Betty Paoli

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Betty Paoli, 1886
Daten zur Person
Personenname Paoli, Betty
Abweichende Namensform Glück, Barbara Elisabeth; Glück, Babette; Branitz
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 3444
GND 10692981X
Wikidata Q88749
Geburtsdatum 30. Dezember 1814
Geburtsort Wien
Sterbedatum 5. Juli 1894
Sterbeort Baden bei Wien
Beruf Schriftstellerin, Journalistin, Übersetzerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 13.02.2024 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum
Friedhof Zentralfriedhof
Grabstelle Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 15
Ehrengrab Ehrengrab
Bildname Betty Paoli.jpg
Bildunterschrift Betty Paoli, 1886
  • 1., Habsburgergasse 5 (Wohnadresse)
  • 1., Obere Bäckerstrasse 10 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Barbara Elisabeth Glück (Pseudonym Betty Paoli), * 30. Dezember 1814 Wien, † 5. Juli 1894 Baden bei Wien, Lyrikerin, Essayistin, Journalistin, Übersetzerin.

Biografie

Betty Paoli war die Tochter des Militärarztes Anton Glück und seiner aus Belgien stammenden Frau Theresia Grünnagel. Dem Vernehmen nach handelte es sich bei ihrem tatsächlichen, biologischen Vater allerdings um einen ungarischen Adeligen. Über ihre Kindheit und Jugend ist wenig bekannt. Vermutlich wurde Betty Paoli zunächst von Privatlehrern unterrichtet. Nach dem frühen Tod des Vaters und dem Verlust des mütterlichen Vermögens durch Spekulationsgeschäfte war sie allerdings schon ab dem 15. Lebensjahr gezwungen, für sich und ihre Mutter den Lebensunterhalt zu verdienen. Von 1833 (alternativ: 1830) bis 1835 lebte sie mit ihrer Mutter in Russland und Polen, wo Betty Paoli als Erzieherin tätig war. In diesen Jahren verstarb ihre Mutter. Nach ihrer Rückkehr nach Wien 1835 arbeitete sie als Sprachlehrerin, Übersetzerin und Verfasserin von Artikeln und Novellen für verschiedene Zeitschriften, wie beispielsweise die "Wiener Zeitschrift". Ihre Text erschienen nunmehr unter dem Pseudonym Betty Paoli.

Ab 1840 verkehrte Betty Paoli im Salon der Henriette Wertheimer, wo sie auf zahlreiche namhafte KünstlerInnen und Intellektuelle ihrer Zeit traf. Sie war unter anderem mit Nikolaus Lenau, Franz Grillparzer, Ernst von Feuchtersleben, Adalbert Stifter, Leopold Kompert, Ottilie von Goethe und Helene Bettelheim gut bekannt oder befreundet. Von 1843 bis 1848 war sie als Gesellschafterin bei Fürstin Maria Anna Schwarzenberg angestellt, zwischen den beiden Frauen entwickelte sich eine enge Freundschaft. Nach dem Tod der Fürstin unternahm Betty Paoli ausgedehnte Reisen, die sie nach Deutschland, Frankreich und Italien führten. Auch in Deutschland war sie zeitweise als Gesellschafterin tätig. Ab 1852 lebte sie wieder in Wien und arbeitete unter anderem für den "Wiener Lloyd", die "Neue Freie Presse" und die "Österreichischen Zeitung" als Literatur-, Theater- und Kunstkritikerin. Gleichzeitig war sie bis 1855 die Gesellschafterin der Gräfin Elisabeth Bagréeff-Speransky (auch: Froloff-Bagréeff-Speransky). Als Übersetzerin übertrug sie Werke von Alexander Puschkin und Iwan Turgenew ins Deutsche, zudem übersetzte sie – unter dem Pseudonym "Branitz" – französische Salonstücke für das Burgtheater. Mit Heinrich Laube, dem Direktor des Burgtheaters, und seiner Frau Iduna, einer Frauenrechtlerin, Salondame und Mitbegründerin des Frauen-Erwerb-Vereins verband sie ebenso eine Freundschaft wie mit Marie von Ebner-Eschenbach. Ab 1855 bis zu ihrem Lebensende lebte sie im Haushalt ihrer engen Freundin Ida Fleischl-Marxow und deren Familie.

1832 veröffentlichte sie, noch unter dem Namen Betti Glück, ihre ersten Gedichte. Ab 1835, nach ihrer Rückkehr nach Wien, wurden ihre lyrischen Texte regelmäßig publiziert. 1841 gelangt ihr mit ihrer ersten Gedichtsammlung der literarische Durchbruch, der ihr die Türen zu den bürgerlichen und adeligen Salons in Wien, München, Leipzig und Berlin öffnete, in denen sie sich zeitlebens bewegen sollte.

