des Erzbistums Wien. Wien [u.a.]: Herold 1983, S. 86 f., insbes. S. 96
  • Joseph Maurer: Cardinal Leopold Graf Kollonitsch Primas von Ungarn. Innsbruck: Rauch 1887
  • Walther Pichler, Von der Synagoge zur Kirche, in: Veröffentlichungen des Kirchenhistorischen Instituts der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien; 15 (1974), 84ff.
  • Werner Lamm: Leopold Graf Kollonitsch. In: Schriftenreihe des Maltesermuseums Mailberg 6 (Mailberg 1981), S. 5 ff.
  • Döbling. Eine Heimatkunde des 19. Wiener Bezirkes in drei Bänden. Hg. von Döblinger Lehrern. Wien: Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft "Heimatkunde Döbling" 1922, S. 124