Bürgerschule

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Bürgerschule in der Konstanziagasse am 8. Oktober 1911.
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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Bildunterschrift Bürgerschule in der Konstanziagasse am 8. Oktober 1911.

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Mittelalter

Siehe Bürgerschule zu St. Stephan.

Neugründung (1869-1927)

Geschaffen am 14. Mai 1869 (siehe Reichsvolksschulgesetz) als dreiklassige Schule, die im Anschluss an die fünfklassige Volksschule besucht werden konnte. Das Reichsvolksschulgesetz sah parallel zur achtklassigen Volksschule auch eine achtklassige Bürgerschule vor. Für deren Erhaltung und die Besoldung der Lehrer war ab dann die Gemeinde Wien verantwortlich. Die Maximalschülerzahl pro Klasse in Bürgerschulen wurde mit 50 begrenzt.

Die Bürgerschule vermittelte "eine über das Lehrziel der Volksschule hinausreichende Bildung"; die Bildungsarbeit der Bürgerschule sollte auch auf die Bedürfnisse der Gewerbetreibenden und Landwirte Rücksicht nehmen. "Die Bürgerschule vermittelt auch die Vorbildung für Lehrerbildungsanstalten und jene Fachschulen, welche eine Mittelschulbildung nicht voraussetzen." (Lehrplan 1869) An Fächern wurden unterrichtet: Lesen, Schreiben, Rechnen (in Verbindung mit einfacher Buchführung), Religion, Geographie und Geschichte, Naturgeschichte, Naturlehre, Geometrie und geometrisches Zeichnen, Schönschreiben, Gesang, Zeichnen, Weibliche Handarbeiten für Mädchen, Turnen für Knaben (für Mädchen nicht obligat). Freifächer waren Fremdsprachen, Klavier- und Violinspiel. Die Zahl der Bürgerschulen nahm rasch zu. 1872 existierten 15 Bürgerschulen im damaligen Stadtgebiet. Von 1872 bis 1882 verdreifachte sich die Schülerzahl, während sie in den Volksschulen nur um 46 Prozent zunahm.

Durch die Novelle vom 2. Mai 1883 wurde die Bürgerschule zu einer selbständigen dreiklassigen Anstalt erhoben. Während die Bürgerschulen zunächst einer bürgerlichen Elite vorbehalten waren besuchten gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch immer mehr Kinder aus dem Kleinbürgertum die Bürgerschulen. Um 1880 wechselten 30, um 1900 bereits bis zu 50 Prozent der Kinder, die eine Volksschule besuchten, in eine Bürgerschule. Im Jahr 1895 bestanden 63 Bürgerschulen in Wien sowie weitere 24, die mit einer Volksschule in einem Haus vereint waren. Während der liberalen Ära führte die Stadtregierung eine elitäre achtklassige Bürgerschule ein.

1922 zählte man in 1.415 Klassen 49.497 Schüler, 1927 in 1.560 Klassen 48.070 Schüler.

Ab 1922/1923 liefen Versuche mit dem Lehrplan und der Organisationsform der "Allgemeinen Mittelschule", die zu einer einheitlichen Pflichtschule für alle Kinder im fünften bis achten Schuljahr werden sollte (Vereinigung der Aufgabenkreise der Bürgerschule und Untermittelschule).

Da das Unterrichtsministerium mit seinen 1926 erlassenen "Richtlinien" dieser Schulentwicklung Einhalt gebot, kam es zu einem Kompromiss: Die Bürgerschule wurde durch das "Hauptschulgesetz" vom 2. August 1927 (Novelle zum Reichsvolksschulgesetz) durch die vierklassige Hauptschule abgelöst; die Lehrpläne blieben jedoch weitgehend unverändert, ein Unterschied lag lediglich im obligatorischen Unterricht einer Fremdsprache ab der dritten Klasse in den Mittelschulen (Gymnasien, Realgymnasien, Realschulen). Gleichzeitig endete die Schulpflicht nicht mehr mit dem vollendeten 14. Lebensjahr, sondern mit der Absolvierung des achten Schuljahrs.

Literatur

  • Felix Czeike: Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der ersten Republik (1919-1934). Band 2. Wien: Verlag für Jugend und Volk 1959 (Wiener Schriften, 11), S. 281 ff.
  • Renate Seebauer: Zur Konzeption der Pflichtschule der Zehn- bis Vierzehnjährigen vom Reichsvolksschulgesetz bis 1945, mit besonderer Berücksichtigung Wiens. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 40 (1984), S. 122 ff.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 485 ff., 494 ff., 561 f.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1896 - 1934. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 2), S. 831 ff.
  • Verwaltungsbericht der Stadt Wien 1923/1928, S. 1801 ff.