Betty Paoli war aber nicht nur eine bereits zu ihren Lebzeiten anerkannte Lyrikerin, sondern gilt auch als eine der ersten Journalistinnen Österreichs. Als Literatur- und Kulturkritikerin spielte sie im kulturellen Leben Wiens eine bedeutende Rolle. Als Verfasserin zahlreicher Feuilletons, die beispielsweise in der "Neuen Freien Presse" erschienen, nahm sie zu tagespolitischen Themen Stellung. Immer wieder griff sie Themen wie Mädchen- und Frauenbildung, Gleichberechtigung oder die Berufs- und Erwerbstätigkeit von Frauen auf und diskutierte sie kritisch.

Betty Paoli war Gründungsmitglied des "Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien" und wurde im April 1886 zum Ehrenmitglied des Vereins ernannt. Letzteres sorgte für interne Spannungen und war nicht im Sinne Paolis, die – vergeblich – darum ersuchte, den Beschluss rückgängig zu machen. Sie blieb bis zu ihrem Tod Ehrenmitglied. Zu den Mitgliedern im Verein zählten auch einige ihrer engsten Vertrauten wie beispielsweise Ida Fleischl-Marxow und Marie Egner. Die Malerin Marie Müller, ebenfalls Mitglied im "Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien" fertigte anlässlich des 70. Geburtstags der Schriftstellerin in Auftrag des Wiener Bürgermeisters Eduard Uhl ein Porträt Betty Paolis an.

Bis kurz vor ihrem Tod veröffentlichte sie verschiedene Texte, wie Gelegenheitsgedicht, Feuilletons oder Zeitungsartikel. Eine Auswahl an gesammelten Aufsätzen von Betty Paoli wurde 1908 von ihrer Freundin Helene Bettelheim herausgegeben.

Betty Paoli starb im Sommer 1894 in Baden bei Wien und wurde am Wiener Zentralfriedhof in einem Ehrengrab beigesetzt. Die offizielle Gedenkfeier des "Vereins der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien" für das verstorbene Gründungs- und Ehrenmitglied fand im Jänner 1895 im Kleinen Musikvereinssaal statt.

Der Paoliweg im 13. Bezirk ist nach der Dichterin benannt.

Der Nachlass von Betty Paoli, der zahlreiche Werke, Briefe und Lebensdokumente umfasst (834 Inventarnummern), sowie ein 889 Inventarnummern umfassender Sammelschwerpunkt zur Schriftstellerin befinden sich in der Handschriftenabteilung der Wienbibliothek im Rathaus.

Betty Paoli: Die Wandlungen der Frauenfrage (ohne Datum)
Betty Paoli, Marie von Ebner-Eschenbach, Ida von Fleischl-Marxow beim Tarockspielen (v.l.n.r.)

Quellen

Literatur

  • Ilse Korotin [Hg.]: biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 3. Wien/Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2016, S. 2453 f.
  • Marianne Baumgartner: Der Verein der Schriftstellerinnen und Künstlerinnen in Wien (1885–1938). Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2015, S. 72–75, 120–122
  • Marlen Schachinger: Autorinnen feiern Autorinnen. Marlen Schachinger über Betty Paoli. Wien: Mandelbaum Verlag 2015
  • Elke Krasny: Stadt und Frauen. Eine andere Topographie von Wien. Wien: Metroverlag 2008, S. 136
  • Karin S. Wozonig: Die Literatin Betty Paoli. Weibliche Mobilität im 19. Jahrhundert. Wien: Löcker 1999
  • Gerhard Renner: Die Nachlässe in der Wiener Stadt- und Landesbibliothek. Wien 1993, S. 134
  • Aufbruch in das Jahrhundert der Frau? Rosa Mayreder und der Feminismus in Wien um 1900. 21. September bis 21. Jänner 1990. [Wien]: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1989 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 125), S. 217
  • Rathaus-Korrespondenz, 28.12.1965
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Robert Missbach: Betty Paoli. Diss. Univ. München. München 1923
  • Helene Bettelheim-Gabillon: Betty Paoli. Ein Gedenkblatt zu ihrem 100. Geburtstag. Sonderdruck aus Westernmanns Monatsheften 59. Jg. (1914/1915), Braunschweig: G. Westermann 1915 [WBR, Sign.: 60240 B]
  • Frauen in Bewegung: 1848–1938: Betty Paoli [Stand: 21.12.2017]
  • Österreichisches Biographisches Lexikon: Glück, Babette (Barbara) Elisabeth; Ps. Betty Paoli (1814-1894), Schriftstellerin [Stand: 21.12.2017]


Betty Paoli im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